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topplus Reportage

Getrennte Betriebe, gemeinsame Vermarktung

Lesezeit: 5 Minuten

Kooperationen können auch nur Betriebsteile umfassen, wie bei MyMeatBox. Hier bündeln zwei Betriebe ihre Kräfte in der Vermarktung ihrer Produkte.


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Wollt ihr mit uns einmal essen gehen“ Mit so einer Frage fing die Geschichte von MyMeatBox an. MyMeatBox, das ist ein Online-Fleischversand mit Abo-Möglichkeit direkt vom Bauern. Die Idee zum Projekt hatten Lea und Julian Siemann. Julian arbeitete bis dahin nicht in der Landwirtschaft, lediglich Lea brachte einige Erfahrungen mit. Die Frage hatten sie an Frederike und Michael Gronewäller gerichtet. Beim Essen schilderten sie ihnen dann ihre Geschäftsidee.


Lea kommt von einem Hof im Münsterland, doch ihre Eltern hatten 2019 die letzten Tiere verkauft. Damit stand für sie die Frage im Raum: „Wo wollen wir hin, was machen wir aus unserem Hof“ Für Julian war klar: „Melken wird keiner mehr von uns, aber Bock, was umzugestalten hätte ich schon.“ Aber eine komplette Umnutzung, weg von der Landwirtschaft, fanden sie zu schade. Die Infrastruktur war noch gut in Schuss. So kam der Gedanke auf, etwas mit Fleischerzeugung zu machen.


Natürliche Partner


Nur ein Partner fehlte, um die landwirtschaftlichen und vertrieblichen Kompetenzen zu bündeln. Daher sprachen sie Frederike und Michael, ebenfalls aus Warendorf, an. Die Höfe liegen nur wenige Kilometer auseinander. Frederike ist Leas Cousine und betreibt einen Hofladen. Zusammen mit ihrem Mann bewirtschaftet sie zudem einen Milchviehbetrieb mit 50 Milchkühen inklusive Nachzucht, etwas Bullenmast, 250 Legehennen und ein paar Schweine, die seit MyMeatBox zudem von Spaltenböden auf Stroh umgezogen sind.


Der Startschuss fiel im Frühjahr 2021. Lea veranstaltete mit den anderen dreien einen Workshop im heimischen Wohnzimmer. Welche Zielgruppe möchten wir erreichen? Wie vermarkten wir das Ganze? Was ist unser Alleinstellungsmerkmal? Es gab viele Fragen zu klären und das ganze Wohnzimmer hing voll mit Post-its und Plakaten.


Dass Lea sich mit kreativer Ideenentwicklung auskennt, liegt an ihrem Beruf bei einem großen Landmaschinenhersteller. Sie ist Agile-Coach und berät Unternehmen zu modernen Arbeitsweisen. Auch Julian kann einige Erfahrungen aus seinem bisherigen Beruf mit in MyMeatBox einbringen. Er war im Vertrieb eines Softwareunternehmens tätig, oder wie er es ausdrückt: „Ich kann Marketing, Vertrieb und etwas die Frontsau spielen, bin aber noch kein offizieller Landwirt.“ Und hier kommen Frederike und Michael ins Spiel. Sie bringen all das mit, was den anderen beiden fehlt. Michael ist gelernter Landwirt und beide haben auch schon vorher Fleisch vermarktet. Das lief aber etwas anders. Interessierte Kunden meldeten Interesse an Rindfleisch an und an bestimmten Schlachttagen konnten sie es dann abholen.


Der Vertrieb über MyMeatBox ging Anfang Dezember 2021 los. Julian recherchierte viel zur Ausrichtung ihrer gemeinsamen GbR. Denn Direktvermarkter von Fleisch gibt es viele, aber vorgepackte Pakete im Abo-Modell fand er nur bei amerikanischen Shops. Genau die nahm er sich zum Vorbild.


Steak & Co im Abo


Der Kunde wählt eine Box, den Lieferrhythmus und ob er noch Extras dazu haben möchte, oder er bestellt direkt individuell − quasi à la carte. Bei der Logistik vom Tiefgekühlten haben sie zum Teil auf bestehendem aufgebaut. Der Kontakt zum Schlachter war bereits da. „Wir etikettieren das Fleisch dann und lagern es ein“, sagt Julian. Für den Versand nutzen sie recycelte Isolierkartons mit Kühlakkus und Trockeneisumschlägen. Momentan versenden sie einmal die Woche, jeden Mittwoch, liefern zusätzlich im Umkreis von 35 km aus und bieten die Abholung im Hofladen an. „Es ist zwar schön, wenn mal jemand aus Stuttgart oder Berlin bestellt, aber die Hauptzielgruppe wird sich wahrscheinlich regional im Dreieck Münster, Bielefeld und Osnabrück bilden.“ Denn es sei ja nicht so, dass es gutes Fleisch nicht auch in anderen Regionen gebe, schätzt Julian die Situation ein.


Für die Lagerung wurden die vier Geschäftspartner zum besten Kunden beim örtlichen Elektriker. Eine Menge Kühltruhen stehen bei ihnen. Dass sie nicht direkt mit einem Kühlcontainer gestartet sind hatte mehrere Gründe. Zum einen wollten sie klein anfangen und mit der Nachfrage wachsen. Da sind sie mit mehreren Kühltruhen flexibler. Außerdem war es günstiger.


Schwierig zu vermarkten sind vor allem die Knochen. Aber da profitieren sie, dass sie mit dem Hofladen einen alternativen Vermarktungsweg haben. „Ein Koch bereitet für uns einen Fonds aus den Knochen und wir verkaufen diesen im Hofladen“, so Frederike. So ist sichergestellt, dass alles verwertet ist. So zeigt sich, dass durchaus Synergien entstehen.


Hürden und Ideen


Aber es geht auch nicht immer alles nach Plan. Die Schwierigkeiten des momentanen Marktumfelds mit der hohen Inflation bekommen sie zu spüren. Julian möchte daher im Onlinebereich auf noch größere Sichtbarkeit setzen und mit kleineren Events auf das Projekt aufmerksam machen. Denn Ideen, wie es weitergehen kann, gibt es viele. Bisher beziehen sie z.B. ihr verkauftes Hähnchenfleisch noch von einem anderen Betrieb, aber das wollen sie jetzt auch selbst in die Hand nehmen, neben den Rindern und Schweinen. Auch gibt es gerade im Online-Bereich immer wieder Anfragen nach edleren Cuts oder Rassen beim Fleisch. Bisher setzen sie auf „‚normale bezahlbare Produkte für die Haushaltsküche‘, wie Michael es ausdrückt. Daher setzen sie auf Weißblaue Belgier-, Limousin- oder Anguskreuzungen. Doch Julian schiebt hinterher: „Sag niemals nie.“


Es braucht einen langen Atem um in der Branche Vertrauen zu schaffen und sich zu etablieren. Und vielleicht gibt es neben der MyMeatBox irgendwann auch die MyMilkBox, im Hofladen haben sie schließlich auch schon die Milch und den Joghurt. Sag niemals nie.


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frederic.storkamp@topagrar.com

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