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„Hingehen, wo es wehtut“

Lesezeit: 13 Minuten

Im top agrar-Interview sagt Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner, wo sie bei der Diskussion um Düngeverordnung und Pflanzenschutzmittel steht und was sie beim Tierwohl erreichen will.


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Frau Ministerin, was ist Ihr wichtigstes politisches Ziel?


Klöckner: Ich will Gesellschaft und Landwirtschaft miteinander versöhnen. Deshalb gehe ich insbesondere auch dorthin, wo es wehtut: Zu Verbrauchern, die ein vorgefertigtes Bild von der Landwirtschaft haben und diese für vieles verantwortlich machen. Und ich gehe zu Landwirten, auch zu deren Großdemonstrationen, wo mitunter sehr einseitig argumentiert wird (Anm. d. Red.: etwa nach Münster; s. Seite 17). Beiden Seiten mache ich deutlich, dass sie sich aufeinander zubewegen müssen.


Und ich will die Diskussion versachlichen. Bei Entscheidungen sind für mich wissenschaftliche Daten und Fakten ausschlaggebend, nicht das Bauchgefühl oder Stimmungen. Deshalb lege ich auch so viel Wert darauf, die Agrarforschung finanziell zu stärken.


Sie kritisieren Schwarz-Weiß-Diskussionen und grenzen sich mitunter auch deutlich vom Bauernverband ab. Dennoch gelten Sie bei Ihren Kritikern als Agrarlobbyistin. Wie kommt das?


Klöckner: Das überrascht mich nicht. Für die einen bin ich die Agrarlobbyistin, für die anderen tue ich zu wenig. Jede einzelne Interessenvertretung hat ihre eigenen Anliegen und lebt auch von der Abgrenzung gegenüber anderen.


Ein Politiker, der nur von einem einzigen Verband gelobt wird, macht etwas falsch. Im Ausgleich liegt die Kraft der Demokratie. Ich treffe meine Entscheidungen unabhängig, bin aber offen für nachvollziehbare und berechtigte Argumente.


Welches Verhältnis haben Sie zum Berufsstand?


Klöckner: Ich komme selbst aus einer Bauern- und Winzerfamilie und lebe in Rheinland-Pfalz in einem landwirtschaftlichen Umfeld. Wer die Branche kennt, weiß: Den einen, homogenen landwirtschaftlichen Berufsstand gibt es nicht. Landwirte aus Ackerbauregionen argumentieren häufig anders als solche aus intensiven Tierhaltungsregionen, Ökobauern anders als konventionelle Landwirte, junge Landwirte anders als ältere. Und auch das muss man wissen: Verbandsvertreter ticken nicht automatisch wie ihre Mitglieder.


Mein Verhältnis zu den sehr unterschiedlichen landwirtschaftlichen Organisationen ist wohlwollend, aber konstruktiv kritisch. Ich stelle mich aber vor die Landwirtschaft und die Bauernfamilien, wenn es notwendig und gerechtfertigt ist. Wir brauchen eine starke, produzierende Landwirtschaft, nicht nur Landschaftsgärtner! Dieses aktuell pauschale Bauernbashing halte ich für unerträglich.


Sie legen sehr viel Wert auf die öffentlichkeitswirksame Darstellung Ihrer Politik. Zu viel?


Klöckner: Der Landwirtschaft wird doch vorgeworfen, dass sie zu wenig erklärt. Selbst die Bauern beklagen, dass die Gesellschaft zu wenig von ihnen weiß und es auch deshalb an Wertschätzung für ihre Arbeit fehlt. Wir gehen dorthin, wo die Verbraucher sind und erklären, informieren und ordnen ein. Wenn NGOs Kampagnen auf Twitter, Instagram oder anderen Plattformen fahren, wären wir doch verrückt, wenn wir uns dort nicht den Argumenten stellen und darstellen, was die Landwirte zum Beispiel gegen das Bienensterben und für den Grundwasserschutz tun.


Grundwasser ist ein gutes Stichwort. Die Landwirte verstehen nicht, warum die Düngeverordnung schon wieder verschärft werden muss.


