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Grundsteuer: Gewinner und Verlierer

Lesezeit: 6 Minuten

Die Bundesregierung hat einen Entwurf für die Grundsteuerreform vorgelegt. Sollte das Gesetz ohne große Korrekturen Bundestag und Bundesrat passieren, werden die Karten neu gemischt: Einige Landwirte zahlen künftig weniger, andere mehr.


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Wer gehört zu den Verlierern, wer gehört zu den Gewinnern der Grundsteuerreform? Diese Frage treibt auch viele Landwirte um. Fest steht: Bleibt es beim aktuellen Vorschlag der Bundesregierung, dann kommen auf die Landwirtschaft einige Veränderungen zu. Hier die wichtigsten im Schnelldurchlauf:


  • Künftig sollen auch in Ostdeutschland die Flächeneigentümer zur Kasse gebeten werden. Dort zahlen bislang die Pächter bzw. Bewirtschafter die Grundsteuer, da nach der Wende oft die Eigentumsverhältnisse der Flächen unbekannt waren.
  • Viehstarke Betriebe müssen Aufschläge einkalkulieren. Eigentümer von Standorten mit Windkraftanlagen werden ebenfalls stärker zur Kasse gebeten.
  • Das Betriebs- und Altenteilerhaus wird künftig auch in Westdeutschland dem Grundvermögen zugeordnet, wofür die Grundsteuer B anfällt. In Ostdeutschland ist das bereits seit Jahren üblich. In den alten Bundesländern gehören die Wohngebäude hingegen zum land- und forstw. Vermögen.
  • Die alten Einheitswerte werden neu berechnet und heißen künftig Grundsteuerwerte. Die bisherigen Werte wurden zuletzt für die alten Bundesländer im Jahr 1964 und für die neuen im Jahr 1935 erhoben. Die Wertentwicklung der vergangenen Jahrzehnte spiegeln sie nicht wider. Im April 2018 erklärte das Bundesverfassungsgericht die Berechnung der Grundsteuer daher für verfassungswidrig. Die Richter haben den Bund aufgefordert, bis Ende 2019 neue Regeln aufzustellen.


Die Regierung will den Entwurf nach der Sommerpause im Bundestag und Bundesrat beraten und im Herbst vermutlich beschließen. Das neue Modell würde aber erst am 1.1.2025 das alte ablösen. Solange gilt das alte Recht.


Um zu verstehen, was diese Änderungen in Heller und Pfennig bedeuten, muss man sich zunächst mit den Details der neuen Verfahren auseinandersetzen.


Grundsteuer A


Dazu ein Beispiel: Milchviehhalter Bernd Albers bewirtschaftet rund 65 ha landw. Fläche (Name frei erfunden, 15 ha eigen, 50 ha Pacht, Übersicht 1). Er melkt außerdem rund 120 Kühe. Inklusive Nachzucht kommt sein Betrieb auf 150 Vieheinheiten. Die Hoffläche (ohne Wohnhaus) ist etwa 1 ha groß. Zusammen mit seiner Frau und den drei Kindern lebt er in einem 180 m² großen Betriebsleiterhaus.


Die Grundsteuer A soll künftig – wie bislang auch – in drei Schritten ermittelt werden (Übersicht 2): Grundstückswert x Steuermesszahl x Hebesatz.


  • Der alte Einheitswert setzt sich bislang aus dem Wirtschafts- und Wohnungswert zusammen. Der Wohnungswert soll nach den Plänen der Regierung für die Grundsteuer A keine Rolle mehr spielen, weil die Betriebsleiter- und Altenteilerhäuser künftig zum Grundvermögen gehören (Grundst. B).13


Der Wirtschaftswert für das landw. Vermögen soll ersetzt werden durch den Begriff Grundsteuerwert. Maßstab dafür ist ein Ertragswert. Den sollen die Finanzämter aber nicht für jeden Betrieb einzeln berechnen. Vielmehr greift die Regierung auf den Agrarbericht der Regierung zurück und hat daraus pauschale Wertansätze abgeleitet, die für alle Betriebe in Deutschlan gleichermaßen gelten sollen.


Vereinfacht dargestellt sieht die Rechnung in Zukunft so aus:


  • Je Hektar Eigentum wird ein Betrag von 232 € fällig.


Hinzu kommen:


  • 4,40 € je Ertragsmesszahl (EMZ).
  • Je Hektar Hoffläche 6048 €.
  • Außerdem gibt es Zuschläge für Betriebe mit mehr als zwei Vieheinheiten pro Hektar (VE/ha). Wer diese Grenze überschreitet, bekommt für jede Vieheinheit über diesem Schwellenwert 75 €/VE aufgebrummt.
  • Auch für Windkraftstandorte soll es Aufschläge geben. Deren Eigentümer müssen mit einem Aufschlag von 8424 €/ha für die Standfläche kalkulieren (nicht für die gesamte Parzelle).


