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Hat KTG Agrar die Behörden getäuscht?

Lesezeit: 6 Minuten

Die Insolvenz der KTG Agrar entwickelt sich zu einem handfesten Skandal. Möglicherweise hat der Agrar-Riese Behörden getäuscht und das Grundstückverkehrsgesetz ausgetrickst.


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Der Verdacht wiegt schwer: Die insolvente „KTG Agrar“ hat nicht nur einen Berg an Schulden hinterlassen, Tausende von Anleger um ihr Geld geprellt, Millionen an Fördergelder verbrannt und den Unmut zahlreicher Landwirte auf sich gezogen. Der ehemalige Agrarkonzern soll auch den brandenburgischen Landkreis Prignitz arglistig getäuscht haben. Das zumindest wirft nach top agrar-Recherchen das Landwirtschaftsministerium in Potsdam dem Unternehmen vor.


Der Verdacht wiegt schwer: Die insolvente „KTG Agrar“ hat nicht nur einen Berg an Schulden hinterlassen, Tausende von Anleger um ihr Geld geprellt, Millionen an Fördergelder verbrannt und den Unmut zahlreicher Landwirte auf sich gezogen. Der ehemalige Agrarkonzern soll auch den brandenburgischen Landkreis Prignitz arglistig getäuscht haben. Das zumindest wirft nach top agrar-Recherchen das Landwirtschaftsministerium in Potsdam dem Unternehmen vor.


Das fragwürdige Schauspiel beginnt etwa Mitte 2015. Zu diesem Zeitpunkt sollen 14 Tochterunternehmen der KTG Agrar beim Landkreis Prignitz verschiedene Genehmigungen für den Verkauf von insgesamt 2263 ha an die „ATU Landbau GmbH“ beantragt haben.


Trickserei auf dem Amt:

Wer den Namen des Käufers im Internet sucht, findet nur relativ wenige Infos zu dem Unternehmen. Lediglich in alten Handelsregister-Einträgen heißt es: Die Gesell-schaft wurde im Jahr 2011 gegründet und erzeugt „landwirtschaftliche Produkte“. Schwerpunkte des Betriebes: ökologischer Marktfruchtanbau, Verkauf und Handel von Agrarprodukten.


Diese Infos dürften auch für den Landkreis Prignitz von Relevanz gewesen sein, denn die zuständigen Mitarbeiter mussten im Zuge der Genehmigungen prüfen, ob anderen Landwirten nach dem Grundstückverkehrsgesetz ein Vorkaufsrecht zustand. Das wird immer dann gewährt, wenn es sich bei dem Käufer um einen Nicht-Landwirt handelt und kaufwillige Landwirte auch ein Interesse an den Flächen bekunden. Der Landkreis Prignitz stufte die ATU also als landwirtschaftlichen Betrieb ein; andere Kaufinteressenten waren damit außen vor.


Was dann folgte, hatte der Landkreis sicherlich nicht erwartet: Die ATU verpachtete die Flächen direkt wieder an die 14 Töchter der KTG und keine drei Wochen später wechselt der Gesellschafter bei der ATU. Exakt 94,9% des Unternehmens gingen in das Eigentum der Münchner Rückversicherung über, genauer gesagt in das der MEAG, einer Tochter des Konzernes.


Ein Vorkaufsrecht hatten bei dieser Transaktion kaufwillige Landwirte wiederum nicht. Denn der Konzern hatte sich nicht nur die Flächen der ATU gesichert, sondern Anteile am Betrieb (inkl. Gebäude, Maschinen usw.). Experten sprechen auch von einem Anteilskauf, für den das Gesetz kein Vorkaufsrecht vorsieht.


Ein Verdacht und viel Ärger.

Hat die KTG die ATU somit nur als Zwischenstation genutzt, um andere Käufer von dem Deal auszuschließen? Wollte man der Münchner Rückversicherung die Flächen in einem Paket zukommen lassen, um besonders gute Konditionen zu erzielen? Der Verdacht liegt nahe.


Umso verwunderlicher, dass der Flächendeal den zuständigen Beamten im Landkreis Prignitz nicht schon vor anderthalb Jahren zu denken gegeben hat. Landrat Torsten Uhe (parteilos) wollte gegenüber top agrar dazu keine Stellung beziehen und erst die Ermittlungen abwarten. Vielleicht war er aber auch zu keiner Stellungnahme bereit, weil sich mittlerweile das Landwirtschaftsministerium aus Potsdam eingeschaltet hat.


