Business-Coaching: Das ist etwas für Manager, denken viele Landwirte. Unser „starker Bauer“ Knud Grell probierte es aus – und war begeistert.
Aktiver Landwirt bin ich nicht mehr, doch ich war’s lange Zeit. Ich weiß: Meist ist die tägliche Arbeit so übermächtig, dass man kaum noch Durchatmen kann“, sagt Martin Dess, Bauernsohn aus der Oberpfalz.
Der Quereinsteiger ins Marketing-Geschäft ist heute Geschäftsführer der über 200-köpfigen Kommunikationsagentur „Die Jäger“ mit Standorten in Röckersbühl (Bayern), Köln (NRW) und Berlin. Im Rahmen des Projekts „Starke Bauern. Starkes Image.“ steht Dess der Schweinemästerin Diana Marklewitz und dem Milchviehhalter Knud Grell beratend zur Seite. Für den 29-jährigen Uni-Absolventen, der erst vor Kurzem in den elterlichen Betrieb in Duvensee bei Mölln eingestiegen ist, hatte er einen besonderen Rat: Dess ermunterte ihn, zum Coach zu gehen. Warum?
Bauer besucht Coach:
„Weil es wichtig ist, aus dem Hamsterrad auszusteigen,“ sagt Dess. „Landwirtschaftliche Betriebe wachsen heute extrem schnell. Doch wo führt das hin? Wer kann das Tempo verkraften? Meine Erfolgsformel: Anhalten, hinschauen, sich konsolidieren und dann erst den nächsten Schritt tun.“So kommen an einem Mittwoch im Oktober zwei Menschen zusammen: Landwirt Knud Grell und Business-Coach Sylvia Mattheis. Ihr Treffpunkt: Große, gläserne Büroräume am Hamburger Fischmarkt. Zahlreiche Cafés und Restaurants in Sichtweite, von Hof und Dorf keine Spur. „Gut so!“, sagt Dess. „Der räumliche Abstand hilft, klarer über sich selbst nachzudenken.“
Nach einer Tasse Kaffee beginnt die Analyse: „Wo stehst Du heute, Knud? Was möchtest Du in den nächsten fünf Jahren erreichen? Welchen unterschiedlichen Rollen musst Du auf dem Hof gerecht werden: Sohn, Bruder, Juniorchef, Nachbar, Kumpel…? Was macht Dich glücklich, was begrenzt Dich“ Mit gezielten Fragen unterstützt Mattheis den Landwirt, seine Situation zu bestimmen und Ziele für die Zukunft zu formulieren. Sie erklärt: „Coaching geht ans Eingemachte, weit unter die Oberfläche. Viele glauben, man sitzt nett zusammen und erzählt sich einfach was.“
Aktion statt Reaktion:
Zusammen erarbeiten Landwirt und Trainerin eine „Timeline“, d.h. einen Zeitstrahl, der Gegenwart und Zukunftsvision darstellt. Dabei werden zentrale Fragen deutlich: Auf dem Hof gibt es zehn Angestellte, wie kann Grell in der Mitarbeiterführung noch souveräner werden? Selbstbild und Fremdbild, was strahlt Knud Grell aus? Work-Life-Balance, wie lässt sich Privates, z.B. die Wohnsituation, der Wunsch nach Freiräumen für Hobbys und Urlaub, mit den Abläufen auf dem Betrieb vereinbaren?Sylvia Mattheis macht deutlich: „Schon ein erster Coaching-Termin setzt enorme Kräfte frei. Viele Prozesse kommen in Gang.“ Das findet auch Grell: “Ich hab erkannt, dass ich auf dem Hof einiges bewusster lenken kann – durch frühes Handeln und klare Entscheidungen.“ -rb-