Klöckner: Die kritische Sicht der Bauern verstehe ich. Aber auch die Gesellschaft will sauberes Grundwasser, das nicht teuer aufbereitet werden muss. Fakt ist: Die EU-Kommission hat vom Europäischen Gerichtshof mit ihrer Klage gegen Deutschland wegen der nicht ausreichenden Umsetzung der Nitratrichtlinie in allen Punkten Recht bekommen. Wer ehrlich ist, wird zugeben, dass Deutschland – zusammen mit den Bauernvertretungen – die notwendige Nachjustierung der Düngeverordnung viel zu lange herausgezögert hat. Im Glauben, man könne vieles verhindern.


Das war vor meiner Zeit. Aber jetzt schaut die Kommission genauer hin, auch unsere Nachbarländer. Diese haben selbst schwer unter den Auflagen der Nitratrichtlinie und Nachbesserungen gelitten (Anm. d. Red.: s. Seite 54). In den Niederlanden mussten die Milchviehhalter ihre Kuhbestände spürbar abbauen, und in Dänemark gab es jahrelang massive Einschränkungen bei der Düngung, bis die Nitratwerte wieder in Ordnung waren.


Vor allem die geplante 20%ige Unterdüngung in den roten Gebieten schmerzt die Landwirte. Können Sie da noch nachbessern?


Klöckner: Eine pauschale 20%ige Minusdüngung ist problematisch. Deshalb verhandeln wir intensiv mit dem federführenden Bundesumweltministerium und suchen nach fachlich sinnvollen Maßnahmen, die eher praktikabel sind.


Davon unabhängig hätte ich mir natürlich gewünscht, dass die Kommission zunächst die Verschärfung der Düngeverordnung von 2017 wirken lässt. Denn es braucht Jahre, bis der Erfolg im Grundwasser auch messbar ist. Diese Geduld scheint die Generaldirektion Umwelt in Brüssel nicht mehr zu haben. Wenn wir kein Einvernehmen erzielen, drohen uns Strafzahlungen von mehr als 850000 € pro Tag.


Wie können Sie den Landwirten die Anpassung an die neuen Regeln erleichtern?


Klöckner: Gemeinsam mit Ursula Heinen-Esser, meiner Kollegin aus Nordrhein-Westfalen, habe ich ein 7-Punkte-Programm vorgelegt. Unter anderem schlagen wir darin ein Bundesprogramm Nährstoffe vor. Darin soll zum Beispiel die Ansäuerung von Gülle mit Schwefelsäure getestet werden, um eine Reduzierung der Ammoniakemissionen in die Luft zu erzielen. Es sollen Vorhaben zur Aufbereitung von Gülle und Gärresten aus Biogasanlagen an verschiedenen Standorten in Deutschland gefördert werden, um die Nährstoffe transportwürdiger zu machen. Wir setzen zudem auf eine stärkere Investitionsförderung in der Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz, um Investitionen in Lagerstätten, Maschinen und Geräte zu fördern, die die Emissionen bei Lagerung und Ausbringung von Wirtschaftsdünger reduzieren.


Wie viel Geld steht dafür bereit?


Klöckner: Bis zu 5 Mio. € aus den Mitteln für die Ackerbaustrategie.


Droht Deutschland auch ein Abbau der Tierbestände, so wie in den Niederlanden?


Klöckner: Vorneweg: Die Verschärfungen der Düngeverordnung in 2017 werden Wirkung zeigen. Das sehen wir schon jetzt. Zum Beispiel entwickeln sich unsere Tierbestände rückläufig. Bei den Schweinen gab es in den Jahren 2017 und 2018 einen Rückgang um mehr als 4%. Die Zahl der Rinder ist im gleichen Zeitraum etwa um 3% gesunken.


Diejenigen, die darüber jubilieren und gleichzeitig günstige Importware kaufen, um sich anschließend zu beklagen, dass immer mehr Bauernhöfe bei uns dicht machen, müssen wissen, dass alles mit allem zusammenhängt. Wir müssen aber umgekehrt auch ehrlich sein mit den Fakten: Es muss eine Balance geben zwischen Tierbeständen und verfügbarer Fläche.


Stress gibt es auch beim Pflanzenschutz. Sie haben im April 2018 Ihre Glyphosat-Minderungsstrategie vorgestellt. Wann tritt diese in Kraft?


