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Biogas & Co: Der Erbfall wird zum Risiko

Lesezeit: 6 Minuten

Das Erbrecht schützt zwar den Hof, nicht aber gewerbliche „Betriebszweige“ wie Biogas, Windkraft oder Photovoltaik. Im Erbfall drohen deshalb erhebliche Risiken.


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Immer mehr Landwirte entwickeln neben dem Betrieb gewerbliche Aktivitäten. Sie investieren in Biogas, Windkraft oder Photovoltaik. Sie steigen in die Verarbeitung oder Vermarktung ihrer selbst erzeugten Produkte ein. Sie schaffen sich Zusatzstandbeine durch Dienstleistungen wie Maschineneinsatz für Dritte (z.B. Kommunalarbeiten).


Jede dieser nicht klassisch landwirtschaftlichen Aktivitäten hat rechtliche Folgen in verschiedensten Bereichen: der Sozialversicherung, dem Baurecht, dem Umwelt- und dem Steuerrecht, um nur einige zu nennen. Vergessen wird dabei häufig das Erbrecht. Hier entstehen durch diese Entwicklung aber neue Probleme und Risiken, die in ihrem Ausmaß häufig völlig unterschätzt werden.


Einheit in Gefahr:

Worum geht es? Das landwirtschaftliche Erbrecht schützt zwar den eigentlichen Hof in besonderer Weise, nicht aber die unterschiedlichen Zusatzstandbeine. Das gilt sowohl für die nordwestdeutsche Höfeordnung, die in den Bundesländern Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Hamburg und Nordrhein-Westfalen gilt, als auch für das Landgut-Erbrecht im BGB. Beide stellen sicher, dass der Hof auch dann geschlossen übergeht, wenn im Erbfall entweder kein Testament o.ä. vorliegt (Höfeordnung), oder der Erblasser einem Miterben ein Übernahmerecht bezüglich des Hofes eingeräumt hat (Landgutrecht):


  • Es entsteht keine Erbengemeinschaft, bei deren Auseinandersetzung der Hof womöglich zerschlagen würde.
  • Vielmehr geht der Hof geschlossen an den Hoferben, wobei die Höfeordnung sogar sehr weitgehende Vorgaben macht, wer vorrangig als Hoferbe infrage kommt, sofern der Erblasser keine anderweitige Verfügung getroffen hat.
  • Die Fortführung des Betriebes durch den Hoferben soll auch nicht durch überhöhte Abfindungen für die weichenden Erben gefährdet werden.
  • Deshalb begrenzt das Erbrecht die Abfindungsansprüche der übrigen Erben. Diese berechnen sich auch nicht nach dem Verkehrswert des Hofes, sondern nach dem deutlich niedrigeren Hofeswert bzw. Ertragswert (Landgut).


Das Problem: Diese erbrechtliche Privilegierung gilt nur für den eigentlichen landwirtschaftlichen Betrieb, für viele „Zusatznutzungen“ aber nicht! Wenn Sie über eine (Erb-)Regelung für den eigenen Betrieb nachdenken, müssen Sie deshalb prüfen, wo genau die Trennlinie verläuft: Was gehört erbrechtlich noch zum Hof, was nicht. Die Teile Ihres Betriebes, die nicht zum „Hof“ gehören, unterliegen im Erbfall dem allgemeinen Erbrecht. Das heißt: Sie sind mit dem Verkehrswert anzusetzen und fallen, sofern nichts anderes geregelt ist, an eine Erbengemeinschaft.


Trennbar oder nicht?

Vor allem die Höfeordnung zieht hier eine klare Grenze. Gemäß § 1 handelt es sich bei einem Hof im Sinne der Höfeordnung um „eine landwirtschaftliche Besitzung mit einer zu ihrer Bewirtschaftung geeigneten Hofstelle“. Die „Landwirtschaft“ umfasst dabei „die Bodenbewirtschaftung und die mit der Bodennutzung verbundene Tierhaltung, um pflanzliche und tierische Erzeugnisse zu gewinnen“. Dies ist die Definition aus dem Grundstücksverkehrsgesetz (§ 1, Abs. 2).


Schon diese beiden gesetzlichen Vorschriften zeigen, dass gewerbliche Dienstleistungen, Handelsaktivitäten oder die Erzeugung von Strom und Wärme nicht von vornherein zur „Landwirtschaft“ zählen und somit nicht automatisch von den höferechtlichen Vorschriften profitieren. Denn diese rechtfertigen sich nur durch das öffentliche Interesse an der Erhaltung leistungsfähiger landwirtschaftlicher Betriebe in der Hand bäuerlicher Familien. Dies gilt für den landwirtschaftlichen Kernbetrieb, nicht aber für alle gewerblichen Zusatznutzungen.


