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Finanzielle Vorsorge für junge Familien

Lesezeit: 6 Minuten

Junge Landwirte sollten für den Fall, dass ihnen etwas zustößt, ihre Familie absichern. Am wichtigsten ist die Risikolebensversicherung.


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Unser Autor


Bernhard Post, Versicherungsberater beim Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverband in Saerbeck


Der neue Stall ist gebaut oder das Wohnhaus renoviert, nun muss die junge Familie durchstarten, Geld verdienen und die Kredite abbezahlen. Dazu gehört auch eine Antwort auf die Frage, wie es weitergeht, wenn der Betriebsleiter oder der Partner stirbt bzw. berufsunfähig wird: Wovon leben Kinder, Altenteiler und Ehepartner? Wie kann man bestehende Kredite ablösen? Nur auf die gesetzlichen Leistungen sollten Sie sich nicht verlassen, sie reichen meist nicht.


Die Berufsgenossenschaft zahlt nur bei Arbeitsunfällen bzw. Berufskrankheiten. Die Erwerbsunfähigkeitsrente der Landwirtschaftlichen Alterskasse beträgt nur rund 500 € pro Monat und wird bei Berufsunfähigkeit gar nicht gezahlt. Und die Hinterbliebenenrente ist wegen der Einkommensanrechnung für die meisten Familien in der Praxis oft kaum von Bedeutung.


Im Ernstfall reicht das nicht, Sie müssen privat nachbessern. Dafür benötigen Sie mindestens


  • eine Risikolebensversicherung, die im Todesfall eine bestimmte Geldsumme auszahlt und
  • eine Absicherung der Berufsunfähigkeit, die v.a. im Krankheitsfall eine monatliche Rente garantiert.


Die Risikoversicherung stellen wir in diesem Heft vor, die Berufsunfähigkeitsversicherung u.Ä. in einem der nächsten Hefte.


Welches Risiko?


Vor dem Abschluss einer Risikopolice ermitteln Sie die finanzielle Lücke, die entsteht falls Ihnen etwas zustößt – zunächst pro Jahr dann hochgerechnet auf die Risikodauer. Wie Sie dabei vorgehen können, zeigen wir am Beispiel eines jungen Betriebsleiterehepaares:


Landwirt Lars S. ist 35 Jahre alt, hat 2019 den elterlichen Betrieb übernommen und den Boxenlaufstall erweitert (siehe Betriebsspiegel). Lars ist verheiratet mit Jessica, 33 Jahre alt. Zusammen haben sie drei Kinder (4, 2 und 0 Jahre). Jessica möchte nach der Elternzeit halbtags in ihren Job als Steuerfachgehilfin zurückkehren.


Das junge Paar wohnt im umgebauten Betriebsleiterhaus, dafür haben sie gemeinsam einen Kredit über 100000 € aufgenommen. Im Altenteilerhaus wohnen Lars’ Eltern, sowie die 88-jährige Großmutter in einer eigenen Wohnung. Lars zahlt den Eltern 500 €/Monat Baraltenteil, der Großmutter 150 €.


Für den Fall, dass Lars stirbt, müsste die Risikoabsicherung reichen, um den Lebensunterhalt von Ehefrau und Kindern zu sichern, die Kredite zurückzuzahlen und den Betrieb zu erhalten.


Lebenshaltung und Wohnhaus


An erster Stelle steht die Absicherung der Lebenshaltungskosten und des Wohnhaus-Kredits. Nach Anrechnung von Einnahmen und Ausgaben bräuchte Jessica dafür insgesamt 250000 € über die Kreditlaufzeit von zwölf Jahren (Übersicht 1). Deshalb sollte Lars über diese Summe eine Risikolebensversicherung abschießen. Die Police sollte mit gleichbleibender Versicherungssumme über mind. 15 Jahre, besser 20 oder 25 Jahre laufen. So sind Ehefrau und Kinder umfassend abgesichert. Besteht der Bedarf später nicht mehr bzw. nicht mehr in der Höhe, kann der Landwirt die Police ganz oder teilweise kündigen.


Auch Jessica sollte ihren Ehemann über eine Risikolebensversicherung absichern. Dafür könnten die beiden die o.g. Police auf Gegenseitigkeit abschließen. Damit wären beide Ehepartner gegen einen geringen Mehrbetrag gut abgesichert. Falls beiden etwas zustößt, bekommen die Hinterbliebenen allerdings nur eine Summe ausgezahlt und auch im Falle einer Trennung könnte die Absicherung über einen Vertrag Probleme bereiten. Jessica könnte deshalb auch eine eigene Risikopolice über 100000 oder 150000 € abschließen.