Aus der Summe dieser Einzelbeträge ergibt sich der Ertragswert. In Albers Fall beträgt dieser 11615 €, der dann mit 5,5% verzinst wird, um den neuen Grundsteuerwert zu erhalten. In unserem Beispiel fällt der Grundsteuerwert mit 216035 € um das rund Zwölffache höher aus als der alte Einheitswert (17624 €).


Damit ist Albers aber nicht alleine, wie die Beispiele in der Übersicht 3 zeigen. Auch für diese Betriebe steigt der neue Wert oft um das Zehnfache. Das liegt nicht nur an den Zuschlägen, sondern auch an dem sehr hohen Wertansatz für die Hoffläche (ohne Wohnhäuser) von 6000 €. Unterm Strich bleibt bei vielen Betrieben aber dennoch eine deutliche Werterhöhung.


  • In einem zweiten Schritt muss das Finanzamt den Steuermessbetrag berechnen. Dazu multipliziert sie den Grundsteuerwert mit der Steuermesszahl. Bislang betrug diese 6‰, in dem Entwurf sind „nur“ noch 0,55‰ vorgesehen. Diese Absenkung kommt Albers entgegen, da sein Grundsteuerwert nach der neuen Methode deutlich höher ausfällt. Würde die Regierung hier nicht korrigierend eingreifen, müsste er deutlich mehr Grundsteuer zahlen.24


  • Im dritten Schritt erheben die Gemeinden auf den Steuermessbetrag den jeweiligen individuellen Hebesatz. Bei diesen gibt es erhebliche Unterschiede, weil auf deren Höhe die Gemeinden alleine Einfluss hat. In Albers Fall beträgt er 400%.25


Das Ergebnis der neuen Methode: Albers müsste 52 €/Jahr mehr für die Grundsteuer A hinblättern. Allerdings bleibt es nicht dabei. Da sein Betriebsleiterhaus künftig nicht mehr zum land- und forstwirtschaftlichen, sondern zum Grund-Vermögen gehören soll, muss er auch die Grundsteuer B einkalkulieren.


Grundsteuer B


Für unbebaute Grundstücke will die Regierung den Bodenrichtwert mit der Flächengröße multiplizieren. Wohngrundstücke werden einheitlich in einem Ertragswertverfahren bewertet. Hierzu sollen die Behörden eine durchschnittlich erzielte monatliche Nettokaltmiete je Quadratmeter Wohnfläche ansetzen, wobei das Baujahr berücksichtigt wird. Für Grundstücke, die nicht zu Wohnzwecken genutzt werden, ist der Sachwert zu ermitteln, was relativ aufwendig ist.


Der Grundsteuerwert wird anschließend mit der Steuermesszahl und dem Hebesatz multipliziert. Auch für die Grundsteuer B will die Regierung die Steuermesszahl senken. Derzeit liegt sie – je nach Lage und Wert der Immobilie – zwischen 2,6 und 3,5‰. Im neuen Entwurf ist ein Wert von 0,34‰ vorgesehen. In Albers Fall beläuft sich die Grundsteuer B am Ende der Berechnung auf 274 €. Zusammen mit der höheren Grundsteuer A (52 €) fällt sein Steuerbescheid somit um 326 €/Jahr höher aus.


Auch wenn die Bundesregierung beteuert, die Reform sei insgesamt aufkommensneutral, so zeigt das Beispiel: Einige Betriebe werden künftig stärker zur Kasse gebeten. Das zeigen die Beispiele in der Übersicht 3. Tendenziell zahlen vor allem flächenarme und gleichzeitig viehstarke Betriebe drauf. Die neue Methode entlastet aber auch viele Betriebe. Es gibt allerdings keine Gesetzmäßigkeit, anhand derer man ableiten könnte, wer mehr zahlt und wer künftig entlastet wird. Das ist von Betrieb zu Betrieb unterschiedlich.


Wovon hingegen alle Betriebe gleich stark betroffen sein werden: Das Erfassen der einzelnen Daten ist aufwendig. So benötigen die Finanzämter z.B. nicht nur die Größe der Eigentumsfläche, sondern auch die der gepachteten Flächen, um den durchschnittlichen Viehbesatz pro Hektar ermitteln zu können. Da Pachtflächen immer wieder den Besitzer wechseln, müssen die Betriebe die Besitzverhältnisse entsprechend oft den Behörden mitteilen.


diethard.rolink@topagrar.com

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