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Habe ich meine Finanzen im Griff?

Lesezeit: 8 Minuten

Mit einer Planungsrechnung können Betriebsleiter finanzielle Engpässe erkennen. Wir zeigen, welche Maßnahmen Sie ergreifen können, wenn sich eine kurz- oder langfristige Krise andeutet.


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In den letzten Jahren schwankten die landwirtschaftlichen Gewinne zwischen „überdurchschnittlich“ und „katastrophal“ mehr oder weniger stark hin und her. Das wirkt sich auch auf die Liquidität aus. Damit Sie kurzfristig erkennen, ob ein finanzieller Engpass droht, hilft der Liquiditätsplan. Mit diesem schätzen Sie, wie sich die Zahlungsströme im Laufe des nächsten Wirtschaftsjahres entwickeln (s. Beitrag 9/2019). Ob Sie langfristig mit Ihrem Betrieb liquide bleiben, beantwortet die Planungsrechnung. Denn für Sie als Landwirt ist die Liquidität des Betriebes das wichtigste Unternehmerziel.


Der Cash Flow zeigt Liquiditätsprobleme an


Für die Planungsrechnung nehmen Sie sich die Buchführungsergebnisse der letzten Jahre vor, um mit diesen Ihren voraussichtlichen Gewinn und den sogenannten Cash Flow (III) für den Schnitt der nächsten Jahre zu ermitteln. Der Cash Flow zeigt an, wie viel Geld vom Gewinn für Investitionen übrig bleibt. Um den Cash Flow zu ermitteln, ziehen Sie vom Gewinn in dem jeweiligen Wirtschaftsjahr Privatentnahmen und Tilgung ab und rechnen Abschreibungen und Privateinlagen hinzu. Das Ziel ist ein möglichst hoher Cash Flow. Dann stemmt Ihr Betrieb zukünftige Investitionen und hat ein Polster für schlechtere Jahre. Aufpassen müssen Sie, wenn der Cash Flow negativ wird. Dabei kann der Gewinn trotzdem positiv sein. Wenn Sie beispielsweise zu viel Fremdkapital aufgenommen haben, frisst die hohe Tilgung den Gewinn auf.


Warum ist Ihr Cash Flow zu niedrig? Handelt es sich um eine kurzfristige Preiskrise oder eine langwierigere Kostenkrise? Um die Frage zu beantworten, nehmen Sie sich neben der Planungsrechnug auch Ihre Produktionskennzahlen vor. Daraus errechnen Sie die ökonomischen Leistungen sowie die Ertrags- und Kostenstrukturen. An zwei Beispielen zeigen wir, wann eine Preis- oder eine Kostenkrise vorliegt und welche Maßnahmen Sie im jeweiligen Fall ergreifen können.


Zahlungsengpass durch niedrigen Milchpreis


Josef Meier bewirtschaftet einen 80 ha großen Milchviehbetrieb mit 90 Kühen. Er melkt im Jahresschnitt 9700 kg/Kuh. Der Deckungsbeitrag vor Grundfutter liegt bei 1859 € je Kuh (s. Übersicht S. 40). Damit liegt er im Schnitt vergleichbarer Milchviehbetriebe. Die Jungviehaufzucht hat er ausgelagert. Außerdem baut er 30 ha Getreide, 28 ha Silomais und 22 ha Grünland an. Meier pachtet 24 ha Fläche zu. Mit einem Pachtanteil von 30% liegt er deutlich unter seinen Berufskollegen der Testbetriebe, die im Schnitt 65% ihrer bewirtschafteten Fläche zupachten. Dieser Umstand ist ein klarer Wettbewerbsvorteil. Momentan steht bei Meier noch 162000 € Fremdkapital in Form von Bankdarlehen offen.


Mit diesen Zahlen hat Meiers Berater die Ist-Situation für den Liquiditätsplan gerechnet. Dabei nimmt er einen durchschnittlichen Milchpreis von 0,35 €/kg (brutto) an. Meier würde dann etwa 100000 € Gewinn im Jahr erwirtschaften (s. Übersicht S. 40).


