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Die Rasse muss zum Betrieb passen

Lesezeit: 6 Minuten

Bullenmast


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Fleckvieh, Braunvieh oder Schwarzbunt? Diese Frage ist zweitrangig. Wichtig ist: Passt die Rasse zum Betrieb und zu den Standortbedingungen?


Nichts wird unter Bullenhaltern so heiß diskutiert wie die Rassenfrage. Nur in Ausnahmefällen wird sich ein gestandener Fleckviehmäster einen „schwarzbunten Hungerhaken“ in den Stall holen, während sich ein erfahrener Holsteinbetrieb scheut, 600 € und mehr für einen Fleckvieh-Fresser auszugeben.


Beide können mit ihrer Entscheidung richtigliegen. Das zeigen die Auswertungen der Landwirtschaftskammer NRW, die auf den Daten von mehr als 40 000 Tieren aus mehreren Bundesländern basieren.


Gleicht der Zukaufspreis die Unterschiede aus?


Die wirtschaftlichen Ergebnisse der drei großen Rassen von 2007 bis heute liegen unterm Strich tatsächlich nah beieinander (Übersicht 1). So erzielten Fleckvieh und Braunvieh in den letzten drei Jahren eine nahezu gleiche direktkostenfreie Leistung pro Platz.


Fleckviehbullen überzeugten zwar durch bessere Tageszunahmen (1 170 gegenüber 1 052 g/Tag bei Braunvieh), ein höheres Schlachtgewicht (418 kg gegenüber 391) und fast 13 Ct/kg Vorsprung bei der Schlachtnotierung. Sie kosteten aber auch gut 200 € mehr im Kälbereinkauf. Damit waren die höheren Erlöse wieder dahin. Unterm Strich betrug bei beiden Rassen die direktkostenfreie Leistung gut 220 € pro Tier bzw. rund 60 Ct/Tag.


Die Schwarzbunten fielen dagegen mit knapp 185 € direktkostenfreier Leistung je Platz rund 40 € ab. Dies lag zum einen am Kälberpreis. Er wird im Gegensatz zu den übrigen Rassen von der Kälbermast mitbestimmt. Zum andern schlägt sich in den Zahlen nieder, dass die meisten Schwarzbunten in Milchviehbetrieben stehen. Dort liegt das Hauptaugenmerk in der Regel bei den Kühen. Die Bullen laufen oft nur mit.


„Vergleicht man die Ergebnisse spezialisierter HF-Bullenmäster, sind diese keineswegs schlechter“, berichtet Bullenmastberater Klaus Neve aus Schleswig-Holstein: „Egal ob sie ab Kalb oder erst ab Fresser mit der Mast beginnen.“


80 % Unterschied zwischen den Betrieben


Wesentlich größer als die Schwankungen zwischen den Rassen sind die Unterschiede zwischen den Betrieben. Zwischen dem unteren und oberen Drittel der Betriebe liegen gut 80 % Unterschied bei den direktkostenfreien Leistungen. Allein bei Fleckvieh beträgt die Differenz fast 130 €/Platz (Übersicht 2). Ein gutes Auge beim Kälbereinkauf, das richtige Gespür für Tierbehandlung und Rationsgestaltung sowie eine optimierte Vermarktungsstrategie wiegen schwerer als die Farbe der Tiere im Stall.


Ist die Rassenfrage also überbewertet? Nicht unbedingt: Entscheidend für den Erfolg der Bullenmast ist, dass die Rasse auf die betriebliche Situation, die Neigung des Betriebsleiters und die Vermarktungsmöglichkeiten abgestimmt ist. Dabei sind insbesondere vier Punkte von Bedeutung:


Qualität der Zukaufstiere


„An erster Stelle entscheidet die Qualität der eingestallten Tiere über Erfolg oder Misserfolg der Mast“, sagt Bullenmastberater Alfons Tempelmann: „Ist es möglich, große Gruppen hochwertiger Tiere im Umfeld zu beziehen, ist dies ein klarer Wettbewerbsvorteil.“ Dies belegt die regionale Verbreitung der Mastrassen. Sie verläuft analog zu den Kuhbeständen: Im Norden stehen eher die Schwarzbunten. Im Süden dominiert Fleckvieh.


