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Der Doppelgänger

Lesezeit: 7 Minuten

„Ich habe den tollsten Job der Welt.“ Udo Kneip ist Bauer, und das gleich doppelt. Er ist Biobauer und konventioneller Landwirt. Beides aus Überzeugung.


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Alles begann mit dem gemeinsamen Traum von Kerstin und Udo Kneip, eine eigene kleine Farm zu gründen. Diesen Traum setzten die beiden konsequent um: Obwohl kein eigener Hof vorhanden war, machte Udo eine Ausbildung als Landwirt und konnte sich einige Jahre später Landwirtschaftsmeister nennen. 1991 kaufte er mit Ehefrau Kerstin die ersten 3 Kühe und pachtete 3 ha Land. Das war der Anfang einer unglaublichen Geschichte.


„Es war nicht immer einfach, doch wir waren immer glücklich und zufrieden mit dem, was wir machten!“ So beschreibt Kneip die ersten Jahre. Heute wirtschaftet Familie Kneip auf zwei Betriebsstätten mit 600 ha und 150 Mutterkühen. Die beiden Betriebsstätten sind ca. 40 km voneinander entfernt. Sie liegen beide im Landkreis Cochem-Zell (Rheinland-Pfalz), werden von demselben Landwirt geführt, von denselben Zielen verfolgt und könnten dennoch unterschiedlicher kaum sein.


Auf dem Valwigerberg sind die Kneips Biobauern, auf der Briedeler Heck wirtschaften sie konventionell.


Hacke oder Spritze?

„Die Frage ist Schwachsinn“, wiegelt Udo Kneip ab. „Wir bewirtschaften zwar zwei völlig unterschiedliche Betriebe, aber im Prinzip verfolgen wir nur ein Ziel: Das Beste aus den Begebenheiten und den Umständen herauszuholen.“ Für die Umstellung des Betriebes entschied sich Familie Kneip u.a. aus ökonomischen Gründen, erzählt Kneip. Der Betrieb war im Prinzip nicht schwer umzustellen, da die Mutterkühe sowieso schon ökologisch gehalten wurden. Auch die Bewirtschaftung der 70 bis 100 ha Grassamenvermehrung, die auf dem Biobetrieb angebaut werden, mussten nicht großartig verändert werden.


Öko also wegen der Prämie? Nicht nur, verneinen die Kneips. Schließlich achten sie auch darauf, was sie essen. Das muss jedoch nicht immer bio sein, solange es gut ist.


Bio ist aber nicht gleich bio. Kneip hat sich gegen einen Bioverband entschieden. Er wirtschaftet nach den Öko-Regeln der EU. Für ihn waren die Richtlinien der Verbände nicht nachvollziehbar. Vieles davon hat seiner Meinung nach nichts mehr mit dem eigentlichen Grund der ökologischen Landwirtschaft zu tun, dem Verzicht auf chemisch-synthetische Dünge- und Pflanzenschutzmittel.


Die Biokuh als Restefresser:

Für die ökologische Grassamenvermehrung baut Kneip vor allem Welsches und Einjähriges Weidelgras an. Nur einmal im Jahr schieben die Gräser Rispen, deren Samen Kneip an den Deutschen Saatgutverein (DSV) verkauft. In echten Grasjahren erntet er bis zu 15 dt/ha.


Bei solchen Erträgen macht Kneip einen Umsatz von 2000 € pro ha. Die Ertragsschwankungen seien jedoch sehr groß. „Wir hatten auch schon Jahre, die uns nur 800 € Umsatz pro Hektar gebracht haben – bei gleichen Kosten“, erinnert er sich. Für den Verkauf der Grassamen benötigt Kneip Anbaulizenzen. Diese und das Saatgut bekommt er von dem DSV. Zuvor prüft aber die Kammer einmal im Jahr, ob sich die Flächen für die Vermehrung eignen.


Vor allem im Bioanbau sei es schwierig, die Fläche frei von Unkraut zu halten. Pflanzenschutzmittel sind nicht erlaubt und auch die Düngung ist stark begrenzt, sodass das Weidelgras seinen Konkurrenzvorteil im Wachstum mangels Stickstoff nicht voll nutzen kann. Dafür verkauft Kneip seine Biograssamen aber auch 50% teurer als konventionelle Samen.


Der Landwirt mäht das Gras Mitte Juni auf Schwad und lässt es eine Woche zum Trocknen liegen. Dann drischt er die Schwaden, wofür er 2011 ein extra Aufnahmeband für den Mähdrescher kaufte. Das erleichtert die schwierige Ernte ein wenig. Ist die Ernte zu nass, dann schlagen hohe Trocknungskosten zu Buche. Mit bis zu 400 € müsse man dann pro ha rechnen. Perfekt sind die Körner mit einer Restfeuchte von 14%.


Die Restpflanze dient Kneip als Heu und Einstreu für seine Mutterkühe. „Grassamenvermehrung lohnt sich nur in Doppelnutzung“, weist Kneip auf die Symbiose seiner Betriebszweige hin. Im Spätsommer fährt Kneip einen weiteren Schnitt Silo ein, dann grasen die Tiere über Herbst die Flächen ab.


Alle zwei Jahre im Frühjahr bzw. Herbst bricht der Landwirt die Flächen um. Aufgrund des schnellen Zuchtfortschritts stellt ihm der DSV dann neue Sorten zur Aussaat bereit.


