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Biber ärgern Biberacher Bauern

Lesezeit: 5 Minuten

Franz Utz kann einen Teil seiner Flächen nicht mehr bewirtschaften. Schuld ist der Biber, der sie untergräbt und vernässt. Die Ämter zucken hilflos mit den Schultern.


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Franz Utz ist mit seiner Geduld bald am Ende: Schon seit Jahren treiben Biber an der Dürnach ihr Unwesen, graben Gänge, bauen Burgen und verstopfen Dränagen. „Mein an den Bach angrenzendes Grünland mit ca. 2,5 ha ist inzwischen so vernässt, dass es kaum noch befahrbar ist, geschweige denn gemäht werden kann. Ein solch verschmutztes Futter will ich meinen Kühen nicht zumuten“, sagt der Landwirt aus Ochsenhausen-Mittelbuch (Lkr. Biberach).


Zuletzt ist er mit seinem Schlepper auf dem Feldweg, der zu seiner Fläche führt, in einem ca. 50 cm tiefen Biberloch eingebrochen. Die Folgen waren ein Achsbruch am Schwader sowie ein defekter Kotflügel. Sein Schaden beläuft sich auf mindestens 1650 €. „Wer kommt dafür auf und sorgt dafür, dass ich wieder auf meine Fläche kann?“ fragt sich der Milchviehhalter.


Gemeinde will nicht zahlen:

Auf Hilfe der Stadt Ochsenhausen, die rein rechtlich für die Verkehrssicherungspflicht des Feldweges zuständig ist, wartet er bisher vergeblich. „Mitarbeiter vom Bauamt und Landratsamt haben sich das Problem zwar vor Ort angesehen und mittlerweile eine Warnbarke aufgestellt, für den entstandenen Schaden wollen sie aber nicht aufkommen“, entrüstet sich Utz. Auch seine Kosten für das Auffüllen der Löcher mit Mutterboden will die Kommune nicht übernehmen.


Martin Berg vom Bauamt Ochsenhausen: „Der Fall stellt auch für uns ein Ärgernis da, weil wir als Kommune nichts unternehmen können, außer die Feldwege regelmäßig zu kontrollieren. Hier muss das Land tätig werden!“ Anders als in Bayern gibt es in Baden-Württemberg keinen Biberfonds für Entschädigungen.


Wo nötig, habe der Bauhof Biberlöcher wieder aufgefüllt. Da sie aber oft erst beim Befahren einbrechen und vorher nicht erkennbar seien, übernehme die Württembergische Gemeinde-Versicherung den Schaden nicht, erklärt Berg. Das Landratsamt Biberach zuckt ebenfalls mit den Schultern: Man sei mit dem Regierungspräsidium (RP) in Abstimmung darüber, ob es für Franz Utz Tauschflächen geben könne, erklärt Bernd Schwarzendorfer, zuständig für Öffentlichkeitsarbeit. Eine endgültige Entscheidung stehe allerdings noch aus. Dass es auf der Gemarkung Mittelbuch kaum Hoffnung auf eine neue Fläche gebe, teilte man Utz aber bereits mit.


Population steigt rasant:

Dass der Fall von Franz Utz kein Einzelfall ist, bestätigt sowohl Bauamtsleiter Martin Berg aus Ochsenhausen als auch der Biberbeauftragte Franz Spannenkrebs. Er und seine beiden Kollegen am RP Tübingen sowie etwa 35 Ehrenamtliche sollen Konflikte zwischen Landwirtschaft und Biber vor Ort lösen. „Wir schauen jeden Fall genau an und suchen nach einer individuellen Lösung, um das Leben mit dem Biber zu erleichtern“, so Spannenkrebs.


Angesichts der deutlichen Zunahme der Biberpopulation im Land werde das immer schwieriger. Genaue Erhebungen gebe es zwar nicht, Spannenkrebs geht aber von einem jährlichen Zuwachs um 20 bis 25% aus. Allein im Regierungsbezirk Tübingen seien es mittlerweile rund 3500 Biber. „Dabei ist der Landkreis Biberach durch die Donau und die Nähe zu Bayern der Kreis mit den meisten Tieren und daher den meisten Problemfällen.“ Das Stuttgarter Umweltministerium schätzt die aktuelle Zahl der Biber im Land auf ca. 5500.


Was ist erlaubt?

In Absprache mit den Biberbeauftragten und den Landratsämtern sind laut Franz Spannenkrebs bestimmte Maßnahmen gegen den Biber möglich. Dazu gehöre z.B. das Entfernen von Dämmen, die Verfüllung von Löchern oder Gräben sowie der Einsatz von Drahtgeflechten an Bäumen oder Böschungen.


Das Problem dabei sei nur: Diese Maßnahmen seien nicht immer nachhaltig. Die beste und dauerhafteste Lösung sei daher ein Flächentausch mit Kommunen: „Durch den hohen Flächendruck ist eine solche Lösung aber nicht immer einfach umzusetzen“, sagt der Biberbeauftragte.


Die geplante Flurneuordnung auf der Gemarkung Oberwachingen (Lkr. Biberach) ist da sicher eine Ausnahme. Die Idee haben Bürgermeister Werner Binder und Christian Helfert vom Flurneuordnungsamt des Kreises aufgrund massiver Biberschäden gemeinsam ins Rollen gebracht. „Wir wollen die Flächen an Gewässern aufkaufen und den Landwirten andere Schläge zuteilen. Geplant ist, das Gebiet für den Biber komplett von der landwirtschaftlichen Nutzfläche zu trennen.“


Wie geht es weiter?

Die Einrichtung eines Biberfonds befürwortet selbst der Biberbeauftragte, auch wenn damit – wie in Bayern – nicht alle Schäden ausgeglichen werden: „Ein Fonds könnte nützlich sein und würde auch zur Akzeptanz des Bibers beitragen“, sagt Franz Spannenkrebs.


Die Chancen darauf stehen allerdings ebenso schlecht wie für die Aufnahme des Bibers ins Jagdrecht von Baden-Württemberg. „Unser Ansatz ist, mit einem weiterentwickelten Bibermanagement Schäden möglichst zu vermeiden. Wir halten dies für eine nachhaltigere Lösung als sie mit hohem bürokratischen Aufwand finanziell auszugleichen“, beharrt ein Sprecher des Umweltministeriums.


Stark vom Biber betroffenen Landkreisen ist damit nicht geholfen, sie müssen sich etwas überlegen. In Biberach will das Landratsamt jetzt zumindest die Population genauer kartieren und biberfreie Zonen ausweisen.


Kontakt: silvia.lehnert@topagrar.com

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