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Eco-Schemes: So könnten sie aussehen

Lesezeit: 8 Minuten

Brüssel will künftig mit den Eco-Schemes freiwillige Umweltmaßnahmen in der ersten Säule einführen. Hier ein konkreter Vorschlag zur Ausgestaltung in Deutschland.


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Eco-Schemes sollen die künftige EU-Agrarpolitik (GAP) grüner machen. Gemeint sind einjährige Umweltmaßnahmen, für die Landwirte neben der Basisprämie künftig Zahlungen aus der ersten Säule erhalten (siehe top agrar 7/2019, S. 34). Die Landwirte dürfen freiwillig teilnehmen, die EU-Mitgliedsländer müssen sie hingegen zwingend anbieten. Da sie in der ersten Säule verankert werden, wird jeder Landwirt in Deutschland bundesweit die gleiche Auswahl an Maßnahmen haben. Bisher sieht die EU noch keinen Mindestanteil der Eco-Schemes an den Erste-Säule-Zahlungen vor, diskutiert aber über 20 oder 30%. Neben freiwilligen Eco-Schemes müssen Landwirte künftig zum Erhalt der Basisprämie die Anforderungen der Konditionalität erfüllen. So sollen Cross Compliance- und Greening dann heißen.


Die EU-Kommission brachte die Eco-Schemes 2018 ins Gespräch. Seitdem laufen die Köpfe heiß, wie diese in Deutschland aussehen könnten. Denn welche umwelt- und klimafreundlichen Maßnahmen im Rahmen der Eco-Schemes ein Mitgliedsland fördert, bleibt ihm überlassen. Zurzeit sind die Verhandlungen zur künftigen GAP noch in vollem Gange. Ob sie im Laufe des Jahres abgeschlossen werden, ist noch unklar. Erst danach genehmigt die Kommission die Strategiepläne der Länder, in denen sie aufzeigen, wie sie die Eco-Schemes umsetzen wollen. Starten kann die neue GAP voraussichtlich frühestens 2023. Auf der Agrarministerkonferenz Anfang Mai stellte eine Bund-Länder-Gruppe erste Überlegungen zu Eco-Schemes vor (siehe S. 41).


Viel Leistung, viel Prämie


Ein ausgestaltetes Konzept mit konkreten Vorschlägen legte der Deutsche Verband für Landschaftspflege e.V. (DVL) vor. Das Prinzip: Wer viel für Umwelt- und Klimaschutz tut, bekommt auch viele Direktzahlungen.


Hierzu hat der DVL verschiedene Maßnahmen entwickelt, zwischen denen Landwirte wählen könnten. Das Neue: Die Zahlung richtet sich nicht nach Kosten und Aufwand, sondern nach ökologischem Mehrwert. Je mehr eine Maßnahme für Biodiversität, Gewässer- oder Klimaschutz bringt, desto höher wird sie vergütet.


Jede Maßnahme bringt Punkte. Für vier und mehr Maßnahmen gibt es zusätzlich Bonuspunkte für Maßnahmenvielfalt. Alle Punkte werden mit einem Preis multipliziert. Das ergibt die „Gemeinwohlprämie“, die ein Betrieb für die „Produktion“ von Umwelt- und Klimaschutzleistungen, also für seine Gemeinwohlleistungen erhält.


Neunzehn Maßnahmen


Zur Wahl stehen 19 Maßnahmen: sieben auf Acker-, sieben auf Grünland, drei in Sonderkulturen und zwei für die Übererfüllung der gesetzlichen Anforderungen im Bereich der Nährstoffbilanzen (siehe Übers. 1). Die Anlage von Blühflächen oder -streifen auf Ackerland ist z.B. ökologisch höherwertiger als der Anbau von Leguminosen. Dementsprechend gibt es für die Blühflächen/-streifen zehn Punkte je Hektar, für die Leguminosen nur zwei.


Bei vier Maßnahmen im vorgeschriebenen Mindestumfang (siehe rechte Spalte, Übersicht 1) kommen nochmals 10% der Gesamtpunktzahl obendrauf. Für fünf Maßnahmen beträgt der Bonus 11%, für sechs 12% und so weiter. Das macht es finanziell interessant, sich für möglichst viele Maßnahmen in eher geringem Umfang zu entscheiden. Denn das ist zur Förderung der Biodiversität besser, als wenn Betriebe eine Maßnahme auf viel Fläche durchführen.


