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Kompromiss statt Klage

Lesezeit: 5 Minuten

Vor zwei Jahren berichtete top agrar über das Ehepaar Seefried. Die Schweinehalter wurden brutal gemobbt, weil sie gegen ein heranrückendes Wohngebiet klagten. Jetzt stimmte die Gemeinde einer Lösung zu, die die Bebauung auf Abstand hält.


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Marion und Werner Seefried aus dem mittelfränkischen Gnotzheim können sich endlich wieder auf das konzentrieren, was sie in den letzten Jahrzehnten erfolgreich getan haben: ihren Betrieb mit Sauen-haltung, Ferkelaufzucht und teilweiser Ausmast der Ferkel bewirtschaften.


In den letzten Jahren drehten sich ihre Gedanken zwangsläufig um ein anderes Thema. Seit 2013 setzte sich das Ehepaar rechtlich gegen ein Baugebiet zur Wehr, das bis auf rund 150 m an seine ausgesiedelte Hofstelle heranrücken sollte (siehe Übersicht unten). „Wir wollten verhindern, dass es später mit den Bewohnern zu Konflikten wegen der Emissionen aus dem Schweinestall kommt“, erläutert Werner Seefried. Zudem wären für seinen Betrieb notwendige Entwicklungsschritte nicht mehr möglich gewesen.


Obwohl den Seefrieds keine andere Wahl blieb und sie nur die Mittel des Rechtsstaats nutzten, hatte das massive Konsequenzen: Dorfbewohner setzten sie mit üblen Drohbriefen und Demonstrationen heftig unter Druck (siehe top agrar 8/2015, S.22).


Rechtlich war das Ehepaar jedoch erfolgreich. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) kippte 2016 den Bebauungsplan der Gemeinde Gnotzheim und begründete dies mit erheblichen Abwägungsfehlern der Gemeinde und einem fragwürdigem Entwässerungssystem (AZ: 9N14.2674).


Neuer Anlauf der Gemeinde:

Doch damit war der Streit noch nicht beendet. Denn die Gemeinde Gnotzheim legte 2016 erneut einen Bebauungsplan aus. Dieser war fast identisch mit der abgelehnten Variante und hatte nur einen geänderten Abwasserplan.


Seefrieds äußerten daraufhin ihre Bedenken gegen die Planung und legten Widerspruch ein. „Eine erneute Klage erschien unausweichlich“, sagt Marion Seefried. Ziel war, den Bebauungsplan zu verhindern und die Entwicklungsfähigkeit des Betriebs zu sichern.


Andererseits wollten sie aber nicht noch einmal zwei Jahre Unsicherheit, bis der Rechtsstreit entschieden ist. Zudem wäre ihnen angesichts der Erfahrungen während des ersten Klageverfahrens eine Befriedung lieber gewesen.


Als sich der Landtagsabgeordnete Johann Häusler und sein Kollege Dr. Peter Bauer von den Freien Wählern als Vermittler zwischen ihnen und der Gemeinde anboten, waren Seefrieds deshalb offen. Sie hatten Vertrauen zu Häusler, weil sie ihn von seiner früheren Tätigkeit als Geschäftsführer der EG FrankenSchwaben kannten.


Runder Tisch:

Der Politiker organisierte einen Runden Tisch, an dem neben dem Ehepaar Seefried und dem Gnotzheimer Bürgermeister Josef Weiß unter anderem auch der bayerische Landwirtschaftsminister Helmut Brunner teilnahm.


Dieser habe dem Bürgermeister verdeutlicht, dass seine Planung unweigerlich zu Konflikten zwischen den Anwohnern im neuen Baugebiet und dem Schweinebetrieb Seefried führen würde, berichten Teilnehmer. Zudem soll der anwesende Jurist des Ministeriums die Chancen, dass der VGH den Bebauungsplan diesmal durchwinkt, nur auf 50% geschätzt haben.


Sieben Häuser weniger:

Brunner habe deshalb einen Kompromissvorschlag von Häusler wohlwollend zur Kenntnis genommen. Danach sollten die ersten sieben Häuser in Richtung Stall entfallen, um die Abstandsflächen um 60 bis 70 m zu vergrößern. Zudem sollte die Gemeinde zusichern, die weitere Entwicklung des Schweinehaltungsbetriebs Seefried nicht zu behindern, sofern die bauliche Entwicklung nicht in Richtung der Wohnbebauung erfolgt und die Abstände nicht kürzer werden.


Im Gegenzug sollten Seefrieds zusichern, dass sie keine Rechtsmittel gegen den geänderten Bebauungsplan einlegen. Damit könnte dann schnellstmöglichst das Baurecht für 14 Wohneinheiten geschaffen werden. Die Gemeinde stand zeitlich unter Druck. Denn sie hatte bereits während des ersten Rechtsstreits etliche Baugrundstücke an Bürger verkauft, die nun auf ihr Baurecht drängten. Trotzdem lehnte der Bürgermeister den Kompromiss zunächst ab.


Bürgermeister gibt nach.

Um den Druck auf den Kommunalpolitiker zu erhöhen, informierte der Landtagsabgeordnete Häusler daraufhin alle Gnotzheimer Gemeinderäte und bat Gerhard Wägemann, den zuständigen Landrat von Weißenburg-Gunzenhausen, um Unterstützung.


Bei einer Gesprächsrunde Anfang 2017 überzeugte der Landrat schließlich den Bürgermeister, sodass er eine Vereinbarung mit Seefried unterzeichnete. Diese bestand im Wesentlichen aus Häuslers Kompromissvorschlag. Zudem verpflichtete sich die Gemeinde Gnotzheim, die Käufer der Bauplätze darauf hinzuweisen, dass der landwirtschaftliche Betrieb in der Nähe besteht, und diesen Passus auch in die jeweiligen Verkaufsurkunden aufzunehmen.


Ganz auf der sicheren Seite waren Seefrieds damit aber noch nicht. Denn im geänderten Bebauungsplan der Gemeinde Gnotzheim waren zunächst nur die Verpflichtungen der Familie Seefried enthalten, nicht aber die der Gemeinde. Erst als Seefried mit Häuslers Unterstützung konkrete Ergänzungen im Text einforderte, passte die Gemeinde den Plan entsprechend an.


Werner Seefried zieht daraus den Schluss, dass man auch bei Kompromissen bis zum Schluss misstrauisch bleiben und die Texte der rechtlich bindenden Pläne und Beschlüsse genau prüfen sollte. „Hätten wir das nicht gemacht, wären wir ganz am Ende noch einmal über den Tisch gezogen worden“, ist sich der Landwirt sicher.


Bebauungsplan ist rechtskräftig.

Der gefundene Kompromiss wurde vom Gnotzheimer Gemeinderat einstimmig abgesegnet, der Bebauungsplan ist inzwischen rechtskräftig.


Marion und Werner Seefried sehen die Vereinbarung zwar nicht als optimale Lösung an, halten sie aber für tragbar „Es ist besser als den jahrelangen Streit weiterzuführen“, geben beide zu bedenken.


Ihnen ist bewusst, dass sie allein nicht in der Lage gewesen wären, diesen Kompromiss auszuhandeln. „Ohne Unterstützung der beiden Abgeodneten Häusler und Bauer hätten wir keine Chance gehabt“, geben sie offen zu. „Wer diesen Weg geht, braucht starke Verbündete.“Klaus Dorsch

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