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Flexibilisierung: Kosten richtig absetzen

Lesezeit: 8 Minuten

Investieren Sie im Rahmen der Flexibilisierung in Ihre Biogasanlage, können Sie die Kosten je nach Investition entweder sofort absetzen oder über die Nutzungsdauer abschreiben. Wir zeigen, wie Sie Probleme mit dem Fiskus vermeiden.


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Damit sie mit der Biogaserzeugung auch in Zukunft Geld verdienen können, setzen immer mehr Betreiber von Biogasanlagen auf flexible Stromerzeugung. Hierbei produzieren sie ihren Strom nicht mehr im Dauerbetrieb, sondern nur noch an wenigen Stunden am Tag – immer dann, wenn die Nachfrage am höchsten ist. Für diese bedarfsgerechte Stromerzeugung müssen sie ihre vorhandene Biogasanlage jedoch erneuern oder erweitern.


Häufig gibt es aber bei Betriebsprüfungen Streit darüber, ob sie eine Biogasanlage in ihrer Bilanz in verschiedene Wirtschaftsgüter unterteilen und mit verschiedenen Nutzungsdauern abschreiben dürfen. Denn die Finanzverwaltung hat sich bis heute nicht klar geäußert, was sie eigentlich unter dem Begriff „Biogasanlage“ genau versteht. So haben die Finanzämter in den Bundesländern den Begriff bisher uneinheitlich verwendet. Teilweise beurteilten einige Finanzämter das zugehörige Blockheizkraftwerk (BHKW) als Bestandteil des Gesamtwirtschaftsgutes „Biogasanlage“, dann mussten die Anlagenbetreiber das BHKW gemeinsam mit der Biogasanlage abschreiben. Teilweise beurteilten sie diese Wirtschaftsgüter aber getrennt und die Landwirte konnten eine unterschiedliche Nutzungsdauer ansetzen.


Fiskus schafft Klarheit:

Mittlerweile liegt der Entwurf eines Schreibens des Bundesfinanzministeriums (BMF) vor, in dem die Nutzungsdauer nun bundeseinheitlich geregelt werden soll: Eine Biogasanlage müssen Sie danach über eine Nutzungsdauer von 16 Jahren abschreiben, ein BHKW hingegen über zehn Jahre. Ebenso regelt der Entwurf, welche Bestandteile Sie künftig zu der Biogasanlage zurechnen sollen. Darunter fallen z.B. der Gärbehälter/Fermenter, die Einbringungstechnik, Rührwerke, der Gasspeicher und die Gasfackel. Diese Teile müssen Sie dann künftig gemeinsam mit der Biogasanlage auf 16 Jahre abschreiben. Zum BHKW zählt laut dem BMF-Entwurf hingegen der Motor sowie die Steuerungstechnik.


Zwar handelt es sich noch um einen Entwurf und es ist derzeit noch unklar, wann die Finanzverwaltung diesen veröffentlicht, Experten rechnen aber nicht damit, dass sich der Inhalt noch wesentlich ändern wird und die Finanzverwaltung das Schreiben vermutlich im Laufe des Jahres 2019 veröffentlicht.


Die Gerichte haben sich bisher nur in zwei bekannten Urteilen mit dem Thema auseinandergesetzt. In einem Urteil des Finanzgerichtes Münster unterstützte das Gericht die Sicht der Finanzverwaltung und sieht die Biogasanlage und das BHKW als zwei getrennte Wirtschaftsgüter an. Bezüglich der gewöhnlichen Nutzungsdauer traf das Gericht allerdings keine Aussage (Urteil vom 18.2.2015, Az.: 11 K 2856/13 F).


Für Verwirrung sorgt nun aber ein aktuelleres Urteil des FG Münster vom 28.6.2018: Denn hier kommt das Ge-richt zwar zu einer einheitlichen durchschnittlichen Nutzungsdauer der Biogasanlage mit dem BHKW, dem Wärmenetz und dem Transformator von zehn Jahren. Allerdings verweist das Gericht darauf, dass es sich hier um einen absoluten Einzelfall handelt der nicht im Widerspruch zu dem erstgenannten Urteil steht. Daher ist dieses Urteil über den Einzelfall hinaus kaum anwendbar (Az.: 6 K 845/15 G,F).