Hohe Flexibilität


Die Grundförderung für Ökobetriebe ist in der Gemeinwohlprämie enthalten: Ökobetriebe wählen einfach „Verzicht auf chemischen Pflanzenschutz und Mineraldünger“ auf der gesamten Betriebsfläche. Wer aber nur auf einem Teil seiner Fläche ohne Pflanzenschutz und Mineraldünger wirtschaften möchte, der kann auch das tun. So könnten Landwirte die ökologische Bewirtschaftung auf einer Teilfläche des Betriebes „ausprobieren“, ohne gleich den ganzen Betrieb umzustellen.


Flexibel bleiben Landwirte auch bei allen anderen Maßnahmen. Denn für fast alle gilt: Betriebsleiter verpflichten sich nur für ein Jahr. Die Maßnahmen sind beim Hauptantrag mit Stichtag 15. Mai jedes Jahr neu zu beantragen. Das ist vielleicht nicht immer gut für die Umwelt, schafft aber unternehmerische Flexibilität. Wenn sich etwa abzeichnet, dass die Getreidepreise einen Höhenflug hinlegen, können Landwirte wieder mit Vollgas Weizen produzieren statt dort z.B. auf Pflanzenschutz und Mineraldünger zu verzichten.


Beim Verzicht auf chemischen Pflanzenschutz und Mineraldünger im Grünland, in Sonderkulturen sowie beim zusätzlichen Verzicht auf organische Düngung im Grünland müssen sich die Landwirte für zwei statt für ein Jahr verpflichten, da sich die Umweltwirkung erst dann entfaltet (s. Übers. 1).


Erhaltung wird belohnt


Unternehmerische Flexibilität ist das eine. Wirtschaftlich interessant ist die Gemeinwohlprämie aber auch, weil sie Vorhandenes honoriert. Wer z.B. Schläge unter 10ha bewirtschaftet, bekommt Punkte. Genauso, wer ohnehin Sommergetreide oder Körnerleguminosen anbaut. Zwar entstehen Mitnahmeeffekte, da die Maßnahmen ohnehin durchgeführt würden. Aber so gelingt es, den umweltfreundlichen Status quo abzusichern und z.B. zu verhindern, dass Landwirte Schläge zusammenlegen, die Weidehaltung aufgeben oder, wo zulässig, Grünland umbrechen.


Der DVL schlägt vor, jeden Punkt mit 50 € zu vergüten. Dazu ein Beispiel: Landwirt Peter Hansen aus Schleswig-Holstein nutzt seine eher schlechten Flächen, um auf 15ha von Winterraps auf Ackerbohnen umzustellen. Dafür bekommt er zwei Punkte, sprich 100 €/ha und damit insgesamt 1500 €.


Das lässt sich gut kombinieren mit der Maßnahme „Unbearbeiteter Stoppelacker“, indem Hansen die Getreidestoppeln der Vorfrucht über Winter stehen lässt. Das bringt ihm nochmals 100 €/ha. Durch die Ackerbohnen verringert sich sein Deckungsbeitrag um 22 €/ha, also insgesamt 330 €. An Kosten muss er zudem rund 50 €/ha, also insgesamt 750 € an variablen Maschinenkosten für die zusätzliche Bodenbearbeitung oder den zusätzlichen Herbizideinsatz im Frühjahr einkalkulieren. Auf 15ha Ackerfläche sammelt er so 3000 € Prämie und erzielt einen Gewinn durch seine „Gemeinwohlleistungen“ von 1950 €.


Vielfalt wird belohnt


Besonders interessant wird es, wenn Betriebe vier oder mehr Maßnahmen umsetzen und sich damit den Bonus für hohe Maßnahmenvielfalt sichern. Auch hierzu ein Beispiel: Silke Petersen bewirtschaftet in Schleswig-Holstein 210ha konventionell, davon 130ha Acker und 80ha Dauergrünland. Sie hält darauf 80 Mutterkühe. Der Betrieb erfüllt so bereits die Bedingungen für vier Maßnahmen: „Kleinteilige Ackerbewirtschaftung“ (AL1), „Kleinteilige Grünlandbewirtschaftung“ (GL1), „Dauergrünland“ (GL2) und „Weide“(GL3) und zwar mit einem jeweiligen Flächenanteil, dass der Landwirtin zusätzlich der Bonus für Maßnahmenvielfalt von 10% zusteht. Diese Prämien sind voll einkommenswirksam, da keine Anpassungskosten entstehen.


