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Zu: „Neonics: Die Entscheidung rückt näher“, top agrar 5/2018, Seite 56.

Ideologie und Aberglaube

Lesezeit: 4 Minuten

Für viele Menschen, auch die Entscheider in der Politik, sind die Sachverhalte in der Landwirtschaft zu abstrakt, um sie zu verstehen. Wissenslücken werden wie schon in früheren Jahrhunderten durch Ideologie und Aberglaube ersetzt.


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Um die Lage verständlicher zu machen, stellen wir uns für einen Moment vor, das Thema Verbrennungsmotor oder Elektroantrieb würde nicht die gesamte Bevölkerung betreffen, sondern wäre ein rein landwirtschaftliches Problem. Dann wäre die Ansage der Politik etwa wie folgt:


Schön, dass ihr jetzt Elektroautos habt. Fahren dürft ihr damit aber noch nicht. Der Abrieb von Reifen und Bremsen gelangt in das Trinkwasser und steht im Verdacht, krebserregend zu sein. Wenn ihr das Problem gelöst habt, können wir zwölf Jahre lang über die Zulassung diskutieren. Alle Teile, die nicht wiederverwertet werden können, müssen sich dabei natürlich rückstandsfrei in Wasser auflösen. Bitte beachtet auch, dass das Auto selbstverständlich niemals fahren darf. Es könnte ja zu Unfällen mit Gesundheitsschäden kommen. Das wollt ihr doch auch nicht, oder? Wegen der Transporte und Fahrten macht euch bitte keine Sorgen. Wir holen einfach argentinische Fahrer. Die haben richtig alte Autos. Die fahren immer. Mit Führerschein und TÜV nehmen die es auch nicht so genau. Die sind ganz anders als ihr. Und außerdem billiger.


Rolf Steinkampf,38173 Mönchevahlberg,Niedersachsen


Komplexer als gedacht!


Die Sache mit den Neonicotinoiden ist leider nicht so einfach, wie manchmal verbreitet wird. Der Wirkstoff aus den Rübenpillen hält sich so gut im Boden, dass eine im Folgejahr angebaute Kultur, z.B. Winterweizen, den Wirkstoff abermals aufnimmt (ähnlich Infinito). Das führt dazu, dass von Bienen aufgenommenes Guttationswasser des Weizens ausreicht, um eine völlige Orientierungslosigkeit bei der Biene hervorzurufen.Ich bin selbst aktiver konventioneller Landwirt, sicher nicht grün ‚angehaucht‘ und vermisse selbst die Elado-Beize im Raps. Aber die Neonicotinoide sind leider nicht so harmlos, wie wir lange glaubten.Georg Schmid, 85417 Marzling, Bayern


Das ist ein hausgemachtes Problem


Ich bin auch Rübenanbauer, allerdings in einer etwas weiter entfernten Region zu den Nordzucker Werken und sehe das Verbot der Neonics nicht so dramatisch. Das Problem der Vergilbungsvirosen und anderer Krankheiten ist hausgemacht. Und zwar durch eine zu enge Fruchtfolge und zu hohe Rübendichte in den Rübenhochburgen um die Fabriken.


Schon die Umstellung von einer 3-jährigen Fruchtfolge auf eine 5-jährige Fruchtfolge würde die von Ihnen beschriebenen Ertragsverluste und Krankheitsprobleme mehr als kompensieren. Das hätte sogar gute Nebeneffekte: Das Überangebot an Zucker würde vielleicht ein wenig eingeschränkt und den weiter enfernten rübenanbauwilligen Betrieben würde dies einen Rübenanbau auch ohne Aktienkauf ermöglichen.


Die Giftigkeit der Neonics wird auch in Ihrem Bericht leider nur an den Bienen gemessen. Doch wie ich aus einem Vortrag über die Beize vor uns Rübenanbauern und aus einem Bericht eines unabhängigen Europäischen Instituts über die toxischen Wirkungen von Pflanzenschutzmitteln entnommen habe, reichen zwei gebeizte Rübenpillen aus und ein Vogel, der diese frisst, fällt tot vom Himmel.


Auf meine Nachfrage, was denn mit dem Bodenleben passiere, wie beispielsweise mit Regenwürmern, bekam ich die Antwort, dass dies nicht untersucht wurde. Ein älterer Berufskollege gab mir später den Hinweis, dass er einmal nach einem starken Regenschauer kurz nach der Rübenaussaat tote Würmer in den Rübenreihen fand. In diesem Jahr untersuchte ich einmal bewusst nach einem stärkeren Regentag den Boden und fand früh morgens schon nach wenigen Metern mehrere tote Würmer neben den gerade aufgelaufenen Rüben. Ich möchte nicht wissen, was mit den Vögeln oder anderen Lebewesen passiert, die diese toten Regenwürmer als leichte Beute fressen.


Die Abbaurate der Neonics ist so gering, dass der Weizen, welcher in der Regel nach der Rübe steht, den Wirkstoff noch aufnimmt und mit dem Pflanzensaft transportiert, sodass dieser von saugenden Insekten aufgenommen werden kann. Außerdem dienen diese in Trockenphasen auch den Bienen als Nahrung.


Mario Nebel-Engehausen, 31535 Neustadt am Rübenberge, Niedersachsen

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