Auch gewachsene Handelsbeziehungen fördern die regionale Dominanz einzelner Rassen. So erfreuen sich Fleckviehbullen etwa im Münsterland und anderen norddeutschen Veredlungsregionen steigender Beliebtheit. Die Mast von Braunvieh ist vor allem in Niedersachsen stark vertreten.


Spezialberater Neve aus Schleswig-Holstein sieht bei seinen Ringbetrieben einen Trend zur Mast von großrahmigen Absetzern aus der Mutterkuhhaltung (Charolais, Limosin und deren Kreuzungen): „Diese Tiere erreichten bei uns zuletzt die besten Ergebnisse“, so der Mastberater, „sie sind aber nur im Herbst verfügbar.“


Betriebsleiter- Händchen


Auch die Neigung des Betriebsleiters ist wichtig. Berater stellen immer wieder fest, dass einzelne Betriebe gut mit einer Rasse zu Recht kommen, mit einer anderen dagegen grandios scheitern. „Ein guter Mäster braucht ein geschultes Auge, sowohl im Ein- als auch im Verkauf“, sagt Mastberater Lambert Grosse vom VzF Uelzen: „Die Skalierung dafür ist aber bei jeder Rasse anders.“ Christian de Joung, Rinderexperte beim Beratungsring Osnabrück in Niedersachsen rät vor diesem Hintergrund, sich ganz auf eine Rasse zu spezialisieren. De Joung: „Im Schnitt der Jahre hatten die Gemischtwarenläden in den Auswertungen immer das Nachsehen.“


Clemens Stadler, Mastberater aus Baden-Württemberg, hält das Gespür für die Rasse besonders in Betrieben mit Mast ab Kalb für den wichtigsten Erfolgsfaktor. „Entscheidend für erfolgreiche Bullenmast sind niedrige Tierverluste bei hohen Tageszunahmen“, sagt Stadler, „das geht nur wenn im Management alles stimmt. Der eine kommt mit Schwarzbunten besser zurecht als mit Fleckvieh oder Braunvieh und umgekehrt.“


Rinderberater de Joung aus Nieder­sachsen stellt fest, dass besonders Braunviehtiere schwer zu händeln sind. „Die spezialisierten Braunviehmäster erzielen bei uns die höchste direktkostenfreie Leistung pro Platz“, so de Joung. „Die Ergebnisse zwischen den Betrieben schwanken aber enorm.“


Die Futtergrundlage


Auch die Futtergrundlage hat Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit einer Rasse. „Vor allem Fleckvieh braucht einen hohen Energiegehalt in der Ration, um die hohen Tageszunahmen zu erreichen“, sagt Alfons Tempelmann: „Dies zu gewährleisten ist bei einem hohen Grünlandanteil schwer.“ Clemens Stadler aus Baden-Württemberg sieht dies ähnlich. Er empfiehlt grünlandstarken Betrieben tendenziell die Mast von Milchrassen. Stadler: „Dort können die oft niedrigeren Pachtpreise für absolutes Grünland sogar ein echter Wettbewerbsvorteil sein.“


Absatz-chancen


Nicht zuletzt die regionalen Vermarktungsmöglichkeiten prägen die Wahl der Rasse. Dies beweist vor allem das Braunvieh. Die Tiere aus dem Allgäu lassen sich im Norden i.d.R. besser vermarkten, wo sie an den Schlachthöfen neben HF-Tieren hängen. „Neben den schlanken Schwarzbunten sehen die Braunen gleich viel fleischiger aus“, sagt Lambert Grosse vom VzF und ergänzt: „Mit denen bräuchten wir in Bayern nicht am Schlachthof ankommen.“ Auch seine Kollegen halten die Vermarktung für eine entscheidende Stellschraube. Sie sehen in den Qualitätsfleischprogrammen der großen Vermarkter (siehe Beitrag Seite 32) neue Perspektiven für spezialisierte Bullenhalter.


Wir halten fest


Die wirtschaftlichen Ergebnisse der drei großen Rassen sind im Durchschnitt fast gleich, die Unterschiede zwischen den Betrieben dagegen gewaltig. Berater sind sich deshalb einig: Die Farbe der Bullen sagt nichts über die Rentabilität, sondern muss zum Betrieb passen.


Wer mit einer Rasse gut fährt, sollte sich auf diese spezialisieren und die Mast weiter optimieren. Wie Praktiker ihre Betriebe dabei strategisch ausrichten, lesen Sie ab der nächsten Seite. -mst-

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