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Abwrackprämie für Schweineställe?

Lesezeit: 5 Minuten

Über 60% der Schweinehalter sind laut einer Studie bereit, die Tierhaltung gegen eine Ausstiegsprämie einzustellen. Verbände und Agrarministerium sehen ein solches Programm kritisch.


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Die Studienautoren


Insa Thiermann, Daniel Schröer und Prof. Uwe Latacz-Lohmann, Institut für Agrarökonomie der Universität Kiel


Insa Thiermann, Daniel Schröer und Prof. Uwe Latacz-Lohmann, Institut für Agrarökonomie der Universität Kiel


Insa Thiermann, Daniel Schröer und Prof. Uwe Latacz-Lohmann, Institut für Agrarökonomie der Universität Kiel


Die Ergebnisse fielen bereits deutlich aus, bevor ASP und Schweinestau den Ausblick verdunkelten. In einer von Juli bis September durchgeführten Umfrage der Universität Kiel haben über 60% von 445 Schweinehaltern Teilnahmebereitschaft für ein staatliches Stilllegungsprogramm gezeigt. Anlass zur Studie war die Frage: „Wie kann eine Neuausrichtung der Tierhaltung erfolgen, ohne dass sie den wirtschaftlichen Ruin für viele Tierhalter darstellt“ Als Vorbild diente ein Ansatz, der in den Niederlanden bereits geübte Praxis ist.


Niederlande als Vorbild


Vor gut einem Jahr konnten sich Landwirte dort für ein Auskaufprogramm aus der Schweinehaltung registrieren, die „Warme Sanierung“. Ähnliche Programme gab es dort bereits in der Vergangenheit. In das aktuelle Programm nahm die Regierung 407 Schweinebetriebe auf. Das sind rund 10% der Betriebe. Für sie stehen 455 Mio. € bereit. Ausgezahlt wird gestaffelt nach Region, Stärke der Geruchsbelastung und Alter der Ställe. 10% gibt es vorab, 70% wenn Tiere und Gülle aus den Ställen raus sind. Das muss innerhalb von acht Monaten geschehen. Nach Abnahme der Behörden erfolgt der Abbruch. Hierfür hat die Regierung kürzlich die Frist von 14 auf 24 Monate verlängert. Die Nachfrage ist einfach zu groß. Dann erhalten Landwirte die letzten 20% des Geldes. Ein Beispielbetrieb mit 3000 Mastplätzen in 20 Jahre alten Ställen in Brabant, der Region mit der höchsten Viehdichte, kann über 850000 € für die Betriebsaufgabe bekommen. Einen Teil gibt es für die Aufgabe der Produktionsrechte, einen anderen als Entschädigung für die Gebäude. Die Alternative wären hohe Neuinvestitionen z.B. in Luftfilter, damit der Weiterbetrieb gesichert bliebe. Ähnlich geht es deutschen Landwirten. Auch sie stehen vor großen Umwälzungen, die hohe Investitionen notwendig machen, um weiterhin am Markt zu bleiben


In der Studie unter Federführung von Prof. Latacz-Lohmann gab es für die Teilnehmer im Vergleich zu den Niederlanden mehrere Programmoptionen. Diese wurden den Teilnehmern als Wahlkarten in verschiedenen Ausführungen präsentiert (siehe Tabelle). In jedem Fall blieb ihnen die Option das Angebot abzulehnen.


Aufs Geld kommt es an


Laut Studienergebnissen spielt die Höhe der Entschädigung die Hauptrolle. Dabei betonten einige Teilnehmer: „Die angebotenen Ausgleichsleistungen sind insgesamt zu niedrig“. Die Höhe wählten die Wissenschaftler jedoch bewusst, um die rentabelsten Betriebe am Markt zu halten. Weiterhin bewerteten Sauenhalter die Abrisspflicht nur dann negativ, wenn die Kosten nicht übernommen werden. Einige wünschen sich den Abriss sogar: „Ansonsten bleiben überall Ruinen.“ Mastschweinehalter lehnen einen Abriss auch mit Kostenübernahme ab.