Wichtig ist: Auch wenn die Bank vielleicht dazu rät, sollte das junge Ehepaar die Absicherung nicht an die Bank abtreten, damit die Versicherungssumme dem Bedarf entsprechend flexibel verwendet werden kann. ▶


Betrieb absichern


Den Betrieb würde Jessica voraussichtlich verpachten, zumindest solange die Kinder noch klein sind. Die Einnahmen aus der Verpachtung von Eigentumsflächen und Boxenlaufstall von geschätzt 34000 € pro Jahr, könnte sie zur Deckung der betrieblichen Kosten durch Altenteil und Kapitaldienst einsetzen (rund 74000 €/Jahr) . Dabei ist der Kapitaldienst für die PV-Anlage übrigens nicht berücksichtigt, dafür reichen die Erträge aus der Anlage selbst.


Es bleibt letztlich eine Lücke von jährlich 40000 € bzw. von 600000 € hochgerechnet auf die Laufzeit des Stallbaukredits. Nach Abzug des Umlaufkapitals, das Jessica im Falle einer Verpachtung verkaufen könnte, bleibt eine Versorgungslücke von 350000 €. Die Einzelheiten zeigt die Übersicht 2.


Diese Lücke sollte das Ehepaar mit einer Risikolebensversicherung über 350000 € mit gleichbleibender Versicherungssumme absichern. Die Laufzeit sollte mindestens über die Kreditlaufzeit von 15 Jahren gehen, evtl. auch länger, um auch mögliche zukünftige Kredite abzusichern.


Eine Police mit fallender Summe sollte der Landwirt nur dann wählen, wenn er mit der Bank geregelt hat, dass seine Ehefrau im Todesfall alle Darlehensverträge ohne Vorfälligkeitsentschädigung zurückzahlen kann und die Bank die Versicherungssumme verpflichtend annimmt.


Damit im Ernstfall alles glatt läuft, sollte Lars sich als versicherte Person in die Police eintragen lassen und seine Ehefrau als Bezugsberechtigte. Dabei ist es schon aus steuerlichen Gründen sinnvoll, wenn Jessica gleichzeitig auch die Versicherungsnehmerin ist, die dann auch die Beiträge zahlt.


Will die Familie sich die Weiterbewirtschaftung des Betriebes offen halten, müsste die Versicherungssumme für den Betrieb bei über 500000 € liegen. Denn die Ehefrau könnte das Umlaufkapital nicht verkaufen und müsste, auch wenn sie sich selbst mit einbringt, für mindestens 15 Jahre eine Fremdarbeitskraft mit Nettokosten von rund 35000 € pro Jahr kalkulieren.


Kalkulieren Sie individuell


Wollen Sie die Versorgungslücke für Ihre Familie ermitteln, sollten Sie dies unbedingt individuell für Ihre Lebenssituation und Ihren Betrieb machen. Andernfalls reicht womöglich der Schutz im Ernstfall nicht oder Sie zahlen eine zu hohe Prämie. So ist die Versorgungslücke umso größer, je höher Ihr Kapitaldienst ist und je weniger Eigenland Sie haben. Berücksichtigen Sie auch, wie hoch die örtlichen Pachtpreise sind, ob Sie den Stall tatsächlich verpachten können und welche Ansprüche die Altenteiler in Zukunft noch haben werden.


Auf der anderen Seite fällt die Versorgungslücke gegebenenfalls geringer aus, wenn Ihr Ehepartner ein hohes außerlandwirtschaftliches Einkommen hat oder Sie vielleicht außerlandwirtschaftliche Vermögenswerte für den Notfall zur Verfügung haben.


Übrigens: Für Landwirte mittleren Alters mit hoher Fremdkapitalbelastung reicht gerade dann, wenn der Hofnachfolger schon kurz vor oder in der Ausbildung steht, oft eine Teilabsicherung. Damit kann die Familie ggf. zumindest einen Teil der Schulden ablösen und noch für einige Jahre eine Fremdarbeitskraft beschäftigen.


Für wen noch?


Neben Betriebsinhabern und deren Ehepartnern, sollten Pächter eine Risikolebensversicherung haben. Denn im Todesfall stehen Ehepartner und Kinder u.U. ohne Haus und Vermögen da. Sogar junge, alleinstehende Landwirte sollten über eine Risikopolice nachdenken, um die Eltern abzusichern, wenn diese bei Tod des Betriebsleiters auf dem Fremdkapital sitzen bleiben.


anne.schulze-vohren@topagrar.com

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