Wie absetzen?

Investieren Sie in die Flexibilisierung, tätigen Sie oft nicht nur eine Investition, sondern erweitern und verbessern sowohl die Biogasanlage, als auch das BHKW in Teilen oder tauschen einfach nur Einzelteile aus.


Grundsätzlich können Sie verschiedene Arten von Investitionen unterscheiden:


  • Erhaltungsaufwand: Reparieren Sie lediglich ein bereits vorhandenes Wirtschaftsgut an Ihrer Biogasanlage, z.B. ein Rührwerk, können Sie diese Kosten sofort als Betriebsaufwand voll gewinnmindernd berücksichtigen.
  • Anschaffungs- oder Herstellungskosten: Erweitern oder verbessern Sie Ihre Anlage oder einen Teil davon hingegen wesentlich, zählen die Investitionskosten als Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten. Diese Kosten müssen Sie dann über die jeweilige Nutzungsdauer abschreiben. Sie müssen auch berücksichtigen, ob das bisherige Wirtschaftsgut bestehen bleibt und Sie es über die bisherige Nutzungsdauer weiter abschreiben, oder ob mit der Investition ein neues Wirtschaftsgut mit einer eigenen, neuen Nutzungsdauer entsteht.


An den folgenden Beispielen zeigen wir Ihnen, wie Sie die Kosten richtig ansetzen und keinen Ärger mit Ihrem Finanzamt riskieren. Schließlich sind bei der Flexibilisierung häufig Investitionen in Millionenhöhe nötig (Übersicht auf der nächsten Seite):


Beispiel Motor tauschen:

Den Motor Ihres BHKW tauschen Sie nach 50000 Betriebsstunden aus. Der neue Motor hat die gleiche Nennleistung wie der alte und hat 200000 € gekostet. Die Motoren halten je nach Art des Motors in der Regel fünf bis sieben Jahre, wenn sie diese permanent unter Volllast fahren. Bei 50000 Betriebsstunden und 8000 h/Jahr müssen Sie den Motor also im siebten Betriebsjahr austauschen.


Die Kosten für den neuen Motor können Sie als sofortigen Erhaltungsaufwand behandeln und direkt im Jahr der Investition abschreiben. Sie können Ihren Gewinn also um 200000 € mindern. Denn schließlich entsteht durch den Tausch des Motors kein neues Wirtschaftsgut „BHKW“, ebenso erweitern Sie das bestehende BHKW nicht oder verbessern es wesentlich.


Beispiel Gaslager vergrößern:

Im Rahmen der Flexibilisierung vergrößern Sie das Gaslager Ihrer Biogasanlage. Das neue Lager kostet 70000 € (Übersicht, Flex 2.0). Ihre Biogasanlage hat zu dem Zeitpunkt noch eine Restnutzungsdauer von zehn Jahren.


Sinn und Zweck der flexiblen Fahrweise ist es, bedarfsgerechten Strom zu erzeugen. Hierzu ist es notwendig, das Sie das Gaslagervolumen bei bestehenden Anlagen vergrößern. Dies kann entweder durch den Austausch der bisherigen Gashaube durch eine größere geschehen, oder durch den Zubau eines neuen, externen Gasspeichers.


Laut Finanzverwaltung zählt eine Gashaube als Bestandteil der Biogasanlage. Vergrößern Sie also die bestehende Gashaube, handelt es sich um eine Erweiterung der Biogasanlage. Schließlich können Sie mit der neuen Haube mehr Biogas vorhalten. Es entsteht aber kein neues Wirtschaftsgut, da Sie die neue Gashaube in das bereits bestehende Wirtschaftsgut Biogasanlage integrieren. In diesem Fall schreiben Sie die Kosten der neuen Haube über die Restnutzungsdauer Ihrer Biogasanlage ab. Bei einer Restnutzungsdauer von zehn Jahren erhöht sich die AfA der Biogasanlage durch die Investition um 7000 €/Jahr (70000 €/10 Jahre).


Zusätzlich müssen Sie aber berücksichtigen, dass Sie bei einem Austausch der bestehenden Gashaube den noch vorhandenen Restwert der alten Haube im Zeitpunkt des Austausches als Aufwand abschreiben müssen.