Von einem Verbot, nach dem Ausstieg keine Gülle mehr von anderen Betrieben aufzunehmen, hielten die meisten wenig. Ein Neubauverbot und auch eine Beschränkung auf den Bau von Tierwohlställen wird ebenfalls kritisch bewertet, wenn auch weniger stark. Ein Landwirt sagte dazu: „Wer einen Umbau der Tierhaltung möchte, der sollte das Geld auch in den Umbau stecken.“


Man erkennt insgesamt drei Untergruppen unter den Schweinemästern:


  • Etwa ein Drittel lehnt Ausstiegsprogramme grundsätzlich ab.
  • Ein Drittel der Befragten zeigt Interesse an den Ausstiegsprogrammen, bewertet aber das Gülleaufnahme- sowie das Bauverbot stark negativ.
  • Das verbleibende Drittel nimmt auch den Abriss auf eigene Kosten in Kauf und legt keinen großen Wert auf mögliche Neubauten.


Dass bei einem Wiedereinstieg höhere Tierwohlstandards zur Pflicht werden, wird teilweise negativ bewertet. Laut Latacz-Lohmann war die Stichprobe zwar nicht repräsentativ, aber die Ergebnisse seien dennoch statistisch robust und aussagekräftig.


Was die Autoren betonen: Es sind nicht nur kleine Betriebe, die bereit sind aufzugeben. Sauenhalter würden im Schnitt mit 445 Stallplätzen, Mastschweinehalter mit 1255 Plätzen am Programm teilnehmen. Damit liegen sie etwa im Durchschnitt der Gesamtbefragten (431 Sauen, 1583 Mastplätze). Des Weiteren kamen sie zu 50% aus den viehreichen Regionen im Nord-Westen Deutschlands. Dennoch haben betriebliche Faktoren Einfluss. Höfe mit viel Fläche und hohen Tierzahlen wollen lieber weitermachen. Auch Betriebe mit geschlossenem System zeigen diese Tendenz. Als größte Herausforderung sehen die Landwirte die Umsetzung von Tier- und Gewässerschutz. Eine ungesicherte Hofnachfolge spielt hingegen keine übergeordnete Rolle. Zwar gaben 19% der Sauenbetriebe und 12% der Mastschweinebetriebe an, über eine Aufgabe innerhalb der nächsten zehn Jahre nachzudenken, das liegt aber deutlich unter den 60%, die bei einem Ausstiegsprogramm teilnehmen würden.


Umsetzung Fraglich


Beim Landwirtschaftsministerium ist die Warme Sanierung kein Thema. Auf Anfrage von top agrar verwies das Haus von Ministerin Julia Klöckner lieber auf die Ansätze der Borchert-Kommission und Förderprogramme, um den Umbau der Tierhaltung zu mehr Tierwohl und Umweltschutz zu begleiten. WLV-Präsident Hubertus Beringmeier meint: „Wir sind [...] nicht unterwegs, um einen Wirtschaftsbereich abzuwickeln und stillzulegen.“ Und die ISN postuliert: „Was die Schweinehalter hierzulande benötigen, ist ein Gesamtkonzept mit Planungssicherheit und keine Ausstiegsprämie.“ Auch für Landwirt Henning Schulte-Uffelage, selbst Sauenhalter mit angeschlossener Mast, wäre so ein Ausstieg nichts. Er kann verstehen, dass manch einem zum Aufhören zumute ist. Dennoch hält er ein staatlich finanziertes Ausstiegsprogramm nicht für sinnvoll: „Wichtig ist, dass Geld für Investitionen in der Schweinehaltung zu Verfügung steht. Ausstiegsprämien helfen in der jetzigen Situation vielleicht Einzelbetrieben, aber nicht der gesamten Branche“.


Den Forschern sind die Kritikpunkte gegen ein solches Programm bewusst. Sie betonen aber: Es gebe insgesamt ein großes Interesse auf Seiten der Landwirte, und man solle die Herausforderungen der Schweinehaltung ergebnisoffen angehen.


frederic.storkamp@topagrar.com

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