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Hochschulranking: Unis fehlt oft die Praxis

Lesezeit: 8 Minuten

Die Agrarhochschulen bilden ihre Absolventen fachlich exzellent aus. Doch für eine gute Berufsvorbereitung gehören praktische Erfahrungen im In- und Ausland mit dazu.


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Die Studenten erhalten an den deutschsprachigen Hochschulen eine sehr gute fachliche Ausbildung“, spricht Johannes Ritz, Personalvermittler der Entra Unternehmensgruppe, aus Erfahrung. Diese Rückmeldung erhält er von vielen Unternehmen im Agrarbereich. Das bestätigen uns auch die Ergebnisse des diesjährigen Agrarhochschulrankings. In allen Lehrbereichen sind die Durchschnittsnoten im Vergleich zu 2016 noch einmal gestiegen (s. Übersicht 1 und 2, Seite 22). Insgesamt hat jeder vierte deutsche Agrarstudent beim mittlerweile sechsten Agrarhochschulranking abgestimmt (4919 Teilnehmer). Zudem nahmen 191 Studenten aus der Schweiz und 215 Studenten aus Österreich am Ranking teil.


Tier und Pflanze liegen vorn:

Die Studenten bewerten die Lehrbereiche Tier- und Pflanzenproduktion am besten (s. Übersicht 1 und 2, Seite 22). Im Lehrbereich Pflanzenproduktion liegen die Fachhochschulen (FH) mit einer Durchschnittsnote von 1,6 knapp vor den Universitäten mit 1,8. Ganz vorne steht in diesem Jahr die Hochschule Neubrandenburg mit einer Bewertung von 1,3. Hier loben die Studenten die häufigen Exkursionen sowie die guten Dozenten. Die Hochschule in Triesdorf und die FH Kiel rangieren mit einer 1,4 knapp dahinter. An den Unis haben Halle und Rostock mit der Note 1,5 die Nase vorne.


Im Bereich Tierproduktion belegen die FH Kiel (1,2) und die Hochschulen Anhalt (1,3) und Osnabrück (1,4) wie im letzten Jahr die vorderen Positionen bei den FHs. In Osnabrück erwähnen die Studenten in den Kommentaren den Schwerpunkt im Geflügelbereich besonders positiv. Bei den Unis gewinnt Rostock mit einer 1,4. Das mag, neben der intensiven Zusammenarbeit mit den anderen Fachbereichen, auch an dem Outdoor-Hörsaal liegen, den Prof. Petra Wolf eingeführt hat. Sie ist dort für die Lehre in der Tierernährung zuständig: „Mit den Studenten setzen wir uns auf einem landwirtschaftlichen Betrieb mit dem Landwirt, dessen Tierarzt und dem Futtermittelberater zusammen und besprechen z.B. die Zusammensetzung der aktuellen Fütterung.“ So lernen die Studenten, wie die Landwirte praktische Lösungen für ihre Probleme finden. Nicht alle Unis schneiden so gut ab: Mit einer 2,2 liegen Gießen und Göttingen hinten. In Göttingen sei der Tierbereich zu wissenschaftlich und dadurch unattraktiv, merkt z.B. einer der Teilnehmer an.


Ökonomie konstant:

Die Uni Göttingen kann dafür mit der Note 1,5 einen Spitzenplatz in der Agrarökonomie behaupten. Hier argumentieren die Studenten in den Kommentaren vor allem mit den engagierten Dozenten und den interessanten Vorlesungen. Bei den FHs führt hier wieder die FH Kiel (1,4). Die FH hat in letzter Zeit mehrere jüngere Lehrende eingestellt. „Die bringen durch neue Inhalte und Lehrmethoden wieder Schwung in den Hörsaal. Im Fach Statistik machen wir z.B. einen Excel-Kurs. So können wir selbst Auswertungen und betriebsinterne Berechnungen aufstellen“, begründet Brigitte Basedau, Agrarstudentin an der FH Kiel im vierten Bachelorsemester, die guten Bewertungen in den Lehrbereichen.


Landtechnik holt auf.

