Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Sonstiges

Stilllegung 2024 Agrardiesel-Debatte Bürokratieabbau

topplus Aus dem Heft

Direktzahlungen: Wo die Kappung durchschlägt

Lesezeit: 7 Minuten

Die Verhandlungen über die künftige Agrarpolitik sind noch lange nicht abgeschlossen. Dennoch zeichnet sich bereits jetzt ab: Künftig wird es eine Obergrenze für die Flächenprämien geben. Diese dürfte vor allem Betriebe mit 500 ha und mehr treffen.


Das Wichtigste aus Agrarwirtschaft und -politik montags und donnerstags per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Die Debatte um die künftige EU-Agrarpolitik wird vor allem von dem Gezerre um die Eco-Schemes bestimmt. Im Windschatten geht dabei eines völlig unter: Die Deckelung der Direktzahlungen. Insbesondere größere Ackerbaubetriebe bekämen diese zu spüren.


Ab welcher Höhe Betriebe mit Einbußen bei den Direktzahlungen rechnen müssen, steht zwar noch nicht fest, da weder die Höhe der Prämie/ha, noch Details zu Eco-Schemes bekannt sind. Allerdings liegen für den Trilog, den Verhandlungen zwischen dem Rat der Agrarminister („Rat“), der Kommission und dem Parlament, drei Entwürfe auf dem Tisch. Aus diesen lassen sich bereits einige Rückschlüsse ableiten. Wir haben uns die Vorschläge angesehen und beispielhaft kalkuliert, wie sich diese auf Ihr Konto auswirken könnten. Wir sind von folgenden Annahmen für einen Beispielbetrieb ausgegangen:


  • Betriebsgröße: 1000 ha
  • Personalkosten: 90000 €/Jahr
  • Direktzahlungen: 200 €/ha
  • Eco-Schemes: 30 €/ha
  • Regelungen für Degression und Kappung in Deutschland entsprechen den Kommissionsvorschlägen.


Der Kommissionsvorschlag


Die EU-Kommission will eine Kürzung der Prämie unter Anrechnung von Lohnkosten ab 60000 €/Betrieb und Jahr. Wem theoretisch 60000 bis 75000 €/Jahr an Direktzahlungen zustehen würden, dem werden die Beträge oberhalb der 60000-€-Grenze und unterhalb der 75000-€-Grenze um 25% gekürzt. Beispiel: Ein Landwirt, dem bisher 65000 € zustehen, bekäme dann nur noch 63750 €. Zwischen 75000 € und 90000 € reduziert sich der Betrag um mind. 50%. Also bekäme ein Betrieb, dem vorher 85000 € zustanden, nur noch 80000 €. Beträge zwischen 90000 € und 100000 € will die EU-Kommission um 75% kürzen. Ab 100000 € soll es keine weiteren Gelder mehr geben. Wichtig: Es handelt sich um bereinigte Beträge. Die Kommission versteht darunter die flächenbasierten Direktzahlungen plus die Gelder für besondere ökologische Leistungen (Eco-Schemes) minus Lohnkosten.


Im Rechenbeispiel (Übersicht 1) wären das für einen Betrieb mit 1000 ha etwa 200000 € Basisprämie (200 €/ha) plus 30000 € für die etwaigen Eco-Schemes (30 €/ha). Hiervon abgezogen werden die Lohnkosten, die in unserem Beispiel 90000 € ausmachen. Auch nicht ausgezahlte Gehälter für mitarbeitende Familienangehörige zählen dazu. Eine gesonderte Grenze für Konzerne, mehrere Betriebe mit ein und demselben Inhaber, enthält der Vorschlag der Kommission nicht. In unserem Beispiel stünden dem Betriebsleiter damit 140000 € zu. 40000 € würden der Kappung zum Opfer fallen und weitere 18750 € der stufenweisen Degression. Der Landwirt bekäme dem Kommissionsvorschlag zufolge und unter Berücksichtigung unserer Annahmen dann noch 171250 €. Zum Vergleich: Derzeit würde der Beispielbetrieb pro Jahr 267000 € bekommen – knapp 100000 € mehr.


Der Parlamentsvorschlag


Der Entwurf des Europäischen Parlaments baut auf dem der Kommission auf, enthält jedoch einige Änderungen. Zunächst können Mitgliedsstaaten selbst wählen, ob sie eine Kappungsgrenze einführen wollen. Falls sie diese Option wählen, muss die Grenze, wie bei der Kommission, bei 100000 € liegen. Im Fallbeispiel führt Deutschland auch hier die Kappung ein. Die vorherigen Degressionsgrenzen sind identisch mit denen der Kommission. Jedoch werden die Lohnkosten nur zu 50% berücksichtigt. In unserem Beispiel könnte der Landwirt somit nur noch 45000 € anstatt 90000 € ansetzen. Das Parlament veranschlagt hierfür Durchschnittssätze und nicht die tatsächlichen Kosten. Das hat Vor- und Nachteile. Das Antragsverfahren wäre um einiges einfacher und Tricksereien mit Arbeitskosten wäre ein Riegel vorgeschoben. Aus Datenschutzsicht wäre diese Variante ebenfalls vorzuziehen. Jedoch hätten Betriebe mit niedrigen Löhnen einen zusätzlichen Wettbewerbsvorteil. Zu einem geringeren Auf-wand durch Billiglöhne gesellten sich dann auch noch im Vergleich höhere Beihilfen.