Im Vergleich zu den Vorjahren ist dies ein durchschnittliches Ergebnis. Der Betrieb hält sich also auf einem stabilen Niveau. Das zeigt zum einen das Fremdkapital von 1800 €/Kuh. Vergleichbare Betriebe müssen mit 3000 €/Kuh deutlich mehr stemmen. Außerdem bleibt dem Milchviehhalter am Ende des Wirtschaftsjahres ein Cash Flow von 44016 € übrig. Bezogen auf Meiers Milchmenge könnte der Milchpreis um 5 ct/kg abfallen, bis seine Liquidität gegen null geht. Vergleichbare Betriebe haben einen Puffer von 3,4 ct/kg Milch.


Würde der Milchpreis im kommenden Jahr allerdings um 10 ct auf 25 ct/kg sinken, droht Meier eine Preiskrise. Sein Gewinn sackt dann auf fast 12000 € ab, der Cash Flow sogar auf einen Fehlbetrag von rund 21000 €. Obendrein muss Meier einen neuen Futtermischwagen kaufen. Er beschränkt sich auf eine gebrauchte Maschine für 45000 €.


Zusätzlich werden die Einkommensteuernachzahlung sowie Vorauszahlungen von 18500 € fällig, weil der Gewinn im vorherigen Jahr sehr hoch war.


Was kann Meier nun machen? Um die Steuervorauszahlungen für das aktuelle Jahr zu senken, hat er mit seinem Berater den Gewinn des laufenden schlechten Jahres geschätzt. Damit beantragen sie beim Finanzamt eine Herabsetzung der Vorauszahlungen.


Außerdem vereinbart er bei seinen Handelspartnern etwas Aufschub für fällige Rechnungen und schreibt zeitnah Rechnungen an seine Geschäftspartner, die ihm Geld schulden.


Unterm Strich braucht Meier trotzdem noch 85000 €, um die Preiskrise zu bewältigen. Wichtig ist ihm, dass das Girokonto nicht im Minus steht. Denn dann fallen jeden Tag hohe Kontokorrentzinsen an, die bis zu 15% betragen. Meier hat nun folgende Möglichkeiten:


  • Finanzierung: Meier deckt mit einem Kredit über 85000 € sein Girokonto. Er spricht mit dem Kundenberater seiner Hausbank über die Konditionen. Damit er den Kapitaldienst auch auf lange Sicht stemmen kann, beschließen sie eine Laufzeit von zehn Jahren mit einem Zinssatz von 2%. In Zukunft zahlt er dann für den Kredit jährlich 9385 € an die Bank. Da er auch andere Kredite aufgenommen hat, erhöht sich sein Tilgungsaufwand im Jahr auf 24509 €.
  • Tilgung aussetzen: Alternativ kann Meier auch mit seinem Bankberater vereinbaren, die Tilgung für die laufenden Hausbankdarlehen für z.B. ein Jahr auszusetzen. In dieser Zeit werden nur die Zinsen fällig. Anschließend setzt die Tilgung je nach Absprache entweder mit den gleichen oder höheren Tilgungsbeträgen wieder ein.


Meier hat sich für den Kredit entschieden. Nach der Umfinanzierung bleibt ihm ein Geldüberschuss von etwa 36000 € (s. Übersicht). Dieses Ergebnis ist durch den zusätzlichen Kapitaldienst etwas niedriger als vorher. Trotzdem liegt Meiers Cash Flow mit 4 ct/kg Milch noch über dem Durchschnitt. Auch ist sein Fremdkapital von 2744 €/Kuh weiterhin im Rahmen.


In Zukunft möchte Meier besser gewappnet sein. Im nächsten guten Jahr will er mehr Rücklagen bilden, um Liquiditätsengpässe sicher zu meistern.


