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das Aktuelle Interview

„Es kann jederzeit das nächste extreme Wetter geben!“

Lesezeit: 4 Minuten

Das erste Halbjahr 2016 war zu warm und zu nass. Regional gab es heftige Hagelschläge, Starkregen und Überflutungen. Das könnte sich in Zukunft häufen. Der Klimawandel ist da, meint der Meteorologe Dr. Meeno Schrader.


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In den vergangenen Wochen hat es heftige Unwetter gegeben, die kleinräumig zu extremen Überschwemmungen geführt haben. Was waren die Ursachen?


Schrader: Zum einen hatte sich ein Tiefdruckgebiet über Deutschland festgesetzt. Das hat zu einer hohen Instabilität in der Atmosphäre geführt. Zum anderen sickerte zeitgleich feuchtwarme Luft aus dem Südwesten ein und blieb über Deutschland liegen. Beides zusammen führte zu außerordentlich intensiven Gewitterclustern. Da diese Gewitterzellen beinahe „standen“, verteilte sich der Regen nicht, sondern fiel innerhalb einer kleinen Region. Das führte zu lokal extrem hohen Regenmengen mit Überflutungen.


Inwieweit weichen diese Ereignisse vom langjährigen Mittel ab?


Schrader: Regenmengen wie es sie Ende Mai bei den schweren Überschwemmungen in Baden-Württemberg und Bayern gab, fallen komplett aus der Statistik. Was dort in 24 Stunden an Regen fiel, entspricht der Regenmenge von zwei bis drei Monaten! Aber auch kleinere Gewitterzellen haben 20 bis 30 Liter pro Quadratmeter gebracht. Das sind an vielen Orten in Deutschland bereits 30 bis 50% der im langjährigen Mittel üblichen Niederschlagsmengen eines ganzen Monats.


Ist das noch normales Wetter oder sind das schon Vorboten des Klimawandels?


Schrader: Naturwissenschaftlich betrachtet handelt es sich um Einzelereignisse. Ich bin mir allerdings sicher, dass diese Wetterextreme im direkten Zusammenhang mit dem Klimawandel stehen. Dazu hat es in den vergangenen 10 bis 15 Jahren schon zu viele dieser bis dahin nicht gekannten sog. „Jahrhundertereignisse“ gegeben.


Wie fällt die Niederschlag- und Temperaturbilanz für 2016 bislang aus?


Schrader: Das erste Halbjahr war deutschlandweit im Schnitt um 1,5 Grad zu warm. Das passt in den Trend, den wir seit Jahren beobachten. Die Erwärmung fällt in Deutschland im globalen Vergleich höher aus als anderswo.


Hinzu kommt, dass die ersten sechs Monate 16 % nasser waren als im langjährigen Mittel (1961 bis 1990). Das sind natürlich Mittelwerte. Kleinräumig fällt die Bilanz sehr unterschiedlich aus. Gerade beim Regen gibt es extreme Ausschläge nach „viel zu nass“ und „viel zu trocken“. Insofern ist die mittlere Regenmenge kein wirklicher Fußabdruck des Klimawandels. Dennoch sind 16% mehr Regen schon ein starkes Signal.


Worauf müssen sich die deutschen Landwirte wettermässig einstellen?


Schrader: Das Wetter wird extremer. Die gewaltigen Regenmengen der vergangenen Wochen sind nur ein Beispiel. Golfballgroße Hagelkörner, Orkanböen, Tornados und zugleich lange Trockenperioden mit Dürrecharakter sind fast schon normal. Da sich das Klima über das Wetter definiert, ist der Klimawandel also bereits im vollen Gange. Wir müssen leider davon ausgehen, dass sich diese Wetterkapriolen noch verstärken und auch zunehmen werden. Die Ursachen, die den Klimawandel auslösen, sind nach wie vor nicht beseitigt.


Ab wann werden diese Veränderungen spürbar?


Schrader: Ab sofort. Es kann jederzeit das nächste extreme Wetter geben.


Welche Konsequenzen hat das für die Landwirtschaft?


Schrader: Einige Fruchtarten werden aus bestimmten Regionen verschwinden, andere dagegen neu hinzukommen, wie z.B. Hirse, Soja oder Wein, die bislang im Norden keine Rolle spielen. Über die Züchtung wird es vielleicht gelingen, die Nutzpflanzen und Nutztiere widerstandsfähiger zu machen.


Wie exakt können Sie Gewitter und Starkregen räumlich und zeitlich vorhersagen?


Schrader: Wir arbeiten bei der WetterWelt GmbH mit sieben Vorhersagemodellen, die eine unterschiedliche räumliche (15 bis 4 km) und zeitliche Auflösung (3 Stunden bis 30 Minuten) ermöglichen. Bei der Starkregen- und Gewitterprognose schaffen wir sogar eine Auflösung von 5 bis 15 Minuten. Das ist schon sehr feinmaschig. Grundsätzlich warnen wir vor Gewittern 12 bis 24 Stunden vorher. Noch längerfristig ginge zwar, macht aber wenig Sinn. Gewitterzellen können sich innerhalb von 30 bis 60 Minuten von „mäßig“ zu „extrem“ entwickeln und umgekehrt! Wo dann kleinräumige Zellen genau langziehen, ist mit einer hohen Genauigkeit erst 1 bis 2 Stunden vorher ankündbar.


Bekommen wir in nächster Zeit stabiles Erntewetter?


Schrader: Der Juli ist bislang sehr durchwachsen und in der Regel zu nass. Wie der August wird, können wir einen Monat im Voraus nicht vorhersagen. Bei Redaktionsschluss (13. Juli) gibt es einen Trend zu Temperaturen zwischen 22 und 24 Grad. -sp-


NDR-Wettermann Dr. Meeno Schrader ist Geschäftsführer der WetterWelt GmbH in Kiel.

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