Ich fahre mit meiner Hamburger Freundin Lisa durch die Marsch. Herrlich. Links und rechts erntereifes Getreide. Für Lisa ist das, was sie auf dem Acker sieht ganz einfach „Korn“. Sie macht keinen Unterschied zwischen Roggen, Dinkel oder Weizen. Zumindest nicht am Halm, im Supermarkt oder Bioladen sieht das schon anders aus.
Wir quatschen über Landwirtschaft und all das, was aus dem Heimat- und Sachkundeunterricht aus der Grundschulzeit noch hängen geblieben ist. Lisa ist interessiert und ich berichte ihr von den unterschiedlichen Weizenklassen: „Die gängigsten an unserem Standort im hohen Norden sind Futter-, Brot- oder Qualitätsweizen, letzterer auch als A-Weizen bekannt. Das „A“ hat seinen Ursprung in dem Begriff des „Aufmischens“, denn die Qualität ist so hoch, dass sich Defizite bei anderen Weizensorten damit ausgleichen lassen.“ Ich entnehme Lisas Gesichtsausdruck, dass ich zu komplex werde. Also verlasse ich meinen Belehrungsmonolog und hole sie in ihrer Welt ab. „Lisa, du trägst eine schwarze Strumpfhose. Wenn du im Laden stehst, sehen alle schwarzen Strumpfhosen auf den ersten Blick gleich aus. Richtig“ Sie nickt.
„Erst, wenn du dir die genaue Beschreibung durchliest, weißt du, wie es um die Beschaffenheit der Feinstrumpfhose steht.“ Genauso ist es mit dem Weizen auch. Wenn ein Haufen Futterweizen in der Lagerhalle neben einem Berg Brotweizen liegt, erkenne ich keinen Unterschied. Ich muss dazu erst auf die Qualitäten schauen. Bei Strumpfhosen ist das die DEN-Zahl, bei Weizen sind’s u.a. Rohprotein, Fallzahl, Sedimentationswert. Diese und noch ein paar andere Parameter bestimmen, in welche Klasse der Weizen gehört und ob er sich zum Backen eignet oder nicht. „Wow, okay! Wenn ich das nächste Mal im Supermarkt vor den Regalen stehe, denke ich an dich – in der Strumpfhosenabteilung und auch am Mehlregal“, sagt Lisa.