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Bodenmarkt: Halten die alten Schutzwälle noch?

Lesezeit: 5 Minuten

Deutschlandweit explodieren die Bodenpreise. Stehen Flächen zum Verkauf, ziehen die langjährigen Pächter oft den Kürzeren. Reichen die Barrieren gegen Spekulanten?


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Seit 2007 sind die Kaufpreise für landwirtschaftliche Flächen um mehr als ein Viertel gestiegen, in vielen Gebieten im Osten haben sie sich sogar verdoppelt. Berichte, laut denen Investoren auf den Bodenmarkt drängen und die langjährigen Pächter ausboten, mehren sich. Immer lauter werden Forderungen, die Politik möge die Landwirte endlich vor den Spekulanten schützen.


Doch besteht wirklich gesetzlicher Handlungsbedarf? Der Bundesverband der gemeinnützigen Landgesellschaften (BLG) hat das jetzt in einer umfassenden Studie analysiert. Die Landgesellschaften haben den gesetzlichen Auftrag zur Verbesserung der Agrarstruktur beizutragen. Sie sehen in der Preishausse durchaus Gefahren für die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe. Laut ihrem Gutachten steigt besonders im Osten die Zahl der Betriebsleiter, die nicht mehr in der Lage sind, beim Verkauf von Flächen aus ihrem langjährigen Pachtbestand erfolgreich mitzubieten. Auch im Westen könnte eine Verschärfung des Preistrends dazu führen, dass „der Bestand und das Wachstum der Betriebe erschwert oder sogar unmöglich gemacht werde.“


Die Studie liefert allerdings auch eine gute Nachricht: Laut dem BLG sind die vorhandenen Instrumente des Bodenrechts auf Bundes- und Landesebene grundsätzlich geeignet, die nicht landwirtschaftlichen Investoren an die Kette zu legen. Es steht auch nicht in Widerspruch zu EU- und Wettbewerbsrecht, was immer wieder von interessierter Seite behauptet wurde. Das heißt: Die alten Schutzwälle halten noch, aber sie müssen konsequent gepflegt werden. „Wir brauchen keine umfassenden Gesetzesänderungen, wir brauchen aber eine konsequente Rechtsanwendung im Einzelfall“, bringt es Karl-Heinz Götz, Geschäftsführer des BLG, auf den Punkt. Der Mitautor der Studie schlägt vor, den vorhandenen Rechtsrahmen punktuell weiterzuentwickeln und die erforderlichen Änderungen möglichst einheitlich in den Bundesländern umzusetzen. Vier Punkte stehen dabei besonders im Fokus:


Niedrigere Preisobergrenze:

Die derzeitige Preisobergrenze von generell 150 % des ortsüblichen Verkehrswertes, ab der die zuständigen Behörden laut Grundstückverkehrsgesetz ihre Genehmigung für den Verkauf einer Fläche versagen können, erscheint den Gutachtern zu hoch gegriffen. In Baden-Württemberg dürfen Ämter im Grenzgürtel zur Schweiz bereits ab einem Kaufwert von 120 % des ortsüblichen Preisniveaus ihre Genehmigung für ein Flächengeschäft verweigern, weil der Preis in einem „groben Missverhältnis zum Wert des Grundstücks“ steht. Dies könnte Vorbildcharakter für die anderen Bundesländer haben.


Schärferes Vorkaufsrecht:

Auch das derzeitige Vorkaufsrecht der Landsiedlungen im Rahmen des Reichssiedlungsgesetzes soll weiterentwickelt werden. Die Land- bzw. die Landsiedlungsgesellschaften der einzelnen Bundesländer können derzeit nur von einem Vorkaufsrecht Gebrauch machen, wenn Flächen an einen Nicht-Landwirt verkauft werden sollen und mindestens ein „aufstockungsbedürftiger, -williger und -fähiger landwirtschaftlicher Betrieb“ zum Kauf bereit steht. Um branchenfremde Investoren fern zu halten, wäre es sinnvoll, wenn die Siedlungsgesellschaften die Flächen erst „mittelfristig“ einem anderen Landwirt weiterverkaufen müssten.


Gesellschaftsanteile:

Kopfzerbrechen bereitet weiterhin der inzwischen übliche Einstieg von Investoren in Betriebe über den Kauf von Gesellschaftsanteilen. Denn während der reine Flächenerwerb rechtlich über Grundstückverkehrsgesetz und Reichssiedlungsgesetz geregelt ist, war der Kauf von Gesellschaftsanteilen (der „share deal“) in den Jahrzehnte alten Gesetzen noch nicht vorgesehen.


Schon die Wissenschaftler des von Thünen Instituts (vTI) kamen bei einer Studie zum Einfluss von Investoren am deutschen Bodenmarkt zu dem Urteil, dass kapitalkräftige Investoren, die ganze Betriebe übernehmen oder sich über Anteilskäufe an Betrieben beteiligen, nach geltendem Recht daran nicht gehindert werden könnten (Beitrag „In Grund und Boden“, top agrar 11/2011, Seite 24).


Die BLG-Gutachter argumentieren, dass eine Genehmigungspflicht für den Kauf von Gesellschaftsanteilen an landwirtschaftlichen Betrieben die Legitimität des Grundstückverkehrsrechts stärken würde. Eine solche Regelung sei jedoch mit erheblichen Schwierigkeiten im praktischen Vollzug verbunden. Das zeigten nicht zuletzt Regelungen in Österreich und der Schweiz.


Denkbar wären aus Sicht der Gutachter auch Lösungen unterhalb der Gesetzesebene, z. B. durch konkrete Aussagen in den jährlichen Agrarberichten. Diese sind von den Gerichten für die Einschätzung der Gefahr einer „ungesunden Bodenverteilung“ heranzuziehen.


Pachtverträge:

Für den Pachtmarkt fordern die Gutachter vor allem eine schärfere Anwendung des vorhandenen Rechtsrahmens. Denn bereits heute liefert das „Landpachtverkehrsgesetz“ eine Beanstandungsmöglichkeit, wenn ein Grundstück an einen Nichtlandwirt verpachtet wird und dadurch ein anderer Landwirt leer ausgeht. Die Autoren fordern die Wirksamkeit eines Pachtvertrages von der erfolgten Anzeige bei der zuständigen Behörde abhängig zu machen. Um Extrempachten unbürokratisch nachweisen zu können, empfehlen sie eine gesetzliche Definition für unangemessen hohe Pachtpreise.


Und das Fazit?

Zusammenfassend kommen die Gutachter zu dem Urteil, dass sich die vorhandenen Schutzwälle am Bodenmarkt weitgehend bewährt hätten. Da die deutschen Barrieren im EU-Vergleich niedrig ausfallen, gäbe es – falls politisch gewünscht – Spielräume für moderate Erhöhungen. Mit Blick auf die vielen Möglichkeiten von Investoren, um z. B. über Beteiligungen oder Strohmänner Flächen zu erwerben, bleibe aber eine rechtliche Grauzone.


Nicht jeder Einzelfall kann oder sollte gesetzlich geregelt werden. Matthias Schulze Steinmann

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