Dort geht man dem Verdacht nach, inwieweit die KTG die Behörden getäuscht hat. Auf Nachfrage von top agrar beim Ministerium heißt es: Nach dem Grundstückverkehrsgesetz komme es nicht nur darauf an, dass der Käufer zum Zeitpunkt der Veräußerung ein Landwirt sei, sondern dass der Käufer die Flächen nach der Genehmigung dauerhaft als Landwirt bewirtschaftet. Die ATU Landbau GmbH hätte die Behörde daher darüber aufklären müssen, dass die Flächen an einen Nicht-Landwirt überführt werden sollten. Man prüfe deshalb eine Rücknahme der Genehmigung. Der Prozess sei noch nicht abgeschlossen.


Das Ministerium hat allerdings die Landwirtschaftsbehörden angewiesen, nach kaufwilligen Landwirten zu suchen, sofern der Verkauf rechtswidrig war und die Grundstücke neu verteilt werden müssen.


„Das dürfte ein steiniger Weg werden“, sagt Rechtsanwalt Franz-Christoph Michel aus Templin. Er stuft die Erfolgsaussichten des Ministeriums als sehr gering ein. Seine Begründung:


  • Die Rechtsauffassung des Ministeriums, wonach der Käufer dauerhaft die Flächen als Landwirt weiterbewirtschaften muss, ist bislang von den Gerichten so noch nicht bestätigt worden.
  • Wer die Genehmigung für den Verkauf beantragt, muss zwar schriftlich beantworten, ob er Landwirt ist oder nicht. „Die Genehmigungsbehörden fragen allerdings nicht danach, ob die Flächen auch dauerhaft vom kaufenden Landwirt bewirtschaftet werden sollen“, so der Jurist. Daraus könne man der KTG bzw. ATU vermutlich keinen Vorwurf machen.
  • Unabhängig vom Gesellschafterwechsel kann die ATU die Flächen auch weiterhin als „Landwirt“ bewirtschaften. Dass durch den Wechsel die Eigenschaft als Landwirt verloren gegangen sei, müsse das Ministerium erst einmal nachweisen. Anders ausgedrückt: Arglistige Täuschung wird das Ministerium der KTG nur dann nachweisen können, wenn vor dem Verkauf der Flächen an die ATU bereits der Gesellschafterwechsel feststand und die ATU mit ihrem neuen Gesellschafter die Flächen nicht im Sinne des Grundstückverkehrsgesetzes bewirtschaftet. Vor diesem Hintergrund dürften die zuständigen Beamten im Landwirtschaftsministerium vor einer schwierigen Aufgabe stehen.


Sollte es ihnen dennoch gelingen, den Verkauf wieder rückgängig zu machen, ist der Ärger damit aber nicht aus der Welt. Die ATU dürfte dagegen klagen und auf Schadenersatz pochen. Zudem gibt es zwar kaufwillige Landwirte für die Flächen. Aber das Interesse an den Grundstücken könnte sich in Grenzen halten, heißt es bei Insidern aus dem Landkreis Prignitz. Denn die Flächen wurden von der ATU direkt wieder an die 14 Töchter der KTG verpachtet – für 18 Jahre. Zwar sind die Töchter im Zuge der KTG-Agrar-Insolvenz an einen anderen Investor verkauft worden, die Pachtverträge haben aber nach wie vor Bestand. Die Frage ist somit berechtigt: Welcher Landwirt kauft Flächen, die über Jahre hinweg bereits verpachtet sind?


Der Fiskus hat das Nachsehen.

Der Schaden ist somit für alle Beteiligten groß – auch für den Steuerzahler hat die Sache einen bitteren Beigeschmack: Die ATU hat nur 94,9 % ihrer Anteile an die MEAG verkauft, um so offensichtlich der Grunderwerbsteuer aus dem Weg zu gehen. Die Verkaufssumme betrug 27 Mio. Euro. Eigentlich wären 1,7 Mio. Euro Steuern angefallen. Aber wechseln maximal 94,9% der Anteile an einer Gesellschaft den Eigentümer, fällt keine Grunderwerbsteuer an. Ein vollkommen legaler Trick.


Diethard Rolink

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