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EU-Haushalt: Weniger Geld für die Landwirtschaft

Lesezeit: 6 Minuten

Die EU-Kommission schlägt vor, die Agrarausgaben ab 2021 um fünf Prozentpunkte zu kürzen. Das wird sowohl die Direktzahlungen als auch die Maßnahmen der 2. Säule treffen.


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Anfang Mai hat die EU-Kommission ihren Vorschlag für den EU-Haushalt von 2021 bis 2027 vorgelegt. Dieser sieht einen Finanzrahmen von 1135 Mrd. € vor (Preise von 2018). Davon sollen 336 Mrd. € auf den Agraretat entfallen. Das entspricht einem Anteil von knapp 30% am Gesamthaushalt (siehe Übersicht). Unterm Strich sind es aber gut 17,5 Mrd. € weniger als in der laufenden Finanzperiode von 2014 bis 2020. Pro Jahr bekämen die Mitgliedstaaten also rund 2,5 Mrd. € weniger EU-Geld aus Brüssel.


Nach den bisherigen Berechnungen von EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger sollen dabei die Direktzahlungen mit 4% etwas weniger stark gekürzt werden als die Maßnahmen der 2. Säule.


Weniger für Landwirtschaft:

Insgesamt verlieren die Themen Landwirtschaft und Ländliche Räume gegenüber bisherigen Schwerpunkten wie der Strukturpolitik und neuen Herausforderungen wie die Flüchtlings- und Sicherheitspolitik im Ranking der Zukunftsprioritäten weiter an Boden.


Im Jahre 1980 hatte die Agrarpolitik noch einen Anteil von über 70% am gesamten EU-Etat. In der Folgezeit sanken die einkommenstützenden Maßnahmen für die Landwirtschaft dann auf fast die Hälfte des EU-Budgets. In der laufenden Finanzperiode (2014 bis 2020) beträgt der prozentuale Anteil erstmals weniger als 40%. Wenn sich die Kommission durchsetzt, sind es dann künftig nur noch knapp ein Drittel der Gesamtausgaben.


Die von EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger am 2. Mai verkündete fünfprozentige Kürzung des EU-Agrarhaushaltes für die Finanzperiode 2021 bis 2027 kam für niemanden überraschend. Bereits im November 2017 gab es auf dem Brüsseler Parkett erste Befürchtungen, dass der Agrarhaushalt nach dem Brexit zum Steinbruch werden könnte. Abschläge von bis zu 10% seien nicht auszuschließen, hieß es noch zur Jahreswende 2017/18. Im Vergleich dazu sind die Kürzungen dann doch moderat ausgefallen.


Mehr Geld nach Brüssel?

Der Vorschlag der EU-Kommission lässt sich allerdings nur realisieren, wenn die EU-Mitgliedstaaten bereit sind, ihre Überweisungen nach Brüssel zu erhöhen. Brüssel braucht „frisches Geld“, weil es eine doppelte Finanzierungslücke gibt: Durch den Brexit fehlen ab 2020 die Einzahlungen aus London und die EU hat enormen zusätzlichen Finanzbedarf für eine neue gemeinsame Flüchtlings- und Sicherheitspolitik.


EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und Haushaltskommissar Oettinger schlagen daher vor, die Obergrenze für die Einzahlungen nach Brüssel anzuheben. Derzeit liegt diese bei 1,01% des Bruttonationaleinkommens (BNE) der jeweiligen Mitgliedstaaten. Künftig soll sie 1,11% betragen.


Davon wären vor allem die Nettozahler der EU betroffen. Das sind u.a. Frankreich, Deutschland, die Niederlande, Österreich und Schweden. Diese Mitgliedstaaten zahlen mehr Geld nach Brüssel als sie von dort zurückbekommen.


Während Frankreich und Deutschland bereit sind, mehr Finanzmittel nach Brüssel zu geben, mauern die Niederlande, Österreich und Schweden. „Eine verkleinerte EU als Brexit-Ergebnis muss auch einen verkleinerten EU-Haushalt nach sich ziehen“, kündigt der niederländische Ministerpräsident Mark Ruette ein zähes Ringen um Kürzungen und Beitragszahlungen an.


