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Gülle und Gärrest: Passen die Lieferverträge noch?

Lesezeit: 5 Minuten

Die neue Düngeverordnung zwingt viele Landwirte, weniger Wirtschaftsdünger auszubringen. Ob bestehende Abnahmeverträge noch vollständig erfüllbar sind, sollten Sie jetzt prüfen.


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Betreiber von Biogasanlagen und Tierhalter sind auf die kontinuierliche Abgabe von Gülle und Gärrest angewiesen, Ackerbauern nehmen diese als Wirtschaftsdünger gerne ab. Angesichts der Änderungen im Düngerecht sollte jeder Betriebsleiter jetzt unbedingt die bestehenden Verträge prüfen. Vor allem Abnehmer müssen sich fragen, ob sie die abzunehmenden Wirtschaftsdünger noch vollständig auf den eigenen Flächen verwerten können. Denn entgegen einer weit verbreiteten Ansicht ist die Abnahmepflicht nicht grundsätzlich auf die Menge beschränkt, die legal ausgebracht werden kann. Dazu ein Beispiel: Wer ohne Einschränkung oder Regelung der Verwertung die Abnahme von 1000 m3 Gärrest zusichert, muss diese Menge auch dann abnehmen, wenn er nur Fläche für 800 m3 hat. Entscheidend ist die Verteilung des „Verwertungsrisikos“.


Verwertungsrisiko geklärt?


Dazu ist wichtig zu verstehen, dass es einen Unterschied zwischen Abnahme und Verwertung gibt. Während man Gülle und Gärrest fast immer abnehmen kann, kann die Verwertung als Wirtschaftsdünger auf eigenen Flächen problematisch sein. Ist über die Verwertung vertraglich nichts festgelegt, wurde dazu nichts besprochen oder übereinstimmend vorausgesetzt, ist die Verwertung auch nicht Gegenstand des Vertrages. Folge: Der Abnehmer muss die Wirtschaftsdünger abnehmen, egal, ob er sie verwerten kann oder nicht. Er trägt das Verwertungsrisiko. Besteht in unserem Beispiel der Biogasanlagenbetreiber auf Abnahme der gesamten Menge, macht sich der Abnehmer schadenersatzpflichtig, wenn er die Abnahme verweigert. Wer sich trotz fehlender Regelung im Vertrag auf eine Absprache zur Verwertung auf eigenen Flächen berufen will, muss dies beweisen. Gerichtsfeste Nachweise über mündliche Absprachen oder bestimmte Vorstellungen von Vertragsparteien sind allerdings schwer zu erbringen.


Ob Abnehmer von Gülle und Gärrest die Abnahme von Übermengen sanktionslos ablehnen können, hängt also vom speziellen Vertrag ab und den Umständen des Vertragsabschlusses. Grundsätzlich gilt: Je genauer die Angaben z.B. zu Abnahmemenge, Art und Ort der Verwertung, desto eher kann man die Abnahme von zu viel Wirtschaftsdünger im Notfall verweigern.


Besser Verträge anpassen!


Am besten lassen Sie es gar nicht zum Streit kommen, sondern passen bestehende Verträge vorab an. Ist man sich einig, kann das jederzeit geschehen.


Ganz um eine Diskussion werden Sie in vielen Fällen aber nicht herumkommen, denn die Interessen der Parteien widersprechen sich naturgemäß:


  • Biogasanlagen oder Tierhalter müssen anfallenden Wirtschaftsdünger dauerhaft und zuverlässig abgeben. Dazu zwingen sie die Düngeverordnung und das Immissionsschutz- bzw. Baurecht. Höchstmögliche Rechtssicherheit besteht für sie, wenn im Vertrag eine konkrete Abnahmemenge steht und der Abnehmer hinsichtlich der Verwertung des Düngers ausdrücklich freigestellt ist. Die Abnahmeverpflichtung sollte also nicht von einer Verwertung auf der eigenen Fläche abhängen.
  • Abnehmenden Betrieben ist dagegen zu raten, die Abnahmemenge darauf zu beschränken, was sie nach geltendem Recht auf eigenen Flächen verwerten dürfen. Schließlich drohen Prämienkürzungen bei Verstößen gegen das Düngerecht. Zudem wollen sie keine Kosten für die Entsorgung oder Verwertung des überschüssigen Wirtschaftsdüngers übernehmen oder Schadensersatz für gar nicht erst abgenommene Mengen an den Abgeber zahlen – weder bei Gesetzesänderungen noch beim Wegfall von Pachtflächen. Eine denkbare Klausel für die Bindung der Verwertung an die selbstbewirtschaftete Fläche mit Formulierungsbeispiel finden Sie in der Checkliste auf Seite 34.


Kann man sich auf die Verteilung des Verwertungsrisikos nicht einigen, sollten Sie zumindest festschreiben, dass es einen Anspruch auf Vertragsanpassung gibt, wenn sich die gesetzlichen Vorgaben erheblich zu Lasten einer Partei ändern. Dies schafft einen fairen Ausgleich für nicht vorhersehbare Veränderungen.


Was, wenn es Streit gibt?


Beharrt der Abgeber auf Abnahme einer bestimmten Menge und ist zur Verwertung vertraglich nichts geregelt, kann sich der Abnehmer nur schwer gegen Übermengen wehren. Mögliche Auswege können sein:


  • Eine Störung der Geschäftsgrundlage (§313 BGB) verschafft in Ausnahmefällen einen gesetzlichen Anspruch auf Vertragsanpassung. Dafür braucht es schwerwiegende, unvorhersehbare Veränderungen von Umständen, die Grundlage des Vertrages geworden sind. Durch diese Veränderungen muss es einer Vertragspartei unzumutbar sein, den Vertrag fortzusetzen. Die Neuerungen im Düngerecht oder auch die Ausweisung eines roten Gebietes könnten potenziell solche Veränderungen darstellen. Es kommt auch hier entscheidend auf den Einzelfall und die vertragliche Verteilung des Verwertungsrisikos an.
  • Bei langfristigen Abnahmeverträgen kann eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund (§314 BGB) möglich sein. Dieses Kündigungsrecht muss nicht ausdrücklich im Vertrag stehen, sondern gilt in allen längerfristigen Vertragsverhältnissen. Die Vertragsfortsetzung muss unzumutbar sein, weil z.B. die Kosten für die Verwertung der zu hohen Wirtschaftsdüngermenge eine ernsthafte und nachweisbare Bedrohung der wirtschaftlichen Existenz des Abnehmers bedeuten würden. In der Praxis ist das selten. Letztlich entscheidet das Gericht einzelfallbezogen, ob ein wichtiger Grund vorliegt.
  • Entscheidend kann auch sein, ob ein Mustervertrag verwendet wurde. Denn nicht ausgehandelte Musterverträge können aufgrund der gesetzlichen Regelungen zur Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB im Einzelnen unwirksam sein. Dies gilt jedoch nur in den Punkten, die eine unangemessene Benachteiligung für den Vertragspartner bedeuten. Der Vertrag wird nicht insgesamt unwirksam.


gesa.harms@topagrar.com

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