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Die Bullen mit dem Roboter füttern?

Lesezeit: 8 Minuten

Was bringt die automatische Fütterung in der Bullenmast? Und wie rechnet sie sich? Antworten gibt Uwe Mohr, Tierhaltungsschule Triesdorf.


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Roboter sind nichts Neues in der Bullenmast. Bei der Kälbertränke, der Kraftfuttervorlage und auch beim Einstreuen haben die automatisierten Heinzelmännchen schon länger den Einzug in die Ställe geschafft. Sie sorgen vor allem für eine arbeitswirtschaftliche Entlastung und eine bedarfsgerechte Tränke- und Kraftfutterversorgung und steigern damit die Nährstoffaufnahme und Leistungen der Tiere.


In den letzten Jahren haben Rinderhalter auch in die automatisierte Vorlage von Mischrationen an Rinder investiert. In Deutschland liefen 2015 ca. 250 Anlagen und in Bayern derzeit ca. 130. Davon sind rund 25 Roboter in Betrieben mit Bullenmast installiert.


Welche Vorteile bringt der Robi?

Anfangs stand bei den Mästern noch die Automatisierung der Fütterung in Altgebäuden, die nicht mit Futtermisch-wagen befahren werden konnten, im Vordergrund. Heute wollen spezialisierte Bullenmäster mithilfe dieser Technik vor allem Top-Leistungen realisieren.


Was versprechen sich die Bullenmäster von dieser Technik im Vergleich zu Futtermischwägen und was kann in der Praxis davon realisiert werden?


  • Die Vorlage verschiedener Rationen, die häufigere Futtervorlage und das Nachschieben sind ohne Mehrbelastung möglich.
  • Bei funktionierenden Anlagen verringert sich die arbeitswirtschaftliche und körperliche Belastung deutlich.
  • Der Robi führt zu mehr Flexibilität, z.B. durch eine zweitägige Befüllung in den kühleren Monaten. Das entlastet die Mäster an Wochenenden, Feiertagen und in Arbeitsspitzen spürbar.
  • Mehrmalig am Tag vorgelegte, frisch gemischte und auf den Bedarf der Tiere angepasste Rationen (Leistungsgruppen) fördern eine ruhige und kontinuierliche Futteraufnahme mit weniger Futterselektion, Futterresten und Luxuskonsum sowie stabileren Pansenverhältnissen. Ruhigere Tiere bedeuten weniger Tierverluste bzw. die Möglichkeit, „schärfere“ Rationen zu füttern.
  • Die bedarfsgerechtere Fütterung verbessert die Futtereffizienz und steigert die Mastleistung.
  • Genaueres Füttern zu immer gleichen Zeiten mit automatischer Kon-trolle und Dokumentation erhöht die Transparenz. Per Online-Fehlerüberwachung und Smartphone-App ist ein zeitnahes Controlling und ein schnelles Anpassen der Fütterung möglich.
  • Der schmale Futtertisch und die Nutzung von Altgebäuden spart Baukosten.


Wo sind die Tücken?

Die Erfahrungen in der Praxis zeigen, dass diese Annahmen realistisch sind, aber nicht automatisch eintreten. Wie groß die Effekte sind, hängt stark von der Betriebsleiterqualifikation ab.


Fütterungsroboter sind komplexe Anlagen, die Einarbeitungszeit und Betreuungsaufwand brauchen. Gegenüber einem Futtermischwagen steigt die Abhängigkeit von der Technik. Ein etwaiger Störfall sollte gerade in puncto Notstromversorung oder auch alternativer Futtervorlagemöglichkeiten bedacht werden.


Die Aufrechterhaltung der Futterhygiene ist gegenüber einem Futtermisch-wagen deutlich schwieriger zu erreichen. Man muss deshalb die Hygiene-risiken, die mit Schadnager-Problemen sowie Schmutz- und Staubbelastung verbunden sein können, in den Griff bekommen.


Zudem ist auf eine waagerechte Zuführung zu achten. Sonst wird der Mischbehälter nie vollständig entleert, was Nacherwärmungen nach sich zieht.


Eine große Herausforderung stellt für die Hersteller die flächendeckende Aufrechterhaltung eines „Rund um die Uhr“-Services bei Störungen dar, hier gibt es große Unterschiede zwischen den Anbietern.


