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„Ich glaube, dass Trump wiedergewählt wird“

Lesezeit: 6 Minuten

Martin Richenhagen wechselt zum Jahresende in den Ruhestand. Im top agrar-Interview blickt der Deutsch-Amerikaner auf die US-Wahl, die Zukunft der Landwirtschaft und seine Zeit als AGCO-Chef.


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Herr Richenhagen, Sie leben schon lange in den USA, haben sogar die amerikanische Staatsbürgerschaft. Sind Sie mittlerweile mehr Amerikaner als Deutscher?


Richenhagen: Ich bin weiterhin Deutscher und verfolge auch das Geschehen in Deutschland sehr genau. Doch mein gesamtes Familienleben findet hier in Amerika statt. Das verbindet mich natürlich stärker mit Atlanta als mit Köln oder Warendorf.


Amerika steht kurz vor der Wahl. Vor vier Jahren hatten Sie Donald gute Chancen eingeräumt und behielten Recht. Wie sieht es diesmal aus?


Richenhagen: Damals hatte ich gesagt: „Das wird sehr eng.“ Das hat gereicht, um mich in Deutschland unbeliebt zu machen. Als Donald Trump dann tatsächlich gewann, galt ich plötzlich als Prophet. Das stimmte natürlich auch nicht. Nach der Wahl wollte ich ihm eine Chance geben, wie es sich in einer Demokratie gehört. Wieder so eine unpopuläre Position in Deutschland. Aber ich kam schnell zu der Erkenntnis, dass er nicht überzeugt. Für diese Wahl sehe ich es ähnlich. Auch diesmal wird es knapp.


Wie kommen Sie zu dieser Einschätzung?


Richenhagen: Zum einen liegt es an Trump selbst. Er hat noch viele treue Unterstützer, insbesondere hier in der ländlichen Bevölkerung und vor allem bei den Farmern. Bei Biden hingegen ist es schwer zu sagen. Es ist nicht ganz klar, was er eigentlich für ein Programm hat. Trump hat sich 2016 als Anti-Obama inszeniert und Biden inszeniert sich jetzt als Anti-Trump. Ob das reicht, weiß ich nicht.


Warum stehen Landwirte so geschlossen hinter Donald Trump?


Richenhagen: Generell wählen Landwirte eher konservativ. Aber mit Trump hatten sie auch das erste Mal das Gefühl, es interessiert sich jemand für uns Landeier. Was den Handelskonflikt mit China angeht, hat die Trump-Administration versucht, die Einkommensverluste mit Subventionen auszugleichen. Und ganz aktuell ist natürlich die Schweinepest in Europa, dadurch ist die Nachfrage aus China auch hier wieder gestiegen.


Wer wird gewinnen?


Richenhagen: Ich glaube, dass Trump wiedergewählt wird. Damit ginge die Welt nicht unter, auch wenn er nicht der tollste Präsident aller Zeiten ist.


Wen werden Sie wählen?


Richenhagen: Ich werde sicher nicht Trump wählen. Aber bevor ich mich dazu entscheide, Biden zu wählen, muss ich mich mehr mit seinen Themen beschäftigen.


Was würden vier weitere Jahre Donald Trump für Europa bedeuten?


Richenhagen: Es wäre auf jeden Fall schlecht planbar, wegen seiner sehr emotionalen und volatilen Art. Mit einem Präsident Biden gäbe es wahrscheinlich mehr Stabilität. Aber was den Handel angeht, befürchte ich, dass Biden Trumps ‚Buy American‘-Credo fortführen würde. Das kommt in Amerika gut an.


Weg von der Tagespolitik, hin zur Landwirtschaft: Was sind die großen Herausforderungen und Trends in der Landwirtschaft?


