Absolute Selbstversorgung ist für China nicht möglich. Deswegen sucht das Land nach Alternativen. Das eröffnet Chancen für deutsche Unternehmen.
China will seine Landwirtschaft modernisieren und wettbewerbsfähig machen. Doch Experten gehen davon aus, dass die Nachfrage schneller steigen wird als das Angebot. Das weiß auch die chinesische Regierung. „Bei der absoluten Selbstversorgung beschränkt sich die Regierung nur noch auf die ‚core crops‘, wie Reis, Mais und Weizen“, erklärt Klepper. Um die Abhängigkeit von einzelnen Importländern zu reduzieren, will das Land seine Bezugsquellen diversifizieren. Zwei außenpolitische Strategien spielen dabei eine Rolle.
Im Ausland produzieren:
Mit seiner Going-Global-Strategie erschließt das Land neue Märkte in allen Wirtschaftsbereichen, auch bei der Produktion von Lebensmitteln. Die Regierung ermutigt und unterstützt staatliche wie private Unternehmen bei diesen Investitionen.
Beispiele dafür sind der Aufkauf des Konzerns Smithfield, dem größten Schweinefleischproduzent in den USA, oder Kooperationen mit australischen und neuseeländischen Milchverarbeitern. Alternativ kaufen Investoren direkt landwirtschaftliche Betriebe, wie z.B. die Van Diemen’s Land Company mit über 30000 Rindern – einen der größten Milchproduzenten Australiens. „Mit diesen Investitionen erhält China Zugang zu knappen Ressourcen, wie Wasser oder Arbeitskräfte, und profitiert vom Fachwissen vor Ort. Gleichzeitig schafft die Produktion im Ausland auch Umweltprobleme aus dem eigenen Land, denn Gülle und Nährstoffüberschüsse bleiben außerhalb der eigenen Grenzen“, sagt Grupe.
Seidenstraße 2.0:
Das aktuell zentrale Thema der Außenpolitik ist die „Belt and Road“-Initiative. Peking will die jahrhundertealte Handelsroute „Seidenstraße“ modernisieren und seine Transportwege nach Afrika und Europa verbessern. In 70 Ländern sind dazu Straßen, Schienenverkehr und Häfen sowie Kraftwerke und Pipelines geplant. Ohne Frage will sich China damit auch in den jeweiligen Ländern einbringen und Partnerschaften stärken.
Kürzere Lieferzeiten könnten Chancen für europäische Unternehmen eröffnen. Denkbar wäre z.B. der Transport von Milchfrischprodukten per Zug. Direktzüge von chinesischen Großstädten bis nach Duisburg oder Hamburg fahren bereits jetzt regelmäßig. Die Fahrt dauert nur 14 Tage statt sechs Wochen Seeweg. Noch lohnt sich das für Milchprodukte häufig nicht, erklärt Dr. Björn Börgermann vom Milchindustrie-Verband (MIV): „Ein Kühltransport mit der Bahn ist technisch anspruchsvoll und die Kosten sind teilweise doppelt so hoch wie die Schifffahrt.“ Man behalte diese Option aber im Auge.
Chancen für Deutschland:
Von der mangelnden Selbstversorgung profitiert auch Deutschland. China hat sich zu einem der wichtigsten Handelspartner bei Drittlandsexporten entwickelt. Die Agrarausfuhren stiegen von 59 Mio. € (2000bis2002) auf über 1,7 Mrd. € in 2016. Alleine die Fleischexporte erhöhten sich in diesem Zeitraum von rund 5 Mio. € auf 887 Mio. €.
Eine zu starke Abhängigkeit vom China-Markt sehen Unternehmen dabei nicht. Beim Schweinefleisch z.B. handle es sich hauptsächlich um Nebenprodukte. „Edelteile exportieren wir nur in Ausnahmejahren, wie 2016, als das inländische Angebot sehr niedrig war“, erklärt Matthias Quaing von der Interessengemeinschaft der Schweinehalter (ISN). Der Einfluss auf die deutschen Preise sei daher nur mäßig
Deutsche Unternehmen profitieren vom guten Ruf von „Made in Germany“. Der heimischen Produktion trauen die chinesischen Konsumenten grundsätzlich nicht. Das bestätigen ihnen Skandale um giftiges Plastik in der Milch, vertuschte Tierseuchen oder unwirksame Impfstoffe. Und so bietet der chinesische Exportmarkt mit 1,4 Millarden Verbrauchern und einer wachsenden Mittelschicht noch viel Potenzial. In den nächsten zehn Jahren soll der Konsum von Milchprodukten um über 20% auf ca. 40 kg und bei Fleisch um 36% auf 56 kg pro Kopf und Jahr steigen.
Mittelfristig könnten außerdem knappes Soja oder der kaum kontrollierbare Ausbruch der Schweinepest die Nachfrage beflügeln. Wie sich das auf die deutschen Exporte von Milch und Fleisch auswirkt, bleibt abzuwarten. Denn wenn sich Angebot oder Nachfrage in China nur um 1% ändern, hat das große Auswirkungen.
Kontakt: anke.reimink@topagrar.com
Kontakt: anke.reimink@topagrar.com
Mehr zur chinesischen Milchproduktion lesen Sie im Spezialteil ab Seite R10.