Höherer Verschleiß:

Die größten Probleme in der Praxis finden sich in der Haltbarkeit der Anlagen. So führen zum Beispiel 15 Mischungen am Tag in relativ kleinen Mischbehältnissen zu einem deutlich höheren Verschleiß gegenüber dem normalen Praxiseinsatz von Futtermischwagen. Bei einzelnen Mischbehältern ist bereits nach drei Jahren Laufzeit eine Erneuerung der Mischbehälter und Schnecken fällig. In vielen Anlagen sind spätestens nach fünf Jahren umfangreiche Erhaltungs- oder Reparaturarbeiten im Mischer notwendig.


Das deutlich längere Verweilen der Maissilage im Vorratsbehälter erfordert eine hohe Säure- und Feuchtebeständigkeit des Materials. Die Lösungen der Anbieter sind in Qualität, Haltbarkeit und Preis sehr unterschiedlich und reichen von verzinktem Eisen, über Edelstahl und Holz bis hin zu Kunststoff.


In der Praxis finden sich zum Teil bereits nach drei Jahren großflächige Rostschäden, die die Störanfälligkeit der Anlagen stark erhöhen und unerwartet früh zu erheblichen Reparaturkosten führen. Die bisher verwendeten Abschreibungs-Sätze gingen zum Teil von einer Nutzungsdauer von über zehn Jahren aus. Hier besteht bei einzelnen Komponenten deutlicher Anpassungsbedarf.


Die Rostschäden können zu einer nicht zu unterschätzenden Fremdkörperproblematik für die Tiere durch Eisensplitter im Futter führen und die Gesundheit massiv beeinträchtigen und Vorsorgemaßnahmen mit Magneten notwendig machen.


Hier sind die Hersteller gefordert, ihre verwendeten Materialien an die höhere Beanspruchung anzupassen und die Erfahrungen aus der Biogasproduktion in ihre Materialauswahl einfließen zu lassen.


Ein besonderes Augenmerk muss auch auf den Unfallschutz und die Sicherheit von Kindern gelegt werden. Die Hersteller erfüllen die Auflagen der Berufsgenossenschaften unterschiedlich genau und wälzen das Unfallrisiko zum Teil auf den Anlagenbetreiber ab.


Hier ist eine gemeinsame Abnahme der Anlage vor dem Ersteinsatz durch Hersteller, Berufsgenossenschaft und Betreiber dringend geboten.


Was kostet ein Roboter?

Fütterungsroboter sind in den Investitionskosten vergleichbar mit Selbstfahr-Futter-mischwagen – vorausgesetzt, man bezieht die Futterküche nicht mit ein.


Die automatische Futtervorlage für die Endmast von 300 Tieren kostet ohne Baukosten für die Futterküche rund 150000 €. Zur Ausstattung gehören ein 3-m3-Mischbehälter mit Vertikalsystem, Butlerfunktion mit Lockfütterung, 115 m Laufschienen, Standsäulen mit Haltern, Stromschienen, drei Frischmixboxen, Steuerung, drei Kraftfuttersilos und zwei Mineralfutterdosierer inklusive Trichter, Trogschnecken sowie Montage.


Da Bullenmastrationen in der Regel weniger Komponenten als Milchvieh-rationen enthalten, verringert sich der Bedarf an Vorratsbehältern und damit die notwendigen Investitionskosten um bis zu 50000 € auf ungefähr 100000 €.


Für 300 Endmastbullen bewegen sich die Jahreskosten für den Fütterungsroboter einschließlich Abschreibung, Zinsansatz, Reparatur, Betriebskosten, Arbeitskosten und Schlepperkosten für die Fütterung in einem Bereich von 20000 bis 30000 € pro Jahr. Umgerechnet auf 120000 kg erzeugtes Schlachtgewicht pro Jahr fallen damit Kosten für die Fütterung von 15 bis 30 Cent pro kg Schlachtgewicht an.


Wie viel Zeit spart der Robi?

Welche Zeiteinsparung steht diesen Kosten gegenüber? Sie ist abhängig von der Zahl der zu versorgenden Tiere und den Fütterungsgruppen, deren Entfernung voneinander, der Zahl der Futterkom-ponenten (Grob-, Saft-, Kraft- und Mineralfutter), der Grobfutterentnahme-technik (z.B. Blockschneider, Schneid- oder Greifschaufel) und von der Entfernung der Grobfuttersilos zur Futterküche.