Klöckner: Im Koalitionsvertrag haben wir vereinbart, den Einsatz glyphosathaltiger Pflanzenschutzmittel deutlich einzuschränken. Ziel ist es, die Anwendung so schnell wie möglich grundsätzlich zu beenden. Ein nationales Totalverbot, wie es von einigen gefordert wird, ist nicht konform mit dem EU-Recht. Ein entsprechendes Vorhaben im österreichischem Bundesland Kärnten ist gescheitert.


Meine Vorschläge für die Minderungsstrategie stehen, sie sehen unter anderem das Verbot der Anwendung durch Privatpersonen sowie auf Flächen vor, die für die Allgemeinheit bestimmt sind. Auch in der Landwirtschaft wird es zur Reduzierung kommen. Dafür brauchen die Bauern Alternativen. Diese und weitere Eckpunkte habe ich bereits vor einem Jahr vorgestellt. Das Bundesumweltministerium (BMU) hat noch andere Vorstellungen.


Wo hakt es?


Klöckner: Das BMU fordert einen sogenannten Biodiversitätsausgleich. Derjenige, der Pflanzenschutzmittel einsetzt, soll zum Ausgleich 10% seiner Flächen aus der Produktion nehmen oder eingeschränkt bewirtschaften. Das ist verfassungsrechtlich problematisch und käme einer Enteignung gleich. Deshalb lehnen wir das ab. Das Bundesinnen- und das Bundesjustizministerium teilen unsere Haltung. Ich setze darauf, dass wir hier bald zu einer Einigung kommen, sonst kommen wir mit der Minderungsstrategie nicht weiter. Das kann auch nicht im Interesse des BMU sein.


Der Streit um die Biodiversitätsflächen beinträchtigt auch die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) erteilt derzeit nur befristete Zulassungen bis Ende 2019. Wie geht es dann weiter?


Klöckner: Ich habe das BVL mit mehr Personal ausgestattet und die Arbeitsstrukturen verbessert. So konnten wir die im BVL-Bereich liegenden Verfristungen vollständig abbauen. Die Verfristungen, die es jetzt noch gibt, produziert das Umweltbundesamt. Das gehört zum Geschäftsbereich des BMU.


Bei der Zulassung geht es nicht um die Frage, ob wir Pflanzenschutzmittel benötigen, sondern welche Mittel verwendet werden und wie wir diese noch passgenauer und effizienter applizieren können.


Der Lebensmitteleinzelhandel (LEH) kennzeichnet seit Anfang April die Haltungsform bei Rind-, Schweine- und Geflügelfleisch nach einem einheitlichen vierstufigen System. Wie bewerten Sie das?


Klöckner: Grundsätzlich ist es zu begrüßen, dass auch der Handel hier aktiv wird. Ich bin mir sicher, ohne den Druck der Politik wäre hier nichts geschehen. Zur Wahrheit gehört aber auch: Die Haltungskennzeichnung ist kein neues Prüfprogramm und kein neues Label. Es werden lediglich bestehende Labels und der gesetzliche Mindeststandard in ein gemeinsames Konzept einsortiert.


Das führt dazu, dass es innerhalb einer Stufe unterschiedliche Niveaus gibt. Ein konkretes Beispiel: Unter der Stufe 2 der Haltungskennzeichnung (Anm. d. R.: Stallhaltung Plus) werden auch Ferkel vermarktet, die im Ausland mit Methoden kastriert wurden, die bei uns gar nicht zugelassen sind. Zudem finden keine eigenen Kontrollen statt.


Wie passt die LEH-Kennzeichnung mit Ihrem Staatlichen Tierwohlsiegel zusammen?


Klöckner: Mit unserem Staatlichen Tierwohlkennzeichen für Schweinefleisch haben wir den Anspruch, ein Mehr an Tierwohl auf einen Blick sichtbar zu machen. Weitere Tierarten folgen. Das staatliche Tierwohlkennzeichen hat einen rechtlichen Rahmen und umfangreichere, verbindliche Kriterien von der Aufzucht bis zur Schlachtung. Die Einhaltung des gesetzlichen Standards wird beim staatlichen Siegel nicht hervorgehoben, weil es selbstverständlich sein sollte.


