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das Aktuelle Interview - „Die aktuelle Rechtslage ist nicht akzeptabel!“

Lesezeit: 4 Minuten

Trotz scharfer Kritik hält Phil Hogan an der umstrittenen Reform der EU-Öko-Verordnung fest. top agrar wollte vom neuen Agrarkommissar wissen, warum.


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Der Entwurf der neuen Öko-Verordnung trifft auf massiven Widerstand der Öko-Verbände und der meisten Mitgliedstaaten. Warum halten Sie daran fest?


Hogan: Der Öko-Landbau entwickelt sich in der EU nicht so, wie er könnte. Während sich der Absatz von Bio-Produkten in den vergangenen 10 Jahren vervierfacht hat, hat sich die Anbaufläche nur verdoppelt. Der Markt wächst also in erster Linie über Importe. Vor allem kleinere Betriebe scheuen die Umstellung. Die bisherigen Regeln für den Öko-Landbau sind offensichtlich zu aufwendig und zu teuer.


Hinzu kommt, dass eigentlich für alle europäischen Bio-Bauern die gleichen Regeln und für alle Verbraucher die gleichen Garantien gelten sollten. Das ist aber nicht der Fall. Die Mitgliedstaaten und jeweiligen Kontrollstellen haben viele nationale Ausnahmeregelungen für den Öko-Landbau zugelassen. Das verhindert einen fairen Wettbewerb zwischen den Erzeugern aus den verschiedenen Mitgliedstaaten und auch beim Import von Bio-Produkten.


Das ist nicht akzeptabel. Deshalb müssen wir den bestehenden Rechtsrahmen anpassen, damit er den Erfordernissen des Marktes und den Erwartungen der Verbraucher besser Rechnung trägt. In diesem Sinne gilt es, den Vorschlag der Kommission gemeinsam mit dem Agrarrat und dem Parlament weiterzuentwickeln. Ich bin da flexibel und gerne bereit, auf berechtigte Bedenken einzugehen.


Die Reform soll das Vertrauen der Verbraucher in Bio-Produkte stärken. Ist das aktuelle Bio-Label nicht verlässlich?


Hogan: Im Großen und Ganzen funktioniert das Bio-Siegel gut und hat bereits nach wenigen Jahren einen hohen Bekanntheitsgrad bei den Verbrauchern erreicht. Wenn Sie aber genauer hinschauen, sind die Regeln nicht so wasserdicht, wie sie sein sollten. Sie garantieren zum Beispiel nicht, dass Bio-Produkte frei von Pflanzenschutzmitteln (PSM) sind. Dafür gibt es bislang auch gar keine EU-Vorgaben. Wenn Sie die Verbraucher fragen, warum sie Bio kaufen, wird die Rückstandsfreiheit wahrscheinlich der wichtigste Kaufgrund sein. Natürlich finden wir sehr viel geringere Rückstände von PSM in den Produkten der ökologischen Landwirtschaft, aber wir brauchen auch Regeln, wie wir dies kontrollieren.


Pflanzenschutzmittel können von konventionellen Nachbarschlägen auf Bio-Felder herüberdriften. Wer haftet im Schadensfall?


Hogan: Hier müssen wir in der Tat die richtige Balance finden. Die Verbraucher erwarten für die höheren Preise, die sie zahlen, Produkte ohne PSM. Das ist ein generelles Prinzip des ökologischen Landbaus und die Öko-Landwirte sind verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass es nicht zu Kontaminationen kommt.


Dennoch kann es Fälle geben, wo die Bauern ihre Produkte nicht als Bio-Ware vermarkten können, weil sie unbeabsichtigt mit PSM belastet sind. In diesen Fällen sieht der Vorschlag der Kommission vor, dass die Mitgliedstaaten mit EU-Geldern nationale Ausgleichszahlungen leisten können, um diese Verluste zu entschädigen. Wie das im Einzelnen aussehen kann, werden wir in den kommenden Monaten vertieft diskutieren.


Viele Öko-Landwirte befürchten, dass Ihnen das Saatgut ausgeht, wenn sie nur ökologisches verwenden dürfen.


Hogan: Es ist doch ein Grundansatz des ökologischen Landbaus, nur ökologisch erzeugte Vorleistungen einzusetzen. Natürlich haben wir aktuell noch nicht genügend Öko-Saatgut auf dem Markt. Deshalb wollen wir für eine Übergangszeit auch noch den Einsatz von konventionellem Saatgut erlauben. Darüber hinaus werden wir die Forschung über Bio-Saatgut intensivieren und eine Datenbank fördern, die den Landwirten einen schnelleren Überblick über die Verfügbarkeit von ökologisch erzeugtem Saatgut gibt. Das wird den Landwirten die Anpassung erleichtern.


Selbst die Kommission geht davon aus, dass bei Umsetzung des Vorschlags viele Landwirte den Öko-Landbau aufgeben werden bzw. gar nicht erst umstellen. Wem hilft so eine Reform?


Hogan: Ich werde keine Reform akzeptieren, die die Landwirte nicht umsetzen können.


Wie wollen Sie sicherstellen, dass importierte Bio-Produkte künftig den EU-Standards entsprechen?


Hogan: Auch für den Import werden wir klarere und eindeutigere Regelungen schaffen. Das wird für gleiche Wettbewerbsbedingungen zwischen heimischen und importierten Produkten sorgen.


Wo wollen Sie den Kritikern entgegenkommen?


Hogan: Es ist noch zu früh, über mögliche Kompromisse zu reden. Inzwischen unterstützen die Mitgliedstaaten die grundsätzlichen Ziele der Überprüfung der Öko-Verordnung. Und auch das Europäische Parlament (EP) ist voll in den Gesetzgebungsprozess eingebunden. Ich freue mich auf den Bericht von Martin Häusling (Anm. der Red.: MdEP für die Grünen) und bin offen für konstruktive Vorschläge.


Wann soll die Verordnung stehen?


Hogan: Ich hoffe noch in 2015. Landwirte, die umstellen oder investieren wollen, müssen wissen, welche Änderungen auf sie zukommen.-cm/sp-

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