Die 400 ha Ackerflächen seines zweiten Betriebes auf der Briedeler Heck bewirtschaftet Udo Kneip konventionell. Der Großteil ist Pachtland, das sich über Jahrzehnte hinweg zu der jetzigen Größe entwickelt hat. Neben Mais, GPS und Ackergras baut er auch die Energiepflanze Igniscum an.


Ackerbau für Biogas:

Die gesamte Ernte verkauft er an die Biogasanlage Hahn. Im biologischen Anbau würde sich das nicht lohnen. Für Kneip ist das aber auch nicht notwendig. Schließlich wirtschaftet er auch konventionell nach guter fachlicher Praxis. „Es geht uns konventionell wirtschaftenden Bauern nicht darum, die Umwelt zu zerstören oder die Lebensmittel zu vergiften, wie es leider immer gern dargestellt wird.“ Um wirtschaftlich zu arbeiten, kann er auf die Unkraut- und Pilzbekämpfung sowie das Düngen der Flächen nicht verzichten. Das erfolge aber immer mit Weitblick. „Warum sollte der Landwirt das zerstören wollen, wovon er lebt und das vergiften, was er selbst isst“, verteidigt er alle konventionellen Kollegen.


Seit Neuestem baut Kneip 100 ha Mais unter Folie an. Da im Hunsrück Spätfröste im Frühjahr normal sind, konnte Kneip früher nur auf eine 220er-Reifezahl setzen. Seitdem er auf Folienmais umgestellt hat, wächst 280er auf seinen Flächen. Mit deutlich höheren Erträgen und einem Deckungsbeitrag von 1500 € bis 2000 € pro ha ein lohnendes Geschäft. Zumal der Betrieb über eine eigene Folienmaisdrillmaschine verfügt und den Mais selbst legen kann.


Ab einer gewissen Betriebsgröße kommt man nicht mehr ohne Fremdarbeitskräfte aus. „Rambo spielen geht in der Wüste, aber nicht in der Landwirtschaft“, sagt Kneip. Da aus den 3 ha im Laufe der Jahre 600 ha geworden sind, beschäftigt Kneip einen Mitarbeiter und seinen Sohn als Auszubildenden. Mitarbeiter Marcel Klagge hat bei Kneip seine Ausbildung sowie seinen Techniker absolviert und kommt selbst nicht von einem landwirtschaftlichen Betrieb. Kneip findet das gut. Er betont, dass auch Mitarbeiter „von außen“ mit der richtigen Einstellung wunderbar auf einen Betrieb passen. Allerdings sei der Betriebsleiter dann auch zwischenmenschlich gefordert. Bei Kneips herrscht Teamarbeit auf Augenhöhe.


Verantwortung übertragen:

„Wenn Mitarbeiter einen eigenen Verantwortungsbereich übernehmen, ist die Motivation doch viel größer“, findet Kneip. Marcel Klagge, ehemaliger Azubi und jetzt Leiter im Ackerbau der Kneip GbR ist z.B der Verantwortliche für den Folienmais des Betriebs. „Ich beherrsche die Technik gar nicht. Der Marcel macht das schon“, erklärt Kneip das Konzept von Teamarbeit. Die Erfolge sprechen für sich. In diesem Jahr bauen sie schon 100 ha Mais unter Folie an – zehnmal so viel wie vor 4 Jahren.


„Ich weiß, dass die Welt nicht untergeht, wenn ich in den Urlaub fahre oder krank bin“, sagt Kneip. Mit jungen Leuten zu arbeiten, macht ihm Spaß. Außerdem findet Udo Kneip es wichtig, seinen Mitarbeitern eine langfristige Perspektive für die Zukunft zu bieten.


Auch deshalb hat Kneip 2013 mit seinem Mitarbeiter Marcel Klagge und seinem ehemaligen Azubi und Mitarbeiter Christian Brosze das Lohnunternehmen „Agrar Aktiv“ gegründet.


Erfolgsrezept Familie:

Die Familie arbeitet und hält zusammen, wo sie nur kann. Kneip erzählt, dass das ohne den Rückhalt seiner Familie und vor allem seiner Frau alles nicht entstanden wäre und auch nicht möglich wäre. „Es ist schön, nach einem langen, gemeinsamen Arbeitstag zusammen zu essen und die Zukunft zu planen, oder sich auch mal einen schönen Tag ohne Arbeit mit der Familie zu machen“, schwärmt Kneip.


Alle zeigen großes Interesse an der Landwirtschaft und dem Familienkonzept. Laura, die älteste Tochter der Familie, hat das Studium der Agrarwissenschaften aufgenommen, Tochter Anne macht im Moment ihr Fachabitur in Richtung Agrar, Sohn Fabian hat die Lehre als Landwirt begonnen und auch die jüngste im Bunde, Tochter Maria, zeigt Interesse an der Landwirtschaft. „Um einen guten Nachfolger muss ich mir keine Gedanken machen!“, so Kneip stolz.


Hör auf dein Gefühl!

Udo Kneip findet es wichtig, über den Tellerrand zu blicken. Das gilt für die Landwirtschaft an sich, für Kollegen, Mitarbeiter und Zukunftsperspektiven. Als selbstständiger Landwirt fühlt er sich frei in seinen Entscheidungen. „Wenn mir etwas nicht passt, muss ich es ändern“, findet er.


Ob Biobauer oder konventioneller Landwirt ist egal. Hauptsache man steht hinter dem, was man macht. Und macht es aus Leidenschaft!


Hanne Honerlagen

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