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Bauern schauen in die (Gas-)Röhre

Lesezeit: 3 Minuten

Die großen Energieversorger investieren derzeit Milliarden-Beträge in den Ausbau des deutschen Gasnetzes. Zu den wichtigsten Projekten gehören drei neue, große Pipelines mit 435 km, 470 km und sogar über 700 km Länge. Durch sie soll künftig u. a. sibirisches Erdgas, das über die Ostsee-Pipeline nach Lubmin bei Greifswald gelangt, weiter nach Westen und Süden geleitet werden.


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Betroffen sind jeweils mehrere tausend Grundeigentümer (und Pächter), durch deren Flächen die bis zu 1,40 m „dicken“ Gasröhren verlegt werden sollen. Der einzelne Landwirt kann sich dagegen kaum erfolgreich wehren. Denn eine sichere Energieversorgung liegt im Interesse der Allgemeinheit und gehört damit zu den wichtigsten staatlichen Vorsorgeaufgaben. Deshalb können Landwirte notfalls per Enteignungsverfahren gezwungen werden, die Verlegung von Gas- oder Stromleitungen in und auf ihren Flächen zu dulden. Dies wird jedoch spätestens dann fragwürdig, wenn über die neuen Mega-Pipelines halb Westeuropa beliefert und damit knallharte Geschäfte verfolgt werden.


Bekommen Landwirte, die einen derart massiven Eingriff in ihr Eigentumsrecht hinnehmen müssen, denn wenigstens eine angemessene Entschädigung? Klare Anwort: Nein, bei weitem nicht! Die heute gültigen Entschädigungsregelungen wurden vor mehr als 40 Jahren entwickelt. Danach stehen betroffenen Eigentümern nur 15 bis 20 % des aktuellen Verkehrswertes der Flächen als Entschädigung zu. Das passte vielleicht in einer Zeit, als es noch um die reine Grundversorgung ging und die Energieversorger wie öffentlich-rechtliche Unternehmen agierten.


Heute ist der Strom- und Gasmarkt zum multinationalen Geschäft geworden, in dem privatwirtschaftlich operierende Konzerne Umsätze und Gewinne in Milliardenhöhe einfahren. Die Bauern aber werden weiter mit Mini-Entschädigungen abgespeist.


Wie stur und ruppig manche Energie-versorger mit den Grundeigentümern umspringen, erleben derzeit viele niedersächsische Landwirte, durch deren Flächen die Norddeutsche Erdgasleitung (NEL) gebaut werden soll. Die Baukosten werden mit ca. 1 Milliarde € veranschlagt. Für alle Grundeigentümer, die von der 193 km langen Trasse auf niedersächsischem Gebiet betroffen sind, bietet EON Ruhrgas ins-gesamt aber nur 1,9 Mio. € als Dienstbarkeitsentschädigung an. Der Landvolk-verband verlangte 3,4 Mio. €, was zumindest den aktuellen Entschädigungssätzen in Nordrhein-Westfalen entsprechen würde. Doch der Energie-Riese ließ die bäuerlichen Verhandler kühl abblitzen. Nicht wenige niedersächsische Landwirte sind darüber so erbost, dass sie es notfalls auf ein Enteignungsverfahren ankommen lassen wollen – auch mit dem Ziel, die Entschädigungshöhe gerichtlich überprüfen zu lassen.


Ob die Gerichte den Bauern helfen werden, ist offen. Handeln könnte und müsste aber die Politik. Ansatzpunkte für gerechtere Entschädigungsmodelle, die die Interessen der Landwirte besser berücksichtigen, liefert ein aktuelles Gutachten, das Professor Bernd Holznagel von der Uni Münster für den Deutschen Bauernverband erstellt hat. Danach wäre es rechtlich ohne weiteres möglich, den Grundeigentümern – statt der einmaligen Minizahlung – künftig z. B. jährliche Entschädigungszahlungen zuzugestehen, die sich am Verkehrswert der Gasleitung oder an den mit ihr erzielten Erträgen orientieren (siehe Beitrag ab Seite 34). Man muss es nur wollen.


Mit Union und FDP regieren derzeit zwei Parteien, die die Eigentumsrechte im-mer besonders hochhalten. Sie sind deshalb jetzt gefordert, endlich für eine angemessene Entschädigung der Landwirte zu sorgen, deren Flächen zum Wohl der Allgemeinheit in Anspruch genommen werden. Milliarden für die Konzerne, Peanuts für die Bauern – das muss ein Ende haben!

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