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das Aktuelle Interview - „Gegen Sturköpfe hilft keine Hofabgabeklausel“

Lesezeit: 5 Minuten

Die Hofabgabeklausel wird zum großen Zankapfel der Koalition. Die Union verteidigt sie mit Zähnen und Klauen, die SPD will sie lieber heute als morgen abschaffen. Ihr Agrarsprecher, Dr. Wilhelm Priesmeier, drängt auf eine schnelle Lösung.


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Sie wollen die Hofabgabeklausel ersatzlos streichen. Im Koalitionsvertrag ist aber nur von einer Neugestaltung die Rede. Was gilt jetzt?


Priesmeier: Es ist nicht mehr zeitgemäß, dass Landwirte ihren Hof abgeben müssen, um eine Rente zu beziehen. Wer ein Leben lang in die landwirtschaftliche Alterskasse eingezahlt hat, der hat ohne Wenn und Aber ein Recht auf eine Rente. Wir haben uns mit der CDU/CSU darauf verständigt, das Thema zeitnah zu lösen. Dr. Peter Mehl vom Thünen-Institut hat eine Rente mit Abschlag vorgeschlagen (Anm. der Red: siehe top agrar 4/3013, S. 15). In den Koalitionsgesprächen wurde das als vernünftiger Kompromiss bewertet. Diese Aussage steht. Für uns wird die Hofabgabeklausel zur Nagelprobe, ob die Große Koalition Agrarprobleme im Konsens lösen kann.


Bauernverband, Landjugend und die Union wollen an der Hofabgabeklausel festhalten, damit die jungen Landwirte rechtzeitig Zugriff auf Betriebe und Flächen bekommen. Ist das nicht richtig?


Priesmeier: Sicher wird es Einzelfälle geben, wo der Vater den Hof bis ins Greisenalter bewirtschaftet. Gegen solche Sturköpfe hilft aber auch keine Abgabeklausel. Oft sieht die Realität aber anders aus. Die wettbewerbsfähigen Betriebe müssen sich so oder so auf dem Pachtmarkt behaupten und die Nachfolger frühzeitig einbinden, sonst sind die nämlich weg.


Das eigentliche Problem ist, dass bei zwei von drei Familienbetrieben die Hofnachfolge gar nicht geregelt ist. Die Inhaber dieser Betriebe bekommen kein Altenteil und haben oft nur geringe Pachteinnahmen zu erwarten. Deshalb müssten sie den Betrieb eigentlich weiterführen. Das können sie nicht, weil wir sie bisher zwingen, ihren Hof abzugeben, wenn sie die landwirtschaftliche Rente beziehen wollen.


Die Hofabgabeklausel lässt sich doch umschiffen. Im Rahmen einer GbR kann ein älterer Landwirt zum Beispiel Mitunternehmer bleiben und trotzdem Altersgeld beziehen. Warum reicht Ihnen das nicht?


Priesmeier: Tatsächlich gibt es viele Scheinabgaben, oder es werden diverse Schlupflöcher genutzt, um dem Abgabezwang zu entgehen. Die GbR-Regelung hilft nur Landwirten mit Nachfolgern weiter, die ohnehin kein Problem mit der Abgabeklausel haben.


Dagegen stehen die kleinen Höfe mit wenig Fläche und ohne Nachfolger vor der schweren Entscheidung, weiterzumachen oder aufzugeben. Viele fürchten, finanziell nicht über die Runden zu kommen, wenn sie den Betrieb aufgeben. Obendrein hängen auch noch die Ehefrauen mit ihrer Alterssicherung von der Entscheidung des Mannes ab. Deshalb gibt es so viele Scheinverpachtungen. Wir sollten nicht vergessen: Wir reden von einer monatlichen Rente von 472 €, die die Betriebsinhaber im Durchschnitt erhalten. Mehr ist das nicht.


Wie muss aus Ihrer Sicht die neu gefasste Hofabgabeklausel aussehen?


Priesmeier: Eine Rente mit Abschlag ist unser Modell und eine Brücke, über die auch die Gegner einer Abschaffung der Hofabgabeklausel gehen können. Der Anreiz zur Hofabgabe bleibt bei einem solchen Modell bestehen, da ein Rentenempfänger, der seinen Betrieb weiter bewirtschaftet, höhere Beiträge zur landwirtschaftlichen Krankenversicherung und Pflegeversicherung zahlen muss als ein Rentner.


Wie hoch soll der Abschlag vom Altersgeld ausfallen?


Priesmeier: Wir wollen ein Renten-Modell, das einen Abschlag von 10 % beim Altersgeld vorsieht, wenn der Betrieb weiterbewirtschaftet wird.


Das ist relativ wenig. Unterlaufen Sie damit nicht die gewünschte Lenkungswirkung der Hofabgabeklausel?


Priesmeier: Die Landwirte zahlen einen um 10 % günstigeren Beitrag für ihre Alterssicherung als die anderen für die allgemeine Rentenversicherung. Dort sind auch selbstständige Handwerker versichert, die ihre Rente ganz ohne Abgabezwang bekommen. Wie wollen Sie den Landwirten vor diesem Hintergrund einen höheren Abschlag erklären? Eine Abgabeklausel gibt es nirgendwo, nicht bei Anwälten, Ärzten, Steuerberatern und anderen Freiberuflern.


Der Bauernverband muss sich dem Wandel stellen und auch jenen Mitgliedern Hilfe anbieten, die keinen Nachfolger haben, aber trotzdem Haus und Hof erhalten wollen. Ich habe das Gefühl, dass die Bäuerinnen und Bauern in den Dörfern in dieser Frage schon weiter sind als ihre gewählten Vertreter auf der Landes- oder Bundesebene.


Wie geht es jetzt weiter? Wird die SPD selbst die Initiative ergreifen oder warten Sie auf einen Gesetzesvorschlag der Bundesregierung?


Priesmeier: Es gibt zwei Wege. Wir könnten als Koalitionsfraktionen einen Gesetzesentwurf ins Parlament einbringen oder uns mit dem federführenden Arbeits- und Sozialministerium verständigen. Auf jeden Fall muss der Bundesrat zustimmen. Wir werden mit den Bundesländern sprechen. Es wäre hilfreich, wenn diese uns über eine Bundesratsinitiative unterstützen. Ich will ein schnelles Ergebnis. Wir sollten bedenken, dass schon einige von den Landwirten verstorben sind, die für die Abschaffung der Klausel gekämpft haben. Wie lange sollen die Betroffenen noch auf ihre Rente warten? Ich fordere die Union auf, jetzt schnell mit uns gemeinsam die Hofabgabeklausel neu zu gestalten.-sp-


Macht Druck: SPD-Agrar­sprecher Dr. Wilhelm Priesmeier.

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