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das Aktuelle Interview - „Im Kampf gegen den Hunger hilft uns die Gentechnik nicht weiter!“

Lesezeit: 3 Minuten

Es gebe bei den Kirchen eine neue Offenheit gegenüber der ­Grünen Gentechnik, heißt es. Wir haben bei Dr. Clemens Dirscherl, Agrarexperte der EKD, nachgefragt.


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Wie wichtig ist die Grüne Gentechnik für die Welternährung?


Dirscherl: Der Einfluss ist marginal. Bei unseren Diskussionen auf der letzten Synode Anfang November in Düsseldorf ist deutlich geworden, dass wir weltweit genügend landwirtschaftliche Nutzfläche haben, um alle Menschen zu ernähren - auch ohne Gentechnik. Unser Hauptproblem ist die Nutzungskonkurrenz um die Fläche, auf der zugleich auch Futtermittel, Bioenergie und industrielle Rohstoffe angebaut werden. Außerdem verlieren wir weltweit jeden Tag landwirtschaftliche Flächen für Verkehr, Industrie und Wohnungsbau. Wer den Hunger erfolgreich bekämpfen will, muss an diesen Pro­blemen ansetzen.


Die Grüne Gentechnik ist dabei wenig hilfreich. Sie wird vor allem bei Mais, Raps, Soja und Baumwolle eingesetzt. Das sind keine vorrangigen Pflanzen zur Ernährungssicherung. Merkwürdigerweise findet sie auch breite Anwendung in Ländern, in denen Nahrungsmittel fehlen. Brasilien und Indien sind dafür Beispiele: Dort wird gehungert und gleichzeitig exportieren diese Länder Agrargüter nach Europa. Das ist wirtschaftlich und politisch gemachter Hunger und kein Mengenproblem!


Die Gentechnik ist also keine Lösung?


Dirscherl: Wo sind denn die Erfolge? Die Zahl der Hungernden ist nach wie vor erschreckend hoch, insbesondere in der kleinbäuerlichen Bevölkerung. Da hilft eine Hochtechnologie von und für Industrieländer nicht weiter. Wir brauchen standortangepasste Strategien.


Also gibt es gar keine neue Offenheit der Evangelischen Kirche für die Grüne Gentechnik?


Dirscherl: Das ist eine PR-Kampagne der Befürworter, insbesondere des Forums „Grüne Vernunft“. Natürlich haben wir darüber mit Experten diskutiert, z. B. mit Prof. Joachim von Braun, der die Grüne Gentechnik durchaus für eine Zukunftsoption hält (Anm. der Red.: Direktor des Zentrums für Entwicklungsforschung der Universität Bonn). Für uns gilt weiterhin: Die EKD ist offen für alle Strategien der Welternährungssicherung, wenn sie denn Vorteile bringen. Das ist bei der Gentechnik zurzeit nicht der Fall.


Wann wäre das denn gegeben?


Dirscherl: Wenn es sinnvolle Einsatzpotenziale gibt und mögliche Risiken ausgeschlossen werden können. So lange es im Hinblick auf die ökologischen, gesundheitlichen, sozialen und ökonomischen Risiken ernsthafte Bedenken gibt und die Vorteile eher bei den Industrieländern liegen, bleibt die Evangelische Kirche skeptisch.


Das sehen alle in der EKD so?


Dirscherl: Bei uns gibt es eine offene Diskussion zu vielen ethischen Fragen. Das betrifft auch die Gentechnik. Da mag es in einzelnen Gruppen, wie z.B. der Arbeitsgemeinschaft evangelischer Unternehmer, eine andere Sichtweise geben als bei den Gruppierungen, die sich mit umwelt- und entwicklungspolitischen Fragen befassen. Aus den Erfahrungen unserer evangelischen Entwicklungszusammenarbeit wissen wir: Zur Verbesserung der Welternährungssicherung braucht es viel mehr als nur eine Technologie.


Was ist vor allem zu tun?


Dirscherl: Wir müssen Kleinbauern und ihr Umfeld stärken. Gesicherter Zugang zu Land, Wasser, Saatgut, Dünger und Krediten, verbesserte Möglichkeiten der Lagerhaltung und Vermarktung, Beratung und Bildung sind der Schlüssel. Dafür sind auch die Regierungen vor Ort verantwortlich. -sp-


Dr. Clemens Dirscherl ist in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) für agrarsoziale Fragen zuständig.

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