Richenhagen: Ein Problem ist, dass viele landwirtschaftliche Betriebe heute nicht profitabel genug sind. Daher wird sich die Konsolidierung fortsetzen. Die Politik hat dabei den Trend hin zu größeren Höfen gefördert. Im Ackerbau mag das sinnvoll sein, in der Tierhaltung aus meiner Sicht eher nicht. Auch der Bauernverband hat in der Vergangenheit auf „Wachsen oder Weichen“ gebaut. Die kleinen Betriebe, die sich intelligent am Markt behauptet haben, fühlen sich aber davon nicht mehr vertreten. Dadurch entstehen automatisch neben dem Bauernverband neue Netzwerke wie Land schafft Verbindung.


Hat der Bauernverband in dieser Hinsicht geschlafen?


Richenhagen: Ja, ich glaube schon.


Haben Sie solche Debatten auch in den USA?


Richenhagen: Die Diskussion um kleinere Betriebsstrukturen haben wir nicht. Ein gesunder Familienbetrieb bewirtschaftet ungefähr 2500 ha. Aber die Diskussion ums Tierwohl nimmt auch hier zu. Als ich vor 16 Jahren in die USA kam, waren die Eier nur nach Größe sortiert. Und die größten Eier waren die teuersten. Heute spielen auch Haltung und Herkunft eine Rolle. Außerdem ist hier die intensive Schweinehaltung umstritten.


Wie wird sich die Landtechnik weiterentwickeln?


Richenhagen: In den letzten hundert Jahren haben wir die Arbeitsprozesse immer weiter mechanisiert – alles wurde stärker, größer, schwerer. Da sind wir am Ende der Fahnenstange angekommen. Ein Schlepper mit 1 500 PS ist nicht die Zukunft. Bei Fendt haben wir zum Beispiel den Xaver entwickelt, ein kleiner, intelligenter, batteriebetriebener Minitraktor, der im Schwarm mit mehreren Maschinen zusammenarbeiten kann. Das wäre auch nicht teurer als ein einzelner großer.


Bei größeren Schleppern wird Wasserstoff eine wichtigere Rolle spielen. Da sind wir auch in der Entwicklung. In fünf Jahren könnten wir einen Prototyp haben.


Wenn Sie auf Ihre Zeit bei AGCO zurückblicken: Worauf sind Sie besonders stolz?


Richenhagen: Dass ich während dieser Zeit mehr als 10000 neue Jobs geschaffen habe. Der gesamte Konzernumsatz hat sich in meiner Zeit bei AGCO von 3,4 Mrd. auf 10 Mrd. US-Dollar erhöht. Auch wenn es in diesem Jahr wegen Corona Rückgänge geben wird, wird der Konzern dieses Niveau vermutlich wieder erreichen.


Haben Sie Entscheidungen bereut?


Richenhagen: Ich bin überdurchschnittlich lange in diesem Job. Selbst Zetsche habe ich überlebt. Natürlich macht man da auch mal Fehler. Bereut habe ich die aber nie, weil ich aus ihnen gelernt habe. Das ist unsere Kultur bei AGCO. Man darf Fehler machen, nur nicht denselben Fehler nochmal. Wir haben zum Beispiel einen Zwölfzylinder-Motor entwickelt, der kaum Absatz gefunden hat. Unterm Strich war das ein Minusgeschäft.


Was sind Ihre Zukunftspläne?


Richenhagen: Ich werde meine Tätigkeit in einigen Aufsichtsräten, z.B. bei Linde, fortsetzen. Auch meine Gastprofessur an der TU Dresden möchte ich erstmal behalten. In Washington bin ich in einer Denkfabrik an der Johns-Hopkins-Universität engagiert, die sich für die deutsch-amerikanischen Beziehungen einsetzt. Bei einem Wahlsieg Trumps wäre diese Arbeit besonders wichtig. Was ich nicht machen werde ist, als Ehemaliger, oder wie ich sage ‚Untoter‘, über die Agritechnica zu wandeln. Da widme ich mich lieber dem Pferdesport. Seit Corona reite ich wieder täglich. Und wenn mein ehrenamtliches Engagement gewünscht ist, würde ich nicht ‚Nein‘ sagen.


Herzlichen Dank für das Gespräch.


frederic.storkamp@topagrar.com

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