Die Erhebung der Zeiteinsparung in einem süddeutschen Praxisbetrieb mit 120 Endmastplätzen durch Mitarbeiter der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft brachte folgendes Ergebnis: Die Umstellung vom Futter-mischwagen auf den Fütterungsroboter senkte bei täglich einmaliger Vorlage mit dem Futtermischwagen die Arbeitszeit für die Fütterung von 6,2 Akh pro Mastplatz und Jahr auf 2,2 Akh pro Mastplatz bei täglich drei Vorlagen sowie zwei Nachschiebefahrten. Das entspricht einer Reduzierung der Arbeitszeit um 4 Akh pro Platz bzw. um 480 Akh pro Jahr.


Solch extreme Einsparungen pro Tier dürften aber die Ausnahme sein. Gut organisierte Betriebe mit 200 bis 300 Bullen, die drei Futterrationen vorlegen, brauchen zum Entnehmen, Mischen und Vorlegen des Futters etwa 1,5 Akh pro Tag, Roboterbetriebe nur etwa 0,5 Akh/Tag. Somit beträgt die Einsparung 1,0 Akh/Tag bzw. 350 bis 400 Akh/Jahr.


Hinzu kommt das Senken der Energiekosten. Unser Praxisbetrieb benötigte vor der Umstellung auf die Roboterfütterung 12 l Diesel pro Tag, heute 2 l plus ca. 900 € für Strom pro Jahr. Das ergibt unter dem Strich bei einem Dieselpreis von 1 €/l eine Einsparung der Energiekosten von 2750 € pro Jahr (3650 Liter x 1 €/l - 900 €). 


Wie rechnet sich der Roboter?

Wie sich der Fütterungsroboter auf die Wirtschaftlichkeit auswirken kann, zeigen die Berechnungen aus einem Praxisbetrieb mit Neubau. In dem Stall für 260 Mastbullen befinden sich eine Futterküche mit Vorratsboxen für Maissilage, Zuckerrübenschnitzel und Stroh sowie Silos für Getreide, Eiweißfuttermittel und Mineralfutter.


Die Silage-Vorratsbox wird täglich, die Strohbox wöchentlich befüllt. Der Fütterungsroboter kann aufgrund einer HIT-Datenbankanbindung täglich für jede der vier Altersgruppen eine individuelle Mischung berechnen und das frische Futter viermal täglich ab 7.30 Uhr, 13.00 Uhr, 16.00 Uhr und um 21.00 Uhr vorlegen. Jeweils zwischen den Fütterungen schiebt er das Futter nach und dosiert automatisch Kraftfutter als Lockfutter.


Für das Füttern braucht der Betrieb 0,5 Akh pro Tag für die 260 Tiere. Das bringt eine geschätzte Zeiteinsparung von 1,0 Akh. Bei einer Entlohnung von 20 € pro Arbeitsstunde entspricht das jährlich 7300 € Einsparung an Arbeitskosten.


Die täglichen Zunahmen der Fleckviehbullen liegen in diesem Betrieb bei sehr hohen 1500 g pro Tag. Gleichzeitig machen die Tiere einen sehr entspannten und ruhigen Eindruck, weil sie auch bei einem Tier-Fressplatz-Verhältnis von 1,6 : 1 fressen können, wann sie wollen. Der ökonomische Effekt der höheren Leistung lässt sich auf ca. 20 € pro Mastbulle beziffern. Bei 260 Tieren entspricht das 5200 € pro Jahr.


Durch die Technisierung kann die „Kompromiss“-Mischung durch eine Phasenfütterung ersetzt werden. Gegenüber dem in der Praxis häufig zu findenden Vorhalten in der Proteinversorgung der Ration und einem geringeren Luxuskonsum ergibt sich eine Einsparung von Futterkosten von weiteren 20 € pro Bulle bzw. 5200 € pro Jahr.


Ohne Betrachtung der Energiekosten und den zu erwartenden geringeren Tierverlusten liegt das Einsparpotential des Fütterungsroboters bei knapp18000 € im Jahr und ist damit gegenüber einer vergleichbaren Futter-mischwagen-Variante wirtschaftlich darstellbar.

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