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KTG Agrar-Pleite: Neue Spuren von Hofreiter

Lesezeit: 5 Minuten

Rund ein Jahr ist es nun her, dass die KTG Agrar Insolvenz angemeldet hat. Seitdem hat sich einiges getan: Flächenverkäufe wurden widerrufen und es gibt Lebenszeichen von Siegfried Hofreiter, dem Gründer und Ex-Vorstandsvorsitzenden.


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Der Schuldenberg, den die KTG Agrar SE angehäuft hat, ist riesig: 400 Mio. €. Für einen Teil der Schulden müssen die Verantwortlichen nun aber womöglich doch geradestehen: Der Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus aus Hamburg wirft den ehemaligen Vorständen und Aufsichtsräten Insolvenzverschleppung vor und verlangt 218 Mio. € von ihnen zurück. Zwar hatten diese für solche Fälle eine Versicherung bei der Allianz abgeschlossen. Die Police deckt aber nicht die komplette Forderung ab. Einen Teil müssten die Herren aus eigener Tasche zahlen.


Freiwillig wollen Hofreiter und seine Kompagnons die Rechnung offensichtlich aber nicht begleichen. Denkhaus hat daher den Druck erhöht und Klage beim Landgericht Hamburg erhoben.


Auch die Staatsanwaltschaft Hamburg prüft derzeit, ob sie die ehemalige Unternehmensspitze wegen Insolvenzverschleppung vor Gericht zerren kann. Sollte es zum Prozess kommen, müssen die Beschuldigten mit zusätzlichen Geldstrafen oder jeweils bis zu drei Jahren Haft rechnen.


Ärger um Flächenverkäufe:

2263 ha und damit einen Großteil der Eigentumsflächen der KTG konnte sich der Rückversicherer Munich Re sichern, genauer gesagt die MEAG, eine Tochter des Konzerns. Ein Teil des Transfers droht nun allerdings im Nachhinein zu platzen.


Zur Erinnerung: KTG-Tochtergesellschaften verkauften die Flächen nicht direkt an die MEAG, sondern zunächst an eine andere Tochtergesellschaft, die ATU Landbau GmbH. Der zuständige Landkreis stufte die GmbH als landwirtschaftlichen Betrieb ein und genehmigte den Kauf. Keine drei Wochen später sicherte sich die MEAG 94,9% der ATU-Anteile. Eigentlich hätten spätestens jetzt anderen Landwirten ein Vorkaufsrecht zugestanden, weil die MEAG ohne Zweifel als „außerlandwirtschaftlicher Investor“ einzustufen war.


Für Anteilskäufe, bei denen nicht nur Grundstücke, sondern ganze Betriebe oder Teile davon den Besitzer wechseln, sieht das Gesetz aber kein Vorkaufsrecht vor. Zudem entfällt die Grunderwerbsteuer, wenn maximal 94,9% der Anteile einer Gesellschaft den Eigentümer wechseln. So sparte die MEAG 1,7 Mio. € an Steuern.


Der Verdacht liegt also nahe, dass die ATU nur als Drehscheibe diente, um andere Käufer auszustechen. Die Rechnung haben die KTG und die MEAG allerdings ohne die Behörden gemacht: Der Landkreis Prignitz widerrief Ende Oktober die Genehmigung – zumindest für 463 der 2263 ha.


Einen solchen Widerruf nach Grundstückverkehrsgesetz hat es noch nie gegeben. Der Landkreis habe eigentlich sogar für alle 14 Verkäufe die Genehmigung widerrufen wollen, hat aber nur für 6 Verträge mit insgesamt 463 ha Landwirte gefunden, die angesichts des hohen Kaufpreises und der langfristigen Verpachtung das Vorkaufsrecht ausüben können und wollen. Der weitaus größere Teil bleibt somit so oder so im Besitz der MEAG. Weitere 200 ha genehmigte der Landkreis Börde. Dieser hat die Käufer zu einer Stellungnahme aufgefordert und scheint zumindest einen Widerruf zu prüfen.


Nur Aktionismus?

Steckt aber hinter dem Widerruf nur reiner politischer Aktivismus? Vermutlich ja:


  • Ein Widerruf kann – wenn überhaupt – nur gelingen, wenn der ATU Landbau nachgewiesen werden kann, dass sie sich durch falsche Angaben die Genehmigung erschlichen hat. Davon geht der Landkreis aus. Schließlich habe er das Unternehmen nur deswegen als landwirtschaftlichen Betrieb eingestuft, weil er davon ausgegangen sei, dass das Unternehmen auch langfristig die Flächen bewirtschafte. Aber darf es nach Grundstückverkehrsgesetz überhaupt eine Rolle spielen, was der Käufer langfristig mit der Fläche vorhat? Zumindest gerichtlich bestätigt wurde das bisher nicht.
  • Vorausgesetzt, die zukünftige Bewirtschaftung spielt tatsächlich eine Rolle für die Genehmigung, dann könnte der Widerruf trotzdem nur Erfolg haben, wenn die Annahme der Behörde, die ATU bewirtschafte dauerhaft die Flächen, auf Fehlinformationen der ATU beruht. In der Regel fragen die Genehmigungsbehörden aber gar nicht nach, was Käufer langfristig mit den Flächen vorhaben – wenn es sich um Landwirtschaftsbetriebe handelt. Wie zu hören ist, hat die KTG allerdings sogar von sich aus mitgeteilt, dass die ATU nur eine Besitzgesellschaft ist, die sich also auf die Verwaltung von Vermögen des Betriebsunternehmens, sprich anderer Tochterunternehmen der KTG, beschränkt. Und trotzdem hat der Landkreis das Unternehmen als landwirtschaftlichen Betrieb eingestuft.
  • Ein weiteres Problem: Zumindest drei der sechs Verkäufe, deren Genehmigung nun widerrufen wurde, liegen bereits länger als ein Jahr zurück. Ist aber ein Eigentümer schon länger als ein Jahr im Grundbuch als solcher eingetragen, gilt der Kauf in der Regel automatisch als genehmigt, selbst wenn nie eine Genehmigung erteilt wurde. Demnach müsste beim Entzug der Genehmigung der Kauf trotzdem als genehmigt gelten, einfach weil er schon länger als ein Jahr her ist.


Die Wahrscheinlichkeit ist somit groß, dass ein Gericht den Widerruf für ungültig erklären wird. Entsprechend haben Käufer und Verkäufer bereits Anträge auf gerichtliche Prüfung beim Landwirtschaftsgericht Neuruppin gestellt, ein Termin steht allerdings noch nicht fest.


Johanna Garbert, Diethard Rolink

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