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das Aktuelle Interview - Bauer sucht Vertrauen!

Lesezeit: 5 Minuten

Die Landwirte tun zu wenig, um das verlorene Vertrauen der Verbraucher zurückzugewinnen, meint die Bauerntochter und Kommunikationsmanagerin Maren Kuiter.


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Die Meinungsforscher von TNS Emnid sehen die Landwirte im Ansehen auf dem Niveau von Ärzten und Lehrern - weit vor anderen Berufsgruppen. Gleichzeitig steht die moderne Landwirtschaft zunehmend in der Kritik. Wie passt das zusammen?


Kuiter: Gar nicht. Das ist aber Ausdruck einer fehlenden Öffentlichkeitsarbeit in der Agrarbranche. Das mediale Bild der Landwirtschaft polarisiert: Auf der einen Seite der Landwirt, der als „Massentierhalter“ und „kalter Unternehmer“ dargestellt wird, der auf Kosten der Tiere Profit machen will. Auf der anderen Seite die Sendung „Bauer sucht Frau“, die ein sehr dümmlich wirkendes Bild des Landwirts zeichnet. Das passt überhaupt nicht zur hohen Wertschätzung der Verbraucher für den Landwirt als Versorger.


Das zeigt: Die Landwirte haben den direkten Kontakt zum Verbraucher verloren. Stattdessen treten Medien und Werbung an ihre Stelle und vermitteln vor allem Idylle und nicht die Realität. Das Problem wird sich nicht von allein lösen. Die Landwirtschaft muss sich und ihre Arbeitsweise besser erklären.


Interessieren sich die Verbraucher wirklich für die Landwirtschaft?


Kuiter: Verbraucher interessieren sich vor allem für Lebensmittel. Alles was man sich einverleibt, ist hoch emotional. Dabei ist das Grundvertrauen aber viel wichtiger als die letzten Details. Dafür muss die Landwirtschaft Informationsangebote schaffen. Wenn sie das nicht leistet, tun es andere für sie.


Läuft das nicht schon längst so?


Kuiter: Ja. Vor allem Nichtregierungsorganisationen (NGOs) sind über die Medien sehr erfolgreich. Man hat den Eindruck, dass die Landwirtschaft Themen, wie z.B. betäubungsloses Ferkel kastrieren, Schwänze kupieren oder Schnäbel kürzen erst angeht, wenn andere Organisationen dazu drängen. Die Reaktionen wirken dann oft defensiv und wie eine Rechtfertigung. Notwendig wäre es, kritische Themen frühzeitig und offensiv zu kommunizieren. Dann ist die Wahrscheinlichkeit viel höher, die Diskussion im eigenen Sinne beeinflussen zu können. Die Landwirtschaft hat sich aber weitestgehend aus der öffentlichen Diskussion verabschiedet und überlässt den Kritikern das Feld. Wer nicht antritt, hat schon verloren.


Haben die Bauern wirklich eine Chance, wenn in den Medien gezielt Stimmung gegen die Landwirtschaft gemacht wird?


Kuiter: Ich weiß, dass viele Landwirte so denken. So einfach ist das aber nicht. Die Landwirtschaft hat während der Lebensmittelskandale der letzten Jahre Fehler gemacht, die Glaubwürdigkeit gekostet haben. Schlechte Beziehungspflege zu Journalisten und ein unzureichendes Informationsangebot kommen dazu. Eine plötzliche Krise hat immer einen höheren Nachrichtenwert als eine schleichende Verbesserung. Das verspricht hohe Einschaltquoten, Klickraten und Verkaufszahlen. In der Krise ist es daher wenig sinnvoll, sich als Landwirt in eine Talkshow zu setzen. Dann sind Sie automatisch in der Täter-Rolle. Das kann man aber nicht den Medien vorwerfen. Die Branche muss ihre Kommunikationsstrategie darauf anpassen.


Ist der Berufsstand dafür sensibilisiert?


Kuiter: Öffentlichkeitsarbeit gehört heute zur Managementaufgabe eines jeden Landwirts. Das ist noch nicht allen bewusst. Das Thema muss stärker in die Ausbildung der Landwirte einfließen. Insgesamt ist die Öffentlichkeitsarbeit der Branche noch ausbaufähig.


Woran machen Sie das fest?


Kuiter: Die Aktivitäten sind zu vereinzelt und schlecht aufeinander abgestimmt. Das Handwerk macht das mit seiner Kampagne „Das Handwerk – die Wirtschaftsmacht von nebenan“ im Vergleich dazu vorbildlich. Etwas Vergleichbares ist der Landwirtschaft bislang noch nicht gelungen.


Woran liegt das?


Kuiter: Die Partner der Wertschöpfungskette arbeiten nicht wirklich zusammen. Die CMA hat das lange versucht - mit wenig Erfolg und viel Kritik. Seit dem Wegfall der CMA sind viele Bauern noch nicht wieder bereit, für eine branchenübergreifende Kommunikation Geld in die Hand zu nehmen. Außerdem sind die Interessen zu unterschiedlich. Vielversprechend sind daher Kommunikationsansätze nach Produktionszweigen, wie zum Beispiel die Aktivitäten der Geflügelwirtschaft. Hier steht der Landwirt als Person im Vordergrund. Das ist glaubwürdiger.


Die Landwirtschaft setzt sehr stark auf Qualitätssicherung. Reicht das?


Kuiter: Nicht allein. Das QS-System war ein wichtiger Schritt. Für eine tragfähige Beziehung zum Verbraucher braucht es mehr. Notwendig ist auch Kommunikation auf „Augenhöhe“, wie es die Direktvermarkter vormachen. Direkt vor Ort ist der Landwirt greifbarer und kann Feindbilder abbauen. Dafür muss man die Leute aber auf die Höfe holen. Sie brauchen Events.


Die „Tage des offenen Hofes“ sind doch solche Events. Reicht das nicht?


Kuiter: Das Format ist gut. Aber es ist schwer, Landwirte für diese Tage zu gewinnen. Viele scheuen die hohe finanzielle, zeitliche und persönliche Belastung und haben Angst im „Rampenlicht der Öffentlichkeit“ zu stehen. Wenn es schief geht, kann das schnell zur persönlichen Katastrophe werden. Die Bauernverbände müssen viel mehr organisatorische und finanzielle Hilfestellung geben. Engagement muss die Branche belohnen, denn von der Arbeit profitieren letztlich alle.


Braucht man für erstklassige Öffentlichkeitsarbeit auch professionelle Berater?


Kuiter: Unbedingt. Öffentlichkeitsarbeit gehört in die Hand von PR-Profis. Zurzeit machen das hauptsächlich ehrenamtliche Laien. Zwischen einer erfolgreichen und einer weniger erfolgreichen PR-Arbeit liegt oft nur ein schmaler Grat.-sp-


Maren Kuiter (24) hat die Öffentlichkeitsarbeit der Agrarbranche wissenschaftlich untersucht.

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