Zum Streitpunkt: „(Noch) Mehr Wissenschaft wagen!“, top agrar 6/2019, Seite 8.
Interesse und Wissenschaft
Lesezeit: 2 Minuten
Prof. A. Hensel, Präsident des Bundesinstituts für Risikobewertung, nimmt „Technologiekritik als Luxusdiskussion“ wahr. „Das neue Interesse an Ökologie darf nicht auf Kosten der Versorgung mit …Nahrungsmitteln gehen“ und beim Fortschritt sollen nur „wissenschaftliche Maßstäbe gelten“. Er bewertet Wissenschaftler, die sich mit Ökologie befassen, als politisch motivierte Fortschrittsgegner, die von der „heilen Welt von gestern“ und einer rückwärtsgewandten „Museumslandschaft“ träumen.
Solche Polemik stellt einem Bundesinstitut, das Risikobewertungen auf der Grundlage von wissenschaftlichen Daten zu erarbeiten hat, ein fragwürdiges Zeugnis aus. Prof. Hensel übersieht dabei, dass Hunderte von Wissenschaftlern in dem aktuellen Bericht des Weltbiodiversitätsrats (IPBES) zahllose Belege dafür zusammengetragen haben, dass der dramatische Artenrückgang wesentlich durch landwirtschaftliche Intensivierung und die Monotonisierung der Agrarlandschaften verursacht wurde.
Derartige wissenschaftliche Ergebnisse scheinen Prof. Hensel nicht zu interessieren. Er macht es sich einfach, indem er seine Sicht auf die Nahrungsmittelproduktion für wissenschaftlich fundiert, die der Ökologen aber für eine politisch motivierte „Luxusdiskussion“ hält. Damit stellt er sich auch in Gegensatz zu der ausgewogenen Haltung des top agrar-Chefredakteurs, Dr. Ludger Schulze Pals, der in seinem „Thema des Monats“ (top agrar 6/2019, Seite 3) eine neue Ackerbaustrategie fordert, die einen Ausgleich zwischen intensivem Ackerbau und Schutz der Artenvielfalt sucht.
Prof. Hensel ist mit seinem Versuch, Argumente gegen die BfR-Beschlüsse als unwissenschaftlich abzutun, schon bei der Glyphosat-Zulassung in die Kritik geraten. Die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) und Wissenschaftler zahlreicher Universitäten hatten Glyphosat als „wahrscheinlich krebserregend“ eingestuft, das BfR aber beschränkte sich in seinem Bericht auf die wortwörtliche Übernahme der Bewertung durch Monsanto. Prof. Hensel wertete auch die wissenschaftliche Glyphosat-Kontroverse als politisch motiviert – wobei die Frage erlaubt sein darf, welche der beiden Bewertungen von wirtschaftlichem und welche von wissenschaftlichem Interesse geprägt sein mag.
Prof. Dr. Teja Tscharntke,
Abteilung Agrarökologie, Universität Göttingen, Niedersachsen
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Prof. A. Hensel, Präsident des Bundesinstituts für Risikobewertung, nimmt „Technologiekritik als Luxusdiskussion“ wahr. „Das neue Interesse an Ökologie darf nicht auf Kosten der Versorgung mit …Nahrungsmitteln gehen“ und beim Fortschritt sollen nur „wissenschaftliche Maßstäbe gelten“. Er bewertet Wissenschaftler, die sich mit Ökologie befassen, als politisch motivierte Fortschrittsgegner, die von der „heilen Welt von gestern“ und einer rückwärtsgewandten „Museumslandschaft“ träumen.
Solche Polemik stellt einem Bundesinstitut, das Risikobewertungen auf der Grundlage von wissenschaftlichen Daten zu erarbeiten hat, ein fragwürdiges Zeugnis aus. Prof. Hensel übersieht dabei, dass Hunderte von Wissenschaftlern in dem aktuellen Bericht des Weltbiodiversitätsrats (IPBES) zahllose Belege dafür zusammengetragen haben, dass der dramatische Artenrückgang wesentlich durch landwirtschaftliche Intensivierung und die Monotonisierung der Agrarlandschaften verursacht wurde.
Derartige wissenschaftliche Ergebnisse scheinen Prof. Hensel nicht zu interessieren. Er macht es sich einfach, indem er seine Sicht auf die Nahrungsmittelproduktion für wissenschaftlich fundiert, die der Ökologen aber für eine politisch motivierte „Luxusdiskussion“ hält. Damit stellt er sich auch in Gegensatz zu der ausgewogenen Haltung des top agrar-Chefredakteurs, Dr. Ludger Schulze Pals, der in seinem „Thema des Monats“ (top agrar 6/2019, Seite 3) eine neue Ackerbaustrategie fordert, die einen Ausgleich zwischen intensivem Ackerbau und Schutz der Artenvielfalt sucht.
Prof. Hensel ist mit seinem Versuch, Argumente gegen die BfR-Beschlüsse als unwissenschaftlich abzutun, schon bei der Glyphosat-Zulassung in die Kritik geraten. Die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) und Wissenschaftler zahlreicher Universitäten hatten Glyphosat als „wahrscheinlich krebserregend“ eingestuft, das BfR aber beschränkte sich in seinem Bericht auf die wortwörtliche Übernahme der Bewertung durch Monsanto. Prof. Hensel wertete auch die wissenschaftliche Glyphosat-Kontroverse als politisch motiviert – wobei die Frage erlaubt sein darf, welche der beiden Bewertungen von wirtschaftlichem und welche von wissenschaftlichem Interesse geprägt sein mag.
Prof. Dr. Teja Tscharntke,
Abteilung Agrarökologie, Universität Göttingen, Niedersachsen