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Coronaeffekt in der Landtechnik: Knappe Teile, hohe Preise

Lesezeit: 4 Minuten

Lieferengpässe, explodierende Preise: Der Landtechnikindustrie fehlen Komponenten.


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Stahl, Lager, Hydraulikkomponenten und Computerchips: Derzeit gibt es vor allem in diesen Bereichen extreme Preissteigerungen, Knappheiten und Lieferausfälle. Das trifft die Landtechnikbranche gerade in einer Phase mit bester Auftragslage. Immer wieder gibt es Meldungen, dass Montagebänder kurzfristig stoppen, weil Teile fehlen. Auch bei Ersatzteilen gibt es Engpässe. Zur aktuellen Situation haben wir uns beim Branchenverband VDMA und verschiedenen Firmen umgehört.


„In einer Mitgliederbefragung haben 45% der Landtechnikunternehmen gravierende Beeinträchtigungen ihrer Lieferketten festgestellt“, berichtete Dr. Bernd Scherer, Geschäftsführer des VDMA, Anfang Mai. Mittlerweile hat sich die Situation weiter verschärft: „Wir brauchen im August 900 t Stahl – unsere Lieferanten haben aber erst knapp die Hälfte zugesagt“, sagt Lemken-Geschäftsführer Antony van der Ley. Sonderstähle und spezielle Lager sind oft der Engpass. Teils musste die Pflugmontage stoppen, weil Komponenten fehlten. „Dabei haben wir bereits jetzt einen Auftragseingang von 85% des gesamten Vorjahres in den Büchern.“ Auch andere Firmen, u.a. Fendt, berichten von Zwangspausen in der Produktion. John Deere musste nach eigenen Aussagen bisher noch nicht aussetzen, beobachtet die Situation aber kritisch. Generell erwartet die Branche Lieferverzug bei vielen bereits bestellten Landmaschinen.


Engpässe werden auch bei Kunststoffgranulaten gemeldet. Einen weiteren Engpass gibt es bei Computer-Chips – also Elektronikbauteilen. Ein bekannter Hersteller für Terminals wollte zum Thema überhaupt keine Stellung gegenüber top agrar beziehen. Ein uns persönlich bekannter Servicetechniker für GPS-Lenksysteme berichtete aber, dass die Lager seines Arbeitgebers bis auf wenige Systeme leergeräumt seien – ohne Aussicht auf Besserung. Bei der Reparatur von Systemen macht die Werkstatt mittlerweile eine Art Triage und kann die Kunden nicht mehr gleichbehandeln.


Auch die Automobilindustrie leidet massiv unter Zuliefererproblemen mit Elektronik. Treiber sind der Corona-bedingte Digitalisierungsschub, der weltweite Trend zu Homeoffice-Arbeitsplätzen und die starke Nachfrage im Bereich Unterhaltungselektronik. Die Kernkomponenten in der Elektronik stammen von immer weniger Anbietern. Das macht das System anfällig.


Auch viele Komponenten im Bereich Automotive, Truck & Bus, Baumaschinen stammen oft von denselben Herstellern wie die Landtechnikteile. Die Zulieferer können den Nachfrageboom nicht bedienen. „Teils liegen die Lieferzeiten selbst für gängige Komponenten bei ca. sechs Monaten“, sagt Saphir-Geschäftsführer Stefan Schröder.


Und schließlich werden Paletten sowie Transportkapazitäten knapp. Die Containerfrachtraten von Asien gen Europa klettern täglich. Teilweise liegen die Kosten doppelt so hoch wie im Vorjahr, und manchmal fehlen schlicht die Container an den Produktionsstandorten. Zudem hat die Havarie im Suezkanal die Lieferketten gestört.


Viele unserer Ansprechpartner machen die Auswirkungen der Corona-Pandemie für die aktuelle Situation verantwortlich. Oft wurden Produktionsanlagen für Teile gedrosselt oder sogar gestoppt. Je nach Coronalage hält dieser Zustand noch an – siehe Indien.


Andererseits boomen der asiatische Raum und vor allem der chinesische Markt. Auch in Nordamerika läuft die Produktion auf Hochtouren. Weltweit fahren Länder ihre Fabriken wieder hoch, alle haben Nachholbedarf.


China hat mittlerweile 60 bis 70% Anteil an der weltweiten Stahlproduktion – und behält einen Teil des produzierten Stahls derzeit für sich. Teils sehen unsere Ansprechpartner auch eine künstliche Verknappung. Einer sagt: „Jetzt rächt sich, dass wir in Deutschland unsere Stahlwerke abgebaut und nach Asien verschifft haben.“ Doch Antony van der Ley ist optimistisch und rechnet ab dem dritten Quartal mit einer Beruhigung der Lage. Das hängt entscheidend vom Impffortschritt und der weiteren Corona-Entwicklung ab. Andere erwarten erst 2022 Entspannung.


Wie wirkt sich das alles auf die Preise für Landtechnik aus? Allem voran treibt der Stahlpreis die Verkaufspreise. Stahl kostet je nach Güte zwischen 70 und 100% mehr als noch vor wenigen Monaten. Wie stark die Maschinenpreise steigen, hängt vom Anteil knapper Teile ab. Also: Je höher der Stahlanteil und je geringer der anderer Kosten, desto stärker klettert der Preis.


Seit Mitte April kalkulieren einige Firmen mit einem Materialpreisaufschlag auf den Listenpreis, der aktuell bei 2,5 bis 3% liegt. Es bleibt abzuwarten, wie weit dieser Faktor steigen wird. Wahrscheinlich ist es sinnvoll, eine nicht unbedingt notwendige Investition in ruhigere Zeiten zu verschieben.


Guido Höner

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