15000 € Gewinn


Zusätzlich entscheidet sich Silke Petersen, 2,6ha Acker stillzulegen (AL6), auf 8ha Grünland Saum- und Altgrasstreifen anzulegen (GL4) und auf 4ha Grünland weder Pflanzenschutz noch Mineraldünger aufzubringen (GL5, s. Übersicht 2). So erzielt sie zusätzlich 55,2 Punkte sowie 13% statt 10% Zusatzbonus. Kosten entstehen dem Betrieb vor allem durch entgangenen Deckungsbeitrag und Ersatzfutterbeschaffung: Die Kosten der Brache betragen 230 €/ha. Sie entsprechen dem entgangenen Fruchtfolgedeckungsbeitrag auf den schlechtesten 10% der Ackerfläche plus Arbeits- und Maschinenkosten für das Mulchen des Aufwuchses. Die Kosten für den Verzicht auf Pflanzenschutzmittel und Düngung auf Grünland schätzt die Betriebsleiterin auf 120 €/ha. Dabei geht sie davon aus, dass sie den Ertragsrückgang durch Ersatzfutterkauf ausgleichen muss. Da sie weiter mit Gülle düngen wird, erwartet sie verhältnismäßig geringe Ertragsrückgänge und somit mit 120 €/ha relativ niedrige Kosten. Für Ersatzfutterkäufe aufgrund von Altgras- und Saumstreifen rechnet Petersen mit Kosten von 64 €/ha. Die Kosten könnten noch fallen, wenn Petersen die Streifen auf den gleichen Flächen stehen lässt, auf denen sie auch auf Pflanzenschutz und Mineraldünger verzichtet (s. Übersicht 3).


Den Prämienzahlungen von knapp 16680 € stehen demnach 1590 € Kosten entgegen. Der „Gewinn“ aus Gemeinwohlleistungen beträgt somit knapp 15090 €. Dabei zeigt sich, dass selbst für sich genommen unwirtschaftliche Maßnahmen wie Saum- und Altgrasstreifen mit Kosten von 512 € und einer Prämienzahlung von „nur“ 400 € sinnvoll sein können, wenn sich dadurch der Bonus für Maßnahmenvielfalt erhöht. So erzielt der Betrieb ohne die Maßnahme rund 100 € weniger Gewinn, trotz der relativ hohen Kosten im Vergleich zur Prämie.


Kein „Almosenempfänger“


Bei 50 € pro Punkt erzielt der Beispielbetrieb Petersen somit eine Betriebszahlung aus der Gemeinwohlprämie von knapp 16700 €. Das sind rund 80 €/ha Betriebsfläche. Für diese Zahlung erbringt der Betrieb Umweltleistungen, die nachprüfbar und durch das Punktesystem der Gemeinwohlprämie gut nachvollziehbar sind.


Neben der Prämie aus Eco-Schemes werden Landwirte auch künftig Basisprämie erhalten. Diese wird allerdings geringer ausfallen. Denn Basisprämie und Eco-Schemes kommen aus demselben EU-Finanztopf. Finanziell gut ausgestattete Eco-Schemes führen daher zwangsläufig zu Kürzungen bei der Basisprämie. Das bietet Landwirten aber auch die Chance, weg vom in der Gesellschaft verbreiteten Image der Bauern als Almosenempfänger zu kommen und stattdessen als Produzent von Lebensmitteln und Gemeinwohlleistungen aufzutreten. Nach Brexit und Corona-Hilfspaketen wird zudem der EU-Haushalt, der für GAP-Zahlungen zur Verfügung steht, wahrscheinlich geringer ausfallen. Zahlungen an Landwirte werden somit immer schwieriger zu erstreiten sein. Je nachvollziehbarer und nachprüfbarer die Gegenleistung für Zahlungen dabei ist, desto besser lassen diese sich rechtfertigen.


johanna.garbert@topagrar.com

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