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Familienbetriebe gehen verloren

Lesezeit: 4 Minuten

Schweinemäster Jürgen Stetzer und seine Metzger erzeugen regionales Schweinefleisch im Familienbetrieb wie es der Verbraucher will. Doch von der Politik fühlen sie sich im Stich gelassen.


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Jürgen Stetzer (56) hält 1000 Mastschweine, die er selbst mit seinem Viehwagen zu fünf unterschiedlichen Metzgern bringt. Diese verkaufen ihr Fleisch alle wenige Kilometer um Rosbach herum, wo Stetzers Hof liegt.


Familienbetriebe und regionale Produkte – so wie es sich jeder Verbraucher wünscht. Doch die Realität sieht anders aus: Nicht nur die Landwirtschaft ist einem starken Strukturwandel unterworfen, sondern auch die verarbeitende Branche wie die der Fleischverarbeiter. In Hessen gibt es zwar noch kleinere Strukturen, doch immer mehr Metzger geben auf.


„In diesem Jahr haben allein im Kreis Wetterau, einem Landkreis in Hessen mit 300000 Einwohnern, fünf Metzger aufgehört“, berichtet Andreas Mahl, einer von Stetzers Metzgern. Der 40-Jährige führt die Familienmetzgerei in Ilsenstadt in dritter Generation. „Seit dem Gammelfleisch-Skandal um den Fleischverarbeiter Wilke aus Hessen im Jahr 2019 kontrolliert das Regierungspräsidium unsere Betriebe extrem streng“, sagt auch Kevin Henrici, ebenfalls einer von Stetzers Metzgern in Neu-Anspach. Beide stört, dass Politik und Gesellschaft der Landwirtschaft und den kleinen Handwerksbetrieben nicht mehr vertrauen.


Ebenfalls bedrückt die beiden der Zeitaufwand für die immer häufigeren Kontrollen. „Wer bezahlt mir die Arbeitszeit an den Kontrolltagen“, sagt Mahl. Er verarbeitet mit zwei weiteren Mitarbeitern sieben Schweine von Stetzer in der Woche und alle zwei Wochen ein Rind. Da ist jeder Mitarbeiter gefragt. Die kleinen Unternehmen hätten nicht die Kapazitäten, Mitarbeiter nur für Kontrollen und Dokumentation abzustellen, meint auch Kevin Henrici. Er und Mahl sitzen den Großteil der Arbeitszeit im Büro und kommen auf bis zu 80 Arbeitsstunden in der Woche.


Verhandeln auf Augenhöhe


Stetzer kann die Sorgen seiner Einkäufer verstehen. Er schätzt seine Metzger vor Ort, weil sie gemeinsam ein hochwertiges regionales Produkt erzeugen. Außerdem kann er mit ihnen auf Augenhöhe über die Preise verhandeln – trotz seiner, im Vergleich zu anderen Mästern, geringen Schweinezahl. Doch mit den Betriebsaufgaben steht auch sein Regionalitätskonzept auf dem Spiel.


Hinzu kommt die aktuell angespannte Situation. „Die Futterkosten sind mit etwa 90 ct/kg Zuwachsleistung sehr hoch. Meine Metzger haben dafür Verständnis und zahlen mir einen Preis über 1,50 €/kg, mit dem ich meine Kosten decken kann. Würden Sie mir, wie die großen Konzerne, 1,20 €/kg zahlen, müsste ich meinen Stall nach drei Monaten dicht machen“, ist er überzeugt. Und die aktuellen politischen Forderungen machen es seiner Meinung nach nicht einfacher.


Mehr Tierwohl hat seinen Preis


Selbst als Mäster gibt er zu, dass der aktuell hohe Fleischkonsum in Deutschland nicht klima- und tiergerecht ist. Doch höhere Produktionsstandards haben ihren Preis. „Wenn die Gesellschaft klimaneutral sein will, muss sie sich auch auf höhere Preise einstellen. Wie will Aldi die Haltungsstufe 3 finanzieren“, fragt er sich. Nicht jeder Deutsche könne sich teuer erzeugtes Fleisch leisten. „Biofleisch ist zum Beispiel teuer, der Absatz steigt nur schleppend. Irgendjemand muss den Mehraufwand für uns Landwirte bezahlen“, sagt er.


Daher sieht er den Borchertplänen positiv entgegen, weil diese auch eine Finanzierung für den Umbau der Tierhaltung einschließen. Denn auch Stetzer möchte in mehr Tierwohl investieren. Er will einen neuen Pig Port Strohstall bauen. Doch ohne Förderung kann er das finanziell nicht stemmen.


Henrici hat ihm versprochen, die Strohschweine auf jeden Fall abzunehmen. Insgesamt will der Mäster aber nicht mehr Tiere halten. Für den neuen Stall wird er Teile der alten Ställe abreißen und dort eine Mistplatte bauen. Aktuell läuft der Genehmigungsprozess für den Stall. Ebenfalls wartet Stetzer noch auf die Zusage für die AFP-Förderung vom Land. „Ohne die Förderung baue ich den Stall nicht“, sagt er. Denn er will keine Schulden nach seinem Rentenalter abbezahlen. -msh-

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