Ganz andere Töne kommen aus dem EU-Parlament. Diesem gehen die Vorschläge der Kommission nicht weit genug. In einer mit großer Mehrheit gefassten Entschließung haben sich die EU-Parlamentarier im April schon vor Veröffentlichung der Vorschläge der Kommission für eine BNE-Grenze von mindestens 1,3% ausgesprochen.


Wie geht es weiter?

Die Vorschläge der EU-Kommission werden nun in den zuständigen Ministerräten, bei den Staats- und Regierungschefs und im EU-Parlament beraten. Für eine Verabschiedung müssen alle EU-Mitgliedstaaten zustimmen. Im EU-Parlament reicht die Mehrheit der Stimmen.


Beobachter in Brüssel erwarten schwierige Beratungen. Die Zeit dürfte knapp werden. Schon im Mai 2019 steht die Neuwahl des EU-Parlaments an und im Herbst 2019 läuft die Amtszeit der aktuellen Kommission aus. Gut möglich, dass es den Beteiligten nicht gelingt, den EU-Haushalt rechtzeitig in trockene Tücher zu bringen.


Wenn das neue Parlament und die neue Kommission den Ball wiederaufnehmen müssen, ist die rechtzeitige Umsetzung der EU-Agrarreform zum 1. Januar 2021 kaum möglich. Die EU-Mitgliedstaaten brauchen Zeit, die Beschlüsse auf nationaler Ebene umzusetzen. Dann werde man die aktuellen Direktzahlungen und Förderprogramme wohl für ein oder zwei Jahre fortschreiben, heißt es in Brüssel.


Hogan liefert Anfang Juni:

Derweil arbeitet EU-Agrarkommissar Phil Hogan mit Hochdruck an seiner Agrarreform. Am 1. Juni will er einen konkreten Gesetzesvorschlag für die künftige Ausgestaltung der 1. und 2. Säule vorlegen.


Der Ire hat bereits angekündigit, dass er für die Direktzahlungen wieder eine obligatorische Obergrenze (Kappung) von 60000 € pro Betrieb und Jahr vorschlagen wird. Die jeweiligen Arbeitskosten sollen aber vorher abgezogen werden können. Die Kappung oder Degression sei notwendig, um die Kürzungen bei den Direktzahlungen von etwa 4% auszugleichen, argumentiert Hogan.


Die geplanten Kürzungen des EU-Agrarhaushaltes stoßen im EU-Parlament, bei den Mitgliedstaaten sowie bei den Landwirtschafts- und Umweltverbänden auf eine sehr unterschiedliche Resonanz. Für den Deutschen Bauernverband (DBV) sind Oettingers Vorschläge ein Schlag ins Kontor: „Die Kürzung im Agrarhaushalt wird die Landwirte hart treffen, zu einer Schwächung der ländlichen Räume führen und die Spielräume für zusätzliche gesellschaftliche Leistungen, etwa für Klima- und Umweltschutz, einschränken“, zeigt sich DBV-Präsident Joachim Rukwied enttäuscht.


Diese Sorge hat offenbar auch der BUND. „Um die großen Herausforderungen der Landwirtschaft in den Bereichen Klima- und Tierschutz, Biodiversität und Strukturwandel angehen zu können, braucht die EU-Agrarpolitik ungefähr eine finanzielle Ausstattung wie bisher“, kommentiert die Umweltorganisation die Vorschläge.


Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner spricht dagegen von schmerzhaften Einschnitten, bezeichnet die Vorschläge aber als „gute Grundlage für die weiteren Gespräche.“


Geteiltes Echo:

So positiv bewerten die Agrarpolitiker im EU-Parlament die Vorschläge nicht. Vertreter aller Fraktionen wollen nachbessern. „Wir müssen sehen, was für die Landwirte möglich ist und dafür werden wir als Europäische Volkspartei (EVP) auch kämpfen“, sagt zum Beispiel der EVP-Fraktionsvorsitzende Manfred Weber (CSU).


Der Koordinator der Agrarpolitik der Grünen im EU-Parlament, Martin Häusling, moniert vor allem die überproportionalen Kürzungen der 2. Säule. „Wenn die Direktzahlungen nur um 4% verringert werden, müssten die Agrarumweltmaßnahmen überproportional gekürzt werden. Das ist genau das falsche Signal.“Kontakt:


thomas.friedrich@topagrar.com

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