In der Agrartechnik sind die Bewertungen der einzelnen Hochschulen sehr unterschiedlich. Rostock und Hohenheim ergattern mit einer Note von 1,6 die Spitzenplätze, Gießen (3,1) und Berlin (2,8) liegen im hinteren Feld. In Berlin bemängeln die Studenten den fehlenden Praxisbezug. „Mal einen echten Drescher sehen, das wäre toll!“, schreibt ein Student. Mit einer Note von 2,6 liegt die FH in Soest ebenfalls hinten. Trotzdem verbessert sich die FH im Vergleich zum letzten Mal um eine ganze Note. „Wir haben neue Module und ergänzende Übungen direkt an den Maschinen“, begründet Landtechnikprofessor Bodo Mistele diesen positiven Umschwung.


Praxisnahe Hochschulen vorne:

Die bessere Landtechnikbewertung ist vielleicht der Grund, dass die Studenten die FH Südwestfalen heute häufiger weiterempfehlen, als noch vor zwei Jahren (+9%). Bei den Unis ist Rostock deutlich beliebter als vor zwei Jahren, 86% der Studenten emfpehlen ihre Uni weiter (+8%). Insgesamt legt die Uni Rostock in allen Bereichen im Vergleich zum letzten Hochschulranking um eine halbe Note zu. Prof. Petra Wolf, die ebenfalls Studiendekanin ist, begründet das mit den überarbeiteten Modulen. „Wir haben an den Lehrinhalten gefeilt und unseren Fokus, neben den wissenschaftlichen Hintergründen, auf die Praxisnähe gelegt. Die Zusammenarbeit zwischen Dozenten, Landwirten und Beratern bildet den Leitgedanken“, erklärt sie. Spitzenreiter bei den Weiterempfehlungen ist die FH Kiel. 98% der Rendsburger Studenten empfehlen ihre FH weiter. Das verwundert nicht, denn die FH Kiel befindet sich in diesem Jahr in allen Lehrbereichen unter den Spitzenplätzen. Der Dekan, Prof. Martin Braatz, sieht hier zum einen den Vorteil des Campusstandortes. „Direkt nebenan sind beispielsweise die DEULA und die Landwirtschaftskammer. Dort können wir regelmäßig in die Praxis schnuppern“, erklärt er. Zum anderen besticht die Fachhochschule durch ihre Dozenten. Diese haben mindestens drei Jahre in der Praxis gearbeitet, bevor sie an der FH lehren dürfen. „Unsere Lehrenden wissen deshalb, was die Wirtschaft für Fähigkeiten von den Berufseinsteigern verlangt“, sagt der Dekan.


Im Vergleich zum letzten Hochschulranking haben die Studenten hingegen die Technische Hochschule in Bingen (-20%) sowie die Universität in Berlin (-18%) abgestraft. Nur 62 bzw. 46% empfehlen diese weiter.


Fit für den Beruf:

Trotz der im Schnitt guten fachlichen Ausbildung sehen sich die Studenten nicht für alle Berufe gut ausgebildet. Gerade die Uniabsolventen sind hier noch unsicher: Auf den Beruf als Betriebsleiter fühlen sich im Schnitt knapp die Hälfte der Uniabsolventen durch das Studium gut vorbereitet. Bei den FH-Absolventen sind hingegen im Durchschnitt 82 % der Befragten davon überzeugt. Die FHs konnten hier im Vergleich zum letzten Ranking gut 10% drauflegen. Am besten schneidet die FH in Kiel bei der Berufsvorbereitung auf den Betriebsleiterposten ab (98%). Peter Matthias Andersen, Bachelorstudent in Kiel im 4. Semester, will später den Betrieb zu Hause übernehmen. Er sieht die Vorteile darin, dass die Dozenten immer ein offenes Ohr für die Probleme der Studenten haben. „Bei uns Zuhause auf dem Acker lief im Frühjahr der Mais ungleichmäßig auf. Unser Phytomedizinprofessor konnte mir direkt erklären, dass es an der Sorte lag, die die Trockenheit nicht aushielt. Im nächsten Jahr wollen wir eine andere Sorte anbauen“, erzählt er. Die Unis hingegen bereiten die Agrarier besser auf eine Karriere in der Wissenschaft vor (75 %). An den FHs sind es lediglich ein Drittel. Spitzenreiter bei den Unis ist Halle: 94 % der Studenten fühlen sich auf Berufe in der Wissenschaft vorbereitet. „In der Forschung bekommt man sehr viel mit und man arbeitet häufig in Laboren“, schreibt ein Student der Universität Halle dazu.