Eine Kostenkrise bedroht die wirtschaftliche Existenz


Im Gegensatz zur Preiskrise steht die Kostenkrise. In dem Fall ist Ihr Cash Flow auch in Jahren mit durchschnittlichen Produktpreisen zu gering oder sogar negativ. Das passiert, wenn Ihre Deckungsbeiträge zu niedrig sind. Die Gründe sind meistens zu geringe biologische Leistungen bzw. zu hohe Produktionskosten. Den Unterschied zur Preiskrise erklären wir am Sauenbetrieb von Heinz Müller. Er ist Ferkelerzeuger und hält 230 Sauen mit angeschlossener Ferkelaufzucht. Insgesamt bewirtschaftet er 53 ha, von denen er 30 ha gepachtet hat. Bei seinen Handelspartnern hat er etwa 300000 € Fremdkapital offen. Die Deckungsbeiträge seiner Sauen liegen unter den durchschnittlichen Ergebnissen vergleichbarer Betriebe: Müller erzielt im Schnitt der Jahre einen Deckungsbeitrag von 449 €/Sau (brutto) mit 26,5 verkaufte Ferkeln/Sau. Vergleichbare Betriebe erzielen 580 €/Sau und verkaufen jährlich 28,5 Ferkel.


Mit den Deckungsbeiträgen und den Annahmen im Liquiditätsplan errechnet Müllers Berater einen Gewinn von rund 48000 €, Müllers Cash Flow liegt unter der schwarzen Null bei etwa -13000 €. Er muss also über Privatvermögen oder anderweitige Einnahmen den landwirtschaftlichen Betrieb finanzieren.


Um kurzfristig aus der Kostenkrise zu gelangen, kann Müller die Tilgungszahlungen in Abstimmung mit der Bank verlängern. Bei ihm hat sich die Laufzeit für das vorhandene Fremdkapital (300000 €) von knapp acht auf 15 Jahre verändert. Dann muss Müller jährlich nur 17340 € an Tilgung bezahlen. Auf den Gewinn wirkt sich das kaum aus. Die Differenz beträgt nur 900 €. Allerdings steigt sein Cash Flow auf gut 6300 € bzw. 0,99 €/Ferkel. Die Verlängerung der Kreditlaufzeit machen die Banken allerdings nicht ewig mit. Steigen nämlich die Kreditlaufzeiten über die Abschreibungsdauer von Meiers Investitionen, muss er eventuell Ersatzinvestitionen tätigen, obwohl die aktuelle Technik noch nicht getilgt ist.


Ob Müller langfristig wieder auf einen grünen Zweig kommt, hängt vielmehr von den Leistungen seiner Sauen ab. Die schwachen Deckungsbeiträge zeigen, dass der Betrieb auch in normalen Jahren ein finanzielles Problem hat. Würde Müller durchschnittliche Deckungsbeiträge erreichen, käme er auf einen Gewinn von 77352 € und einen Geldüberschuss von etwa 27000 € bzw. 4,16 €/Ferkel. Damit läge er im Vergleich zu anderen Betrieben, die 2,15 €/Ferkel erwirtschaften, sogar auf einem besseren Niveau. Dann hätte Müller die Möglichkeit, sein Fremdkapital schneller abzubauen z.B. durch Sondertilgungen.


Die Gründe für die schlechten Deckungsbeiträge können vielfältig sein: falsche Fütterung, Tiergesundheit, zu wenig Arbeitskräfte etc. Daher ist unklar, wie lange die Optimierung dauert und welche Kosten noch auf Müller zukommen.


Überblick lohnt sich


Die Beispiele zeigen, dass Sie mit einem regelmäßigen Überblick über die eigenen Finanzen Liquiditätsengpässe frühzeitig erkennen und darauf reagieren können. Damit sparen Sie sich hohe Kontokorrentzinsen. Das ist unabhängig davon, ob Sie Sauen- oder Milchhalter oder Ackerbauer sind.


Informieren Sie in dem Zuge auch Ihren Bankberater über die aktuelle Situation im Betrieb – nicht nur in schlechten Zeiten aus der Not heraus. Er wird es positiv auffassen, wenn Sie die Initiative ergreifen und das Gespräch suchen. maike.schulze-harling@topagrar.com

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