Angenommen Sie erweitern Ihr Gaslager aber durch einen externen Gasspeicher, ist nach dem vorliegenden Entwurf der Finanzverwaltung auch dieser der Biogasanlage hinzuzurechnen. Allerdings können Sie den externen Gasspeicher grundsätzlich auch ohne die Biogasanlage eigenständig nutzen und auch ohne großen Aufwand von dieser trennen. Somit könnten Sie den externen Speicher als eigenes Wirtschaftsgut betrachten und getrennt von der Biogasanlage abschreiben.


Beispiel Erweiterung BHKW:

Sie integrieren an Ihrem BHKW mit Steuerungstechnik einen weiteren Motor für die flexible Fahrweise und schließen einen neuen Transformator für insgesamt 800000 € an. Das bisherige BHKW hat einen Buchwert von 100000 €, die Restlaufzeit des EEGs für diese Anlage beträgt noch neun Jahre.


Erweitern Sie ein Wirtschaftsgut wesentlich, entsteht laut Finanzverwaltung ein neues Wirtschaftsgut. Die Bilanzierung erfolgt dann zu dem bisherigen Buchwert Ihres alten BHKW zuzüglich der neuen Investition. Die Abschreibung müssen Sie also neu bewerten. Denn hinsichtlich der Ausgaben für einen Transformator hat der Bundesfinanzhof für Windkraftanlagen in einem Urteil aus 2011 entschieden, dass dieser ein unselbstständiger Teil der Windkraftanlage sei (Az.: IV R 46/09). Zahlreiche Steuerexperten sind der Ansicht, dass dieses Urteil auch auf Biogasanlagen übertragbar ist. Investieren Sie also auch in einen Transformator, können Sie die Investition dem neuen Wirtschaftsgut BHKW hinzuzurechnen und über dessen Restnutzungsdauer abschreiben. Im Beispiel ergibt sich somit eine neue Bemessungsgrundlage für die Abschreibung von 900000 € (800000 € Investitionskosten + 100000 € verbleibender Buchwert des BHKW).


Die Nutzungsdauer eines BHKW beträgt zwar zehn Jahre. Die Nutzungsdauer kann aber neben dem technischen auch durch den wirtschaftlichen Verbrauch beschränkt sein. Da in diesem Beispiel die restliche wirtschaftliche Nutzungsdauer durch das EEG kürzer ist als zehn Jahre, läge die restliche Nutzungsdauer bei neun Jahren, die jährliche AfA bei 100000 €. Im Zweifel wird die Finanzverwaltung von einer neuen Nutzungsdauer von zehn Jahren ausgehen und eine AfA von 90000 €/Jahr akzeptieren. Eine eindeutige Aussage der Finanzverwaltung gibt es für einen solchen Beispielfall nicht.


Beispiel neuer Wasserspeicher:

Sie schaffen einen Warmwasserspeicher für 60000 € an. Ihr bereits existierendes Wärmenetz hat noch eine Restnutzungsdauer von 12 Jahren. Investieren Sie im Rahmen der Flexibilisierung in einen zusätzlichen Warmwasserspeicher, stellt sich die Frage, ob dieser zur Biogasanlage gehört, ein eigenständiges Wirtschaftsgut darstellt, oder ob Sie diesen im Zusammenhang mit dem bereits bestehenden Wärmenetz betrachten müssen. Grundsätzlich können Sie das Wärmenetz als ein eigenständiges Wirtschaftsgut betrachten, da Sie dieses unabhängig von Ihrer Biogasanlage betreiben können. Integrieren Sie dann den neuen Warmwasserspeicher in Ihr Wärmenetz, stellt dies eine Verbesserung und Erweiterung des Wirtschaftsgutes Wärmenetz dar. Ein neues Wirtschaftsgut entsteht nicht. Rechnen Sie also die Kosten des Wärmespeichers zu den Anschaffungskosten des Wärmenetzes hinzu und schreiben diese auf die Restnutzungsdauer des Wärmenetzes ab. Ihre jährliche AfA erhöht sich somit um 5000 € (60000 €/12 Jahre Restnutzung).


Kontakt: maria.meinert@topagrar.com

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