In der Praxis lassen sich beide Bereiche aber nicht immer sauber trennen. So sind manche gewerblichen Aktivitäten sehr eng mit dem landwirtschaftlichen Betrieb verknüpft. Zu denken ist an die hofeigene Schlachtung, Zerlegung und Verwurstung; an die Verarbeitung und Vermarktung der auf dem Hof erzeugten Milch; oder an das Hofcafe, eingerichtet im alten Bauernhaus mit viel Stil und Atmosphäre. Andere Nutzungen wiederum, z.B. die auf einer eigenen Grundbuchparzelle errichtete Biogas- oder Windkraftanlage, sind nicht so eng mit dem Hof verknüpft. Sie können also – zumindest theoretisch – ohne Schaden vom Hof abgetrennt werden.


Vor diesem Hintergrund hat die Rechtsprechung drei Kategorien von landwirtschaftlich-gewerblichen Betriebs­typen gebildet, die erbrechtlich unterschiedlich behandelt werden: die Doppelbetriebe, die Gemischtbetriebe und die Nebenbetriebe.


Doppelbetrieb:

Als Doppelbetrieb bezeichnet man eine Kombination von landwirtschaftlichem und gewerblichem Betrieb, bei der beide Betriebsteile nur lose verbunden sind. Kennzeichnend ist, dass sich beide Bereiche ohne Schaden für den einen oder anderen Teil verselbstständigen lassen. Beispiele: Die Biogasanlage, die auf einer eigenen Grundbuchparzelle betrieben wird, die ansonsten nicht vom Hof aus landwirtschaftlich genutzt wird. Oder die auf das Dach aufgeschraubte Photovoltaik-Anlage.


In diesen Fällen ist der Gewerbebetrieb (Biogas, PV, Windkraft) u.U. rechtlich getrennt vom landwirtschaftlichen Betrieb zu sehen. Erbrechtlich gilt: Der landwirtschaftliche Betrieb wird nach den Regelungen der Höfeordnung oder des Landgutrechts behandelt, der gewerbliche Betrieb dagegen nach den allgemeinen BGB-Regelungen.


Gemischtbetrieb:

Davon spricht man, wenn Landwirtschaft und Gewerbe so eng miteinander verflochten sind, dass eine Trennung für einen oder sogar beide Teilbereiche nachteilig wäre. Als Beispiele sind das Hofcafe und der Hofladen zu nennen, die dachintegrierte PV-Anlage, das Mietshaus oder die Windkraftanlage auf einer betriebszugehörigen Parzelle.


In diesen Fällen gilt erbrechtlich: Überwiegt der landwirtschaftliche Betrieb, wird der gesamte Gemischtbetrieb nach den Regelungen der Höfeordnung oder des Landgutrechts behandelt – wobei allerdings für die gewerblichen Teilbereiche bestimmte Zuschläge zum Hofes- oder Ertragswert zu machen sind. Überwiegt dagegen der gewerbliche Teil, unterliegt der Gemischtbetrieb insgesamt dem allgemeinen Erbrecht.


Somit ist der Gemischtbetrieb erbrechtlich besonders gefährlich, da aufgrund der gewerblichen Teilnutzung die Hof- oder Landguteigenschaft des Betriebes insgesamt verloren gehen kann, wenn die gewerblichen Nutzungen überwiegen. Indizien hierfür sind Umsatz, Gewinn, Investitionen, Anzahl der Arbeitskräfte, Wert der Betriebsgrundstücke, Ertrag der verschiedenen Betriebszweige, äußeres Gepräge, geschichtliche Entwicklung usw.


Nebenbetrieb:

Darunter versteht man einen Betriebsteil, der eindeutig dem landwirtschaftlichen Betrieb dient. Die klassischen Beispiele sind gewerbliche Aktivitäten, die ausschließlich der Verarbeitung selbst erzeugter landwirtschaftlicher Produkte dienen, z.B. die hofeigene Molkerei, Sägewerk, Schlachterei. Erbrechtlich wird der Nebenbetrieb aufgrund seiner dem landwirtschaftlichen Betrieb dienenden Funktion insgesamt als hofzugehörig angesehen, somit der gesamte Betrieb nach Höfe- oder Landguterbrecht behandelt.


Um erbrechtlich die richtigen Konsequenzen zu ziehen, muss man also immer sehr genau prüfen, welche (gewerblichen) Aktivitäten noch unter den Schutz der Höfeordnung bzw. des Landgutrechts fallen, und welche nicht. Die Zuordnung kann von Fall zu Fall unterschiedlich ein. Sie hängt nicht nur von der jeweiligen Rechtsform ab, sondern noch von vielen anderen Details. Mehr dazu im folgenden Beitrag.

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