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das Aktuelle Interview - Isst der Verbraucher 2030 nur noch vegan?

Lesezeit: 4 Minuten

Knapp 4 % der Deutschen sind Vegetarier oder sogar Veganer. Jeder Fünfte isst sehr wenig Fleisch oder will es tun. Sind wir auf dem Weg in eine fleischlose Gesellschaft? top agrar sprach mit Udo Pollmer.


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Weniger Fleisch, dafür mehr Obst und Gemüse, fordern viele Ernährungs­berater. Tatsächlich geht unser Fleischkonsum tendenziell zurück. ­Zeigen die Diskussionen Wirkung?


Pollmer: Ja. In der jüngeren Generation wächst die Zahl der Veganer rasant. Bei den über 18-jährigen geht es vor allem um die trügerische Hoffnung, durch den Verzicht auf Fleisch die „schlanke Linie“ bewahren zu können.


In Haushalten mit hohem Einkommen wird weniger Fleisch gegessen als in ­sozial schwächeren Schichten. Woran liegt das?


Pollmer: Wer körperlich arbeiten muss, braucht Energie und greift zu tierischen Lebensmitteln, sonst fällt er vom Fleisch. Wer sich die Finger nicht schmutzig macht, weil er Formulare entwickelt und dafür auch noch gut bezahlt wird, ernährt sich aufgrund seines „höheren Bildungsstandes“ vermeintlich gesünder.


Die einen werben für den Veggie-Day, die anderen protestieren gegen Massentierhaltung. Wird die Lust auf Fleisch weiter abnehmen?


Pollmer: Der Kampf gegen die Tier­halter wird mit immer größerer Intensität geführt. Viele Tierhalter lehnen es bis heute ab, ihre Produktion mit wirksamen, d. h. realitätsnahen Argumenten in der Öffentlichkeit zu vertreten. Stattdessen versuchen sie es lieber mit Imagewerbung à la CMA. Das ist Wasser auf die Mühlen all derer, die die Tierhaltung in Deutschland beseitigen wollen.


Weil die Verbraucher keine „Massentierhaltung“ wollen und auch das Schlachten am liebsten ausblenden, forscht die Lebensmittelindustrie an künstlichem Fleisch. Spielerei oder bald Realität?


Pollmer: Diese Entwicklung gibt es seit Jahren. Durch den wachsenden Anteil der Veganer gibt es dafür auch einen Markt. Über die Stammzellentechnologie ist es auf absehbare Zeit keine Kunst mehr, aus tierischen Zellmassen maschinell Klopse herzustellen. Das Know-how dafür kommt übrigens aus der Pharmawirtschaft, die versucht, Organe zu ­züchten. Den Rest erledigen die Geschmacksverstärker. Offensichtlich ist es schwer, auf den Geschmack tierischer Lebensmittel zu ­verzichten. Das zeigt der ausgeprägte Hang der Fleischlos-Fanatiker zum Geschmacksverstärker Glutamat.


Analog-Käse, künstliche Geschmacks­verstärker und vieles mehr – werden die Firmen der Lebensmittelwirtschaft in Zukunft zu chemischen Unternehmen?


Pollmer: Das ist zu befürchten – aber nicht, weil die alle auf Teufel komm raus beschwindeln wollen, sondern weil sie dazu gezwungen werden. Geschmacksverstärker braucht man, um den Fleischanteil in den Gerichten zu senken – damit die Produkte bei Warentests besser abschneiden. ­Analog-Käse entspricht den abstrusen Anforderungen der Ernährungs­berater: wenig Kalorien, wenig Cholesterin, wenig tierische Fette und wenig tierisches Eiweiß – dafür aber reichlich Wasser. Nur ein gepanschtes Produkt schneidet bei der Nährwertkennzeichnung gut ab.


Aktuell werden Nahrungsmittel aus der Region stark nachgefragt? Regional ist das neue bio, heißt es. Ist das die Gegenbewegung zu Lebensmitteln, die überall auf der Welt gleich schmecken?


Pollmer: Die Wochenmärkte, die regionale Lebensmittel anbieten, klagen über schwindende Besucherzahlen. Der Kunde will typisch regionale Kost – aber aus Japan, Kreta oder Indien. Der Landwirt, der da sein selbsterzeugtes Gemüse anbietet, ist nur noch Kulisse. Der Begriff „regional“ ist nur Ausdruck eines tiefen Misstrauens in das übliche Angebot. Kein gutes Zeichen.


Bitte ein Blick in die Glaskugel: Was isst der Verbraucher 2030 und welche Rolle spielt unsere Landwirtschaft dabei?


Pollmer: Der Mensch wird – wann immer möglich – auch weiterhin das essen, was er immer gegessen hat. Allerdings werden seine Lebensmittel 2030 komplett importiert und mit Gesundheitsbezugsscheinen zu horrenden Preisen verkauft. Der Landwirt wird nur noch geduldet, wenn er auf seinen Äckern den ursprünglichen Naturzustand wieder herstellt, gesunde Beeren und bunte Pilze für die Veganer sammelt und die Wolfsrudel mit genfreiem Sojafleisch füttert.-sp-


Lebensmittelchemiker


Udo Pollmer, Europäisches Institut für Ernährungs- und Lebensmittelwissenschaften e.V.

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