Wie kann es gelingen, die höheren Kosten für mehr Tierwohl an die Verbraucher weiterzugeben?


Klöckner: Wenn der Verbraucher sonntags und auch in zahlreichen Umfragen einen höheren Tierwohlstandard einfordert, muss er montags bis samstags auch bereit sein, so einzukaufen. Derzeit gibt es noch kein in der Breite gelerntes und bekanntes Zeichen, das es dem Verbraucher erlaubt, Tierwohlfleisch sicher zu erkennen – das vereinzelte Angebot des Tierschutzbundes und in größerem Maße das der Initiative Tierwohl ausgenommen. Umfragen zeigen, dass sich die Verbraucher ein verlässliches, staatliches Siegel wünschen, weil sie darin eine gewisse Glaubwürdigkeit sehen. Für die Einführung brauchen wir eine Begleit- und Aufklärungskampagne, um das Siegel rasch bekannt zu machen.


Wie wollen Sie vorgehen?


Klöckner: Mein Ziel ist eine breite Marktdurchdringung. Deshalb darf die Eingangsstufe nicht so hoch sein, dass keiner mitmacht. Sie muss auch ohne Umbaumaßnahmen im Stall möglich sein. Daneben gilt es, auch verarbeitete Produkte mitzunehmen. Denn höhere Kosten fallen für das ganze Schwein an, also muss man es auch als Ganzes zu höheren Preisen vermarkten können.


Wer mehr für Tierwohl tun will, muss ggf. anders bauen, zum Beispiel Offenställe. Die führen aber zu höheren Emissionen. Wie kann man die Zielkonflikte und Widersprüche mit Emissionsschutz auflösen?


Klöckner: Wenn das Baurecht mehr Tierwohl verhindert, dann müssen wir das Baugesetzbuch ändern. Da bin ich mir mit Horst Seehofer, dem zuständigen Innen- und Bauminister, einig.


Auch mit Umweltministerin Svenja Schulze, die für die neue TA Luft verantwortlich ist?


Klöckner: Genau darüber werden wir sprechen müssen.


Wann wird das Problem der Kastenstände bei Sauen gelöst?


Klöckner: Wir sind dazu in der notwendigen Endabstimmung mit dem Bundesjustizministerium. Wir werden bald eine Novelle der Tierschutznutztierhaltungsverordnung vorlegen, die mit Übergangsfristen den Kastenstand neu regelt und gerichtsfest macht. Mit unserem Verordnungsentwurf schaffen wir mehr Platz und Tierwohl im Stall. Gleichzeitig berücksichtigen wir aber auch die wirtschaftlichen Notwendigkeiten der Schweine haltenden Betriebe. Vorgesehen ist konkret, dass nach einer angemessenen Übergangsfrist die Fixationszeit von Sauen deutlich verkürzt, die Länge des Kastenstands und die Mindestgröße der Abferkelbucht erhöht werden.


Der Berufsstand fordert für die Ferkelkastration weiterhin die Lokalanästhesie. Gibt es dafür noch eine realistische Chance?


Klöckner: Es sind bisher keine Verfahren der Lokalanästhesie bekannt, die eine Schmerzausschaltung nicht -linderung garantieren, wie es das Tierschutzgesetz vorschreibt. Ich habe eine wissenschaftliche Studie in Auftrag gegeben, die dieser Frage nochmal nachgeht. Die Ergebnisse werden aber nicht bis Ende 2020 vorliegen.


Es ist daher notwendig, dass sich die Bauern den anderen Alternativen öffnen: der Ebermast, der Impfung mit Improvac und der Isofluran-Vollnarkose. Zu letzterer habe ich eine Verordnung auf den Weg gebracht, die es Landwirten ermöglicht, diese – nach Erlangung eines entsprechenden Sachkundenachweises – selbst vorzunehmen. Auch der Handel muss mitziehen. Bundestag und Bundesrat haben durch ihre Entscheidung eine Übergangsfrist ermöglicht, die nun genutzt werden muss für die Umstellung auf die Alternativen. Einen weiteren Aufschub wird es nicht geben.


