Zu: „Serie Wiedervereinigung: Die LPG war die gute Seele im Dorf“, top agrar 11/2020, Seite 18.
Ausgebootete Alteigentümer
Lesezeit: 2 Minuten
Wenn man sich auf die Entwicklung in den Anfängen der 1990er Jahre zurückbesinnt, so „kochen“ auch heute noch verschiedentlich Emotionen hoch.
Das betrifft zum Beispiel die Position und das Verhalten der Leiter von damals neu benannten Agrargenossenschaften in alter LPG-Größe („Rote Barone“). Für die „Agrarbonzen“ der DDR war die Wende ein Glücksfall. Diese LPG-Chefs brauchten nur an der Spitze ihres Betriebes zu bleiben und möglichst viele Miteigentümer billig „auszukaufen“. Ungeachtet der vielen damals anhängenden Gerichtsverfahren (unter anderem wegen Bilanzfälschungen und nicht korrekt durchgeführten Vermögensauseinandersetzungen) pachteten diese Leiter von der Treuhand den Großteil der ins Eigentum der Bundesrepublik Deutschland übergegangen Flächen, die später günstig zu erwerben waren.
Proteste gegen diese Machenschaften regten sich kaum, weil in den ersten Jahren nach der Wiedervereinigung in juristischer Hinsicht wenig Interesse bestand, sich „um den Schmu in den Agrarbetrieben zu kümmern“.
Man geht davon aus, dass Bauern, die sich nach der Wende selbstständig gemacht haben, nicht einmal 20 Prozent der Treuhandflächen erhielten. Hauptleidtragende der Wiedervereinigung waren etliche „Alteigentümer“ (vor 1945), die nach der Wende „ausgebootet“ wurden.
Wie ist man mit den Anspruchs- und Wiedergutmachungsforderungen früherer Landeigentümer umgegangen, die zwischen 1945 und 1949 mit Höfen über 100 Hektar in der sogen. „Bodenreform“ entschädigungslos enteignet wurden? Die Kohl-Regierung hat 1990/91 mit dem Grundsatz „Entschädigung vor Rückgabe“ einen halbherzig formulierten Beschluss gefasst und somit Möglichkeiten ehemaliger Landbesitzer, als Rechtsnachfolger wieder auf ihren alten Äckern zu wirtschaften, zu wenig berücksichtigt. Viele empfinden es auch nach 30 Jahren immer noch als Unrecht, was wir heute überwiegend als Tatbestand in den östlichen Bundesländern vorfinden, nämlich den Fortbestand der alten LPGs unter anderem Namen.
Hans Hinrich Hatje, 23701 Gothendorf/Süsel, Schleswig-Holstein
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Wenn man sich auf die Entwicklung in den Anfängen der 1990er Jahre zurückbesinnt, so „kochen“ auch heute noch verschiedentlich Emotionen hoch.
Das betrifft zum Beispiel die Position und das Verhalten der Leiter von damals neu benannten Agrargenossenschaften in alter LPG-Größe („Rote Barone“). Für die „Agrarbonzen“ der DDR war die Wende ein Glücksfall. Diese LPG-Chefs brauchten nur an der Spitze ihres Betriebes zu bleiben und möglichst viele Miteigentümer billig „auszukaufen“. Ungeachtet der vielen damals anhängenden Gerichtsverfahren (unter anderem wegen Bilanzfälschungen und nicht korrekt durchgeführten Vermögensauseinandersetzungen) pachteten diese Leiter von der Treuhand den Großteil der ins Eigentum der Bundesrepublik Deutschland übergegangen Flächen, die später günstig zu erwerben waren.
Proteste gegen diese Machenschaften regten sich kaum, weil in den ersten Jahren nach der Wiedervereinigung in juristischer Hinsicht wenig Interesse bestand, sich „um den Schmu in den Agrarbetrieben zu kümmern“.
Man geht davon aus, dass Bauern, die sich nach der Wende selbstständig gemacht haben, nicht einmal 20 Prozent der Treuhandflächen erhielten. Hauptleidtragende der Wiedervereinigung waren etliche „Alteigentümer“ (vor 1945), die nach der Wende „ausgebootet“ wurden.
Wie ist man mit den Anspruchs- und Wiedergutmachungsforderungen früherer Landeigentümer umgegangen, die zwischen 1945 und 1949 mit Höfen über 100 Hektar in der sogen. „Bodenreform“ entschädigungslos enteignet wurden? Die Kohl-Regierung hat 1990/91 mit dem Grundsatz „Entschädigung vor Rückgabe“ einen halbherzig formulierten Beschluss gefasst und somit Möglichkeiten ehemaliger Landbesitzer, als Rechtsnachfolger wieder auf ihren alten Äckern zu wirtschaften, zu wenig berücksichtigt. Viele empfinden es auch nach 30 Jahren immer noch als Unrecht, was wir heute überwiegend als Tatbestand in den östlichen Bundesländern vorfinden, nämlich den Fortbestand der alten LPGs unter anderem Namen.
Hans Hinrich Hatje, 23701 Gothendorf/Süsel, Schleswig-Holstein