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Absolute Selbstversorgung ist für China nicht möglich. Deswegen sucht das Land nach Alternativen. Das eröffnet Chancen für deutsche Unternehmen.
China will seine Landwirtschaft modernisieren und wettbewerbsfähig machen. Doch Experten gehen davon aus, dass die Nachfrage schneller steigen wird als das Angebot. Das weiß auch die chinesische Regierung. „Bei der absoluten Selbstversorgung beschränkt sich die Regierung nur noch auf die ‚core crops‘, wie Reis, Mais und Weizen“, erklärt Klepper. Um die Abhängigkeit von einzelnen Importländern zu reduzieren, will das Land seine Bezugsquellen diversifizieren. Zwei außenpolitische Strategien spielen dabei eine Rolle.
Im Ausland produzieren:
Mit seiner Going-Global-Strategie erschließt das Land neue Märkte in allen Wirtschaftsbereichen, auch bei der Produktion von Lebensmitteln. Die Regierung ermutigt und unterstützt staatliche wie private Unternehmen bei diesen Investitionen.
Beispiele dafür sind der Aufkauf des Konzerns Smithfield, dem größten Schweinefleischproduzent in den USA, oder Kooperationen mit australischen und neuseeländischen Milchverarbeitern. Alternativ kaufen Investoren direkt landwirtschaftliche Betriebe, wie z.B. die Van Diemen’s Land Company mit über 30000 Rindern – einen der größten Milchproduzenten Australiens. „Mit diesen Investitionen erhält China Zugang zu knappen Ressourcen, wie Wasser oder Arbeitskräfte, und profitiert vom Fachwissen vor Ort. Gleichzeitig schafft die Produktion im Ausland auch Umweltprobleme aus dem eigenen Land, denn Gülle und Nährstoffüberschüsse bleiben außerhalb der eigenen Grenzen“, sagt Grupe.
Seidenstraße 2.0:
Das aktuell zentrale Thema der Außenpolitik ist die „Belt and Road“-Initiative. Peking will die jahrhundertealte Handelsroute „Seidenstraße“ modernisieren und seine Transportwege nach Afrika und Europa verbessern. In 70 Ländern sind dazu Straßen, Schienenverkehr und Häfen sowie Kraftwerke und Pipelines geplant. Ohne Frage will sich China damit auch in den jeweiligen Ländern einbringen und Partnerschaften stärken.
Kürzere Lieferzeiten könnten Chancen für europäische Unternehmen eröffnen. Denkbar wäre z.B. der Transport von Milchfrischprodukten per Zug. Direktzüge von chinesischen Großstädten bis nach Duisburg oder Hamburg fahren bereits jetzt regelmäßig. Die Fahrt dauert nur 14 Tage statt sechs Wochen Seeweg. Noch lohnt sich das für Milchprodukte häufig nicht, erklärt Dr. Björn Börgermann vom Milchindustrie-Verband (MIV): „Ein Kühltransport mit der Bahn ist technisch anspruchsvoll und die Kosten sind teilweise doppelt so hoch wie die Schifffahrt.“ Man behalte diese Option aber im Auge.
Chancen für Deutschland:
Von der mangelnden Selbstversorgung profitiert auch Deutschland. China hat sich zu einem der wichtigsten Handelspartner bei Drittlandsexporten entwickelt. Die Agrarausfuhren stiegen von 59 Mio. € (2000bis2002) auf über 1,7 Mrd. € in 2016. Alleine die Fleischexporte erhöhten sich in diesem Zeitraum von rund 5 Mio. € auf 887 Mio. €.
Eine zu starke Abhängigkeit vom China-Markt sehen Unternehmen dabei nicht. Beim Schweinefleisch z.B. handle es sich hauptsächlich um Nebenprodukte. „Edelteile exportieren wir nur in Ausnahmejahren, wie 2016, als das inländische Angebot sehr niedrig war“, erklärt Matthias Quaing von der Interessengemeinschaft der Schweinehalter (ISN). Der Einfluss auf die deutschen Preise sei daher nur mäßig
Deutsche Unternehmen profitieren vom guten Ruf von „Made in Germany“. Der heimischen Produktion trauen die chinesischen Konsumenten grundsätzlich nicht. Das bestätigen ihnen Skandale um giftiges Plastik in der Milch, vertuschte Tierseuchen oder unwirksame Impfstoffe. Und so bietet der chinesische Exportmarkt mit 1,4 Millarden Verbrauchern und einer wachsenden Mittelschicht noch viel Potenzial. In den nächsten zehn Jahren soll der Konsum von Milchprodukten um über 20% auf ca. 40 kg und bei Fleisch um 36% auf 56 kg pro Kopf und Jahr steigen.
Mittelfristig könnten außerdem knappes Soja oder der kaum kontrollierbare Ausbruch der Schweinepest die Nachfrage beflügeln. Wie sich das auf die deutschen Exporte von Milch und Fleisch auswirkt, bleibt abzuwarten. Denn wenn sich Angebot oder Nachfrage in China nur um 1% ändern, hat das große Auswirkungen.
Kontakt: anke.reimink@topagrar.com
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Mehr zur chinesischen Milchproduktion lesen Sie im Spezialteil ab Seite R10.