Sie wollen auch nach 2020 einen stabilen EU-Agrarhaushalt. Wird die Bundesregierung im Falle eines Brexits mehr Geld nach Brüssel überweisen, um Kürzungen zu vermeiden?


Klöckner: Im Koalitionsvertrag haben wir gemeinsam vereinbart, dass die Mittel stabil bleiben sollen – auch der heutige Bundesfinanzminister. Die Staats- und Regierungschefs entscheiden im Herbst 2019 über den künftigen EU-Haushalt. Klar ist: Wer mehr Umwelt-, Tierwohl- und Klimaschutzleistungen von der Landwirtschaft erwartet, kann dafür nicht gleichzeitig weniger Geld bereitstellen.


Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, sog. Eco Schemes (Ökoregelungen) im Rahmen der 1. Säule anzubieten. Welchen Anteil an den Direktzahlungen sollte Deutschland für diese Eco Schemes reservieren?


Klöckner: Die Kommission hat ihre Pläne zur Grünen Architektur gerade erst vorgestellt. Klar ist, es wird mehr Maßnahmen für Umwelt- und Klimaschutz geben. Die konkrete Ausgestaltung muss mit den weiteren Zielen der GAP und den Anforderungen, insbesondere mit der weiterhin notwendigen Einkommenswirkung sowie der Förderung ländlicher Räume, abgewogen werden. Ich halte es daher für verfrüht, bereits jetzt einen fixen Budgetanteil festzulegen. Wir müssen erst wissen, wie viel Geld insgesamt im Topf ist.


Viele Landwirte in Deutschland ärgern sich über gekoppelte Direktzahlungen in anderen EU-Ländern, zum Beispiel für Zuckerrüben. Wird es die nach 2020 noch geben?


Klöckner: Den Ärger verstehe ich, weil die gekoppelten Zahlungen den Wettbewerb verzerren. Gekoppelte Zahlungen kann es, wenn überhaupt, nur geben, wenn sie mit einer Produktionsbegrenzung einhergehen. Generell sind sie nicht umsonst nur unter bestimmten und sehr eng gefassten Bedingungen zulässig. Ob diese erfüllt sind, muss geprüft und kontrolliert werden. Dass einige Mitgliedstaaten nun sogar eine Ausweitung vorschlagen, halte ich nicht für akzeptabel. Das ist das Gegenteil von Marktorientierung.


Sie sind nicht damit zufrieden, wie die Lieferbeziehungen zwischen Milcherzeugern und Molkereien in Deutschland geregelt sind. Was erwarten Sie konkret von den Marktpartnern?


Klöckner: Die Milchwirtschaft ist ein wichtiges Standbein unseres Agrarstandortes. Sie muss sich möglichst krisenfest und zukunftsfähig aufstellen. Es ist Aufgabe von Molkereien und Milcherzeugern, den Preisrisiken wirksam zu begegnen. Die betriebliche Planung und marktangepasste Steuerung der Rohmilchanlieferungsmenge gehören aus meiner Sicht dazu. Das Gutachten des ife-Institutes für Ernährungswirtschaft in Kiel zeigt hier die Alternativen und den weiteren Bedarf auf.


Sie könnten eingreifen und alle Molkereien zwingen, Verträge mit den Erzeugern zu machen, die u.a. Preise und Mengen regeln (§ 148 GMO). Wann werden Sie davon Gebrauch machen?


Klöckner: Überlegungen dazu, wie Preisschwankungen begrenzt und in ihren Auswirkungen abgemildert werden können, gehören in die Branchenstrategie. Ich erwarte von der Branche, dass sie diese zügig erarbeitet. Angesichts der Herausforderung ist das ein längst überfälliger Schritt. Davon mache ich mein weiteres Vorgehen im Hinblick auf die Anwendung des Artikels 148 GMO abhängig.


Klar ist: Regelmäßige staatliche Unterstützung in Krisenzeiten ist keine Selbstverständlichkeit.


Klar ist: Regelmäßige staatliche Unterstützung in Krisenzeiten ist keine Selbstverständlichkeit.


Frau Ministerin, herzlichen Dank.


Das Interview führten Dr. Ludger Schulze Pals und Stefanie Awater-Esper


ludger.schulze-pals@topagrar.com

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