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Etikettenschwindel beim Bebauungsplan?

Lesezeit: 5 Minuten

Die Stadt Gunzenhausen plant neben einem Jungviehstall ein Baugebiet. Die Kommune weist es als Dorfgebiet aus, um die vorgeschriebenen Abstände zu verkleinern. Der betroffene Landwirt geht jetzt rechtlich gegen den Bebauungsplan vor.


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Eigentlich wollte Hans-Jürgen Auinger nach der Übernahme des elterlichen Hofes vor drei Jahren richtig loslegen. Bereits 2012 bekamen seine Eltern Hans und Ulrike einen Tretmiststall für 109 Jungrinder ab sieben Monaten am Ortsrand von Stetten, einem Teilort der Stadt Gunzenhausen, genehmigt.


Der Standort grenzt an Auingers Hofstelle und ist erschlossen. Eine Alternative dazu gab es nicht. „Wir hatten selbst keinen geeigneten Aussiedlungsstandort, und die Gemeinde stellte uns auch keinen im Tausch gegen unsere Hofstelle zur Verfügung“, so Hans-Jürgen Auinger.


Der neue Stall ist notwendig, weil er für Entlastung sorgen würde. Das Jungvieh ist zum Teil in Umbauten untergebracht, die aufwendig zu bewirtschaften sind. Zudem würde die Baumaßnahme freie Plätze im Milchviehstall schaffen, in dem zurzeit neben den 50 Kühen auch Jungrinder stehen.


Baugebiet 35 m neben Stall:

Doch die Betriebsentwicklung stockt. Der Agrar-ingenieur musste den Bau des Stalls unterbrechen, weil die Stadt Gunzenhausen direkt neben dem neuen Stall ein Baugebiet für vier Wohneinheiten plant. Die Baugrenze wäre nur 35 m östlich vom Tretmiststall entfernt (siehe Übersicht). „Bei dieser Konstellation wären früher oder später Konflikte mit den Anwohnern vorprogrammiert“, ist sich der Landwirt sicher. „Wenn ich das vermeiden will, bleibt mir nichts anderes übrig, als gegen den Bebauungsplan vorzugehen.“


Obwohl Auingers dies dem Bürgermeister frühzeitig mitteilten, hielt dieser an seinen Plänen fest. Im Sommer 2014 beschloss der Stadtrat den Bebauungsplan Stetten Nord. Doch anstatt ein Wohngebiet für die unbebaute Fläche auszweisen, überplante die Kommune zusätzlich bereits bebaute Grundstücke, darunter auch Auingers Standort mit dem Jungviehstall.


Die Stadt setzte den Bebauungsplan als sogenanntes „zoniertes Dorfgebiet“ fest. Dabei umfasst das Dorfgebiet-West bereits bebaute Flächen, das Dorfgebiet-Ost ist ein bisher nicht bebautes Grundstück, das sich im Besitz der Gemeinde befindet. Obwohl die „Zone Ost“ insgesamt nur 0,6 ha groß ist, sollen dort laut Planung bis auf Tankstellen und Vergnügungsstätten alle Nutzungen eines Dorfgebietes zulässig sein, u.a. auch landwirtschaftliche Betriebe, Einzelhandel, Gewerbebetriebe, Gaststätten usw.


Gunzenhausens Bürgermeister Karl-Heinz Fitz erklärt auf Anfrage, dass für das Baugebiet Stetten Nord Anfragen nach dem Erwerb von Flächen für die Errichtung von gewerblichen Gebäuden vorlägen. Allerdings lassen die bisherigen Planungen der Stadt Gunzenhausen und die Äußerungen ihres Bürgermeisters darauf schließen, dass es beim Baugebiet Stetten Nord letztlich um die Schaffung von vier Bauplätzen geht.


Abstände verringern:

Laut Bebauungsplan soll mithilfe der Zonierung ein Baugebiet entwickelt werden, „das ein Nebeneinander von Wohnen und Landwirtschaft weitestgehend konfliktfrei ermöglicht“. Tatsächlich dürfte dabei aber die Verringerung der Abstände zwischen der Wohnbebauung und dem Stall im Vordergrund stehen. Denn bei Dorfgebieten sind die Emissionsgrenz-werte weniger streng, sodass die Wohnhäuser näher an den Stall heranrücken dürfen als bei reinen Wohngebieten.


„Was die Stadt Gunzenhausen hier macht, ist ein Etikettenschwindel“, kritisiert Auingers Rechtsbeistand Prof. Michael Hauth, Fachanwalt für Verwaltungsrecht. „Im Grunde geht es hier um die Ausweisung eines Wohngebietes. Durch die Einbeziehung und Überplanung von vorhandener Bebauung soll es nun als Mischgebiet verkauft werden.“


Doch trotz dieser Maßnahme und trotz eines Grünstreifens, überschreitet die für die Bebauung vorgesehene Fläche die zulässigen Geruchsimmissionen immer noch. Ein von der Stadt in Auftrag gegebenes Gutachten auf Grundlage der Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) kommt zum Schluss, dass die Geruchshäufigkeit im geplanten Baufenster bis zu 17% der Jahresstunden erreicht. Der Grenzwert für Dorfgebiete liegt aber nur bei 15%.


Konflikte nicht auszuschließen:

Die Gutachter meinen, dass bei einer Einzelfallprüfung auch Grenzwerte von bis zu 20 % der Jahresstunden geduldet werden könnten. Weil auf einem bereits bebauten Grundstück ebenfalls überhöhte Geruchshäufigkeiten zu erwarten sind, folgern sie, dass der Bebauungsplan uneingeschränkt genehmigungsfähig sei.


Hier äußert das Landwirtschaftsamt Weißenburg-Gunzenhausen Bedenken in seiner Stellungnahme zum Bebauungsplan. „Konflikte zwischen der Landwirtschaft und dem Wohnen können im vorliegenden Fall nicht ausgeschlossen werden“, so der zuständige Sachbearbeiter.


Er begründet dies damit, dass Überschreitungen der Geruchshäufigkeiten bisher immer streng beurteilt worden seien. Zudem verweist er darauf, dass aufgrund der vorliegenden Topografie mit unkalkulierbaren Kaltluftströmen, die Geruchsstoffe enthalten, vom Stall in Richtung Wohnhäuser zu rechnen sei. Denn das Baufenster befindet sich direkt hangabwärts östlich vom Stall.


Landwirt klagt gegen Plan.

Nachdem die Stadt den Bebauungsplan 2017 veröffentlicht hat, reichte Auinger im November 2017 über seinen Anwalt einen Normenkontrollantrag beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof gegen den Plan ein.


Unabhängig vom Ausgang des Gerichtsverfahrens, ärgert sich der Landwirt, dass die Stadt Gunzenhausen ihn zu diesem Rechtsstreit zwingt. Einer Einladung zu einem Ortstermin vor dem entsprechenden Beschluss seien letztlich nur drei Stadträte gefolgt.


Zudem hält er dem Bürgermeister vor, Alternativen für das neue Wohngebiet nicht ausreichend geprüft zu haben. „Vier Bauplätze wären in Stetten auch an weniger problematischen Standorten zu realisieren“, sagt Auinger.


Klaus Dorsch

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