Viel Praxis an den FHs:

„Oft fehlt den Absolventen nach dem Studium die Orientierung. Sie wissen nicht, was sie machen wollen“, spricht Johannes Ritz das größte Problem bei der Berufsvorbereitung der Studenten an. Viele probieren erst ein bis zwei verschiedene Jobs aus, bevor sie letztlich in dem Beruf landen, der zu ihnen passt. Er glaubt, dass hier die Erwartungen der Unternehmen und die der Berufseinsteiger zu stark auseinandergehen. Hier sieht er die Hochschulen im Vorteil, die ihren Studenten viele Einblicke in die Praxis bieten. „Beispielsweise erfahren die Studenten über Praktika, was sie in der Arbeitswelt erwartet“, sagt er. Mit dem Praxisbezug ihres Studiums sind vor allem die FH-Studenten gut zufrieden (92%). An allen FHs müssen die Studenten ein Pflichtpraktikum absolvieren. So schreibt die Hochschule in Osnabrück selbst für Studenten mit landwirtschaftlicher Ausbildung ein Praktikum im vor- und nachgelagerten Bereich vor. Dieser hohe Praxisbezug überzeugte auch Tobias Kleuter (s. Reportage Seite 23). Die Uniabsolventen hingegen absolvieren nicht immer ein Pflichtpraktikum. Etwa die Hälfte der Unistudenten wünscht sich mehr Praxis im Studium. Hier befindet sich die Uni Bonn, die kein Praktikum von den Studienanfängern verlangt, mit 64 % auf den hinteren Plätzen.


Einstieg in den Job:

Wir haben die Studenten gefragt, wie sie den Praxisbezug verbessern würden. Die Hälfte der Unistudenten wünscht sich ein verpflichtendes Praxissemester (Übersicht 3) oder Projekte in Zusammenarbeit mit Unternehmen. Diese Kontakte zu Unternehmen heben gerade die FH- Studenten in den Kommentaren positiv hervor, als wir nach der Jobvermittlung über die Hochschule gefragt haben. Hier schneiden die FHs mit der Durchschnittsnote von 1,9 deutlich besser ab, als die Unis (2,4). Die Rendsburger Studenten vergeben ihrer Hochschule die Bestnote 1,5. Das könnte am Praxissemester liegen. „Viele Studenten lernen im Praktikum ihre späteren Arbeitgeber kennen“, berichtet Prof. Braatz.


Auslandserfahrungen on top:

Für die Studenten ist eine internationale Ausbildung immer wichtiger. Selbst in den mittelständigen Unternehmen in der Agrar- und Ernährungsindustrie hat sich die englische Sprache durchgesetzt. „Hausinterne Sitzungen halten die Unternehmen oft auf Englisch“, sagt Johannes Ritz. Das wissen auch die Hochschulen und bieten einige Module auf Englisch an. Insgesamt sind 63 % der Studenten damit zufrieden. Ein Drittel der Teilnehmer würde sich mehr englische Vorlesungen wünschen, darunter mehr FH-(34%) als Unistudenten (26%).


Dr. Clemens Schwerdtfeger von der gleichnamigen Personalberatung sieht auch die Studenten in der Pflicht. Diese müssten selbstständig Auslandserfahrungen sammeln. „Den Umgang mit Menschen einer anderen Kultur lernen die jungen Agrarier nur im direkten Austausch bei einem längeren Auslandsaufenthalt. Das rechnen die Firmen den Bewerbern immer höher an.“ Die Hochschule unterstützt ihre Studenten hier nur teilweise: Partneruniversitäten bekommen 30 % der Teilnehmer von ihren Hochschulen vorgeschlagen, ein Drittel der Befragten bekommt die Studienleistungen im Ausland angerechnet. Einer von ihnen ist Roman Kemper, Student an der Universität Hohenheim. Er studierte ein Semester in Dänemark (s. Reportage Seite 25). Kontakt:


maike.schulze-harling@topagrar.com


Alle Ergebnisse des aktuellen und der vergangenen Hochschulrankings finden Sie unter karrero.com/agrar-hochschulranking

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