Auf der anderen Seite legt das Parlament Prämien für die Eco-Schemes zu Gunsten der Empfänger aus und lässt sie damit bei der Degression außen vor. Die 30000 € Prämien für Eco-Schemes in unserem Beispielbetrieb fallen also raus. Damit käme der Landwirt auf eine Berechnungsgrundlage von 155000 €. 55000 € würden davon gekappt. Hinzu kommen 18750 € an Abzügen durch die Degression. Nach den Plänen des Parlaments bekäme der Landwirt also noch ungefähr 156250 € (Übersicht 1). ▶


Der Ratsvorschlag


Der EU-Rat will den Mitgliedsstaaten noch mehr Freiheit einräumen. Auch hier dürfen diese entscheiden, ob es überhaupt eine Kappung geben soll. Falls Sie sich dafür entscheiden, darf die maximale Höhe der Direktzahlungen aber auch über 100000 € liegen. Im Fall einer Kappung muss die Degression wieder bei 60000 € beginnen, kann aber zunächst niedriger ausfallen. Bei einem bereinigten Betrag zwischen 75000 € und 90000 € sieht der Rat eine Kürzung von bis zu 50% vor und bei Beträgen oberhalb von 90000 € kann eine Kürzung von bis zu 85% erfolgen. Alternativ können Mitgliedsstaaten auch eine einheitliche Kürzung ab 80000 € vornehmen. Die Berechnungsgrundlage bietet von allen Vorschlägen den meisten Spielraum für Empfänger. So sollen Einkünfte aus den Eco-Schemes nicht berücksichtigt werden und die tatsächlichen Personalkosten sind voll absetzbar. In unserem Beispiel könnte der Landwirt also seine vollen Lohnkosten von 90000 € sowie die 30000 € Eco-Schemes-Prämie abziehen. In Summe sind das 110000 € für die Berechnung. Damit werden nur 10000 € komplett gekürzt und weitere 18750 € durch die Degression. Der Landwirt erhielte ca. 200000 € (Übersicht 1).


Das gilt für Konzerne


Rat und Parlament sehen Sonderregeln für Landwirte vor, die ihren Betrieb geteilt haben, sogenannte Konzerne (Übersicht 2). Der Vorschlag des Parlaments: Hat ein Landwirt mehrere Betriebe, wie in unserem Fall sieben, soll dieser maximal 500000 € erhalten. Dadurch müsste der Inhaber große Einbußen hinnehmen, denn ohne Sonderweg bekäme der Konzern knapp 1,1 Mio €. Den Ratsvorschlägen zufolge können Mitgliedstaaten wählen, ob die Berechnung betriebsspezifisch oder gesellschaftsspezifisch erfolgen soll. In unserem Beispiel käme der Landwirt als Gesellschafter noch auf rund 920000 €. Ohne Konzernsonderregeln wären es gut 1,4 Mio. €. Nach den Ideen der Kommission würde sich für Betriebe in Zusammenschlüssen nichts ändern.


Keine Schnellschüsse


Wie man sieht, hängt vieles davon ab, wie die Mitgliedstaaten den erwarteten Kompromiss im Detail umsetzen. Dennoch zeigt sich, dass insbesondere Betriebe mit mehr als 500 ha mit erheblichen Konsequenzen rechnen müssen, da Sie momentan über 100000 € an Flächenprämie erhalten. Bei Betrieben bis zu 300 ha Bewirtschaftungsfläche hingegen sind die Unterschiede eher zu vernachlässigen, weil sie voraussichtlich unter der Degressionsgrenze liegen. In allen Fällen gilt: Bloß nicht voreilig handeln. Die Entwürfe enthalten Anti-Umgehungsklauseln. Das heißt: Betriebe dürfen sich nicht umstrukturieren, wenn allein die Zahlungsansprüche der Grund sind. Ein Aufteilen eines 900-ha-Ackerbaubetriebes in drei Teile ist daher aller Wahrscheinlichkeit nach nicht gestattet. Es muss einen anderen Anlass dafür geben. Das Herauslösen von ökologischen Betrieben aus einer größeren Einheit dürfte zum Beispiel nicht sanktioniert werden.


Für Umstrukturierungen aus familiären Gründen sollte ein tragfähiges Betriebskonzept vorliegen, um dem Anschein der bloßen Prämienoptimierung entgegenzutreten. Letztlich hängt hier aber vieles vom Einzelfall ab. Abzusehen ist zumindest, dass die Personalkosten sehr wichtig werden. Wenn Betriebe diese umverteilen können, um so die 100000-€-Grenze zu umgehen, im Idealfall die Berechnungsgrundlage sogar auf unter 60000 € zu senken, blieben ihnen starke Kürzungen erspart. Dies betrifft insbesondere Landwirte, bei denen zum Beispiel die Viehhaltung vom Ackerbau entkoppelt wurde. Hier könnten die Lohnkosten besser auf die verschiedenen Betriebszweige verteilt werden.


frederic.storkamp@topagrar.com


Unser Autor


Dr. Thomas Hänsch, Rechtsanwalt Geiersberger Glas & Partner mbB, Rostock

Die Redaktion empfiehlt

top + top informiert ins Frühjahr

3 Monate top agrar Digital + gratis Wintermützen-Set + Gewinnchance für 19,80 €

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.