Im Norden gehörte Karsten Lieberam-Schmidt zu den Poetry-Slammern der ersten Stunde. Heute organisiert der studierte