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Grundstückverkehrsgesetz: Keine Chance für Pächter

Lesezeit: 4 Minuten

Beim Verkauf eines Betriebes setzt sich ein noch nicht existierender Pferdehof gegen den aktuell wirtschaftenden Milchviehhalter durch – trotz Grundstückverkehrsgesetz.


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Nie hätte Landwirt Hauke Jaacks gedacht, dass er so daneben liegen könnte: „Ich habe mich voll auf den gesetzlichen Schutz durch das Grundstückverkehrsgesetz verlassen – und nun droht der Verlust meiner Existenz“, so sein verzweifeltes Resümee nach zwölf Monaten Kampf um seinen Pachthof. Der Landwirt wirtschaftet seit 2004 mit seiner Familie am westlichen Stadtrand von Hamburg. Der Rotbunt-Züchter hält 160 Kühe mit Nachzucht und bewirtschaftet rund 150 ha Grünland und Futterbaufläche, ein Drittel ist Eigentum.


„Schicki Micki statt Kuhstall“


Das Drama beginnt, als Jaacks Mitte des Jahres 2019 erfährt, dass ein Immobilienmakler seinen Hof gekauft hat, um dort eine Pferdezucht und -pension auf eigener Futtergundlage aufzubauen. Jaacks fragt bei der für das Grundstückverkehrsgesetz zuständigen Wirtschaftsbehörde in Hamburg nach. Ihm wird mitgeteilt, dass er als Landwirt sein Kaufinteresse schriftlich darlegen könne. Dann wolle man prüfen, ob „Versagensgründe nach §9 des Grundstückverkehrsgesetz (GrstVG)“ vorliegen. Ist der Käufer z.B. ein Nichtlandwirt, kann die Behörde die Genehmigung für den Verkauf verweigern. Über die Landgesellschaft bzw. die Wirtschaftsbehörde kann dann ein aufstockungsbedürftiger Landwirt einsteigen.


Jaacks meldet sofort Kaufinteresse für seinen Pachtbetrieb an. „Durch den Verkauf der elterlichen Hofstelle war meine Kriegskasse gefüllt und auch die Bank zog mit,“ erzählt er. Der Landwirt rechnet sich zunächst gute Chancen aus: „Schließlich hängt meine Existenz von dem Pachthof ab, während die Käufer keine Landwirte sind und lediglich eine Gründungsabsicht haben.“ Umso größer ist das Entsetzen, als Jaacks erfährt, dass die Wirtschaftsbehörde den Pferdebetrieb als gleichwertigen Landwirt einstuft und den Verkauf daher durchwinkt.


Ehefrau Swantje Jaacks, studierte Landwirtin, kann es nicht fassen: „Wir leben vom Hof und haben keine Alternative.“ Die Behörde hält dagegen: Der geplante Pferdehof habe ein schlüssiges Konzept vorgelegt und glaubhaft gemacht, dass er über konkrete und in absehbarer Zeit zu verwirklichende Absichten zur Aufnahme einer leistungsfähigen landwirtschaftlichen Tätigkeit verfügt und bereits entsprechende Vorkehrungen getroffen hat, antwortet die Wirtschaftsbehörde auf Anfrage von top agrar. Der Käufer sei daher als Landwirt einzustufen und der Kauf zu genehmigen. Die Wirtschaftsbehörde stellt sich dabei auf den Standpunkt, dass es im GrdstVG kein Vorkaufsrecht für ortsansässige Landwirte gäbe. Es sei nicht Aufgabe des Genehmigungsverfahrens nach GrdstVG, auswärtige Konkurrenten zugunsten ortsansässiger Landwirte fernzuhalten.


Wirklich kein Unterschied?


Die Entscheidung der Wirtschaftsbehörde ist für Hauke Jaacks ein Unding: „Gibt es wirklich keinen Unterschied zwischen Landwirten, die das Land zur Lebensmittelerzeugung schon lange bewirtschaftet haben und solchen, die sich mit der Pferdehaltung am Stadtrand einen Lebenstraum verwirklichen wollen“


Er fragt sich, welchen Sinn das Bodenrecht macht, wenn es nur darauf ankommt, ein gutes Konzept abzuliefern. Und was passiert, wenn der Pferdebetrieb seine Planungen gar nicht umsetzen sollte? Kann er dann Hofstelle und Land trotzdem behalten? Das könnte gut sein, so die Einschätzung von Rechtsexperten, denn die Genehmigung nach Grundstückverkehrsgesetz ist nur in Ausnahmefällen nachträglich zurücknehmbar.


Pächter rechtlich außen vor


Wie geht es jetzt weiter für Hauke Jaacks? Vor Gericht hat Jaacks eine kurze Pachtverlängerung nach §595 BGB durchsetzen können, weil er existenziell auf den Hof angewiesen ist.


Das GrdstVG hingegen sieht für den Pächter keine Rechte vor. „Rechtlich bin ich als Dritter komplett außen vor und muss noch nicht einmal informiert werden,“ beklagt der Landwirt.


Jetzt kampflos mit Familie und Kühen den Betrieb zu verlassen, kommt für ihn aber nicht infrage. Mittlerweile hat er über zahlreiche Medienberichte auch politisch in Hamburg Gehör gefunden. Zusätzlich unterstützt ihn die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) jetzt dabei, rechtliche Wege zu finden, die Behördenentscheidung doch noch rückgängig zu machen.


Sein Rechtsanwalt Jens Beismann aus Hannover findet: „Es kann einfach nicht sein, dass ein Konzept genauso viel zählt wie ein existierender landwirtschaftlicher Betrieb. Hier wird ein Landwirt aktiv verdrängt.“ Er will die Entscheidung der Wirtschaftsbehörde gegen den Landwirt und für den Pferdebetrieb nun gerichtlich überprüfen lassen. Landwirt Jaacks weiß, dass ihm unruhige Zeiten bevorstehen – doch Aufgeben ist für ihn keine Option: „Meine Frau und ich wollen uns weiter wehren, denn wir sind mit Leib und Seele Bauern.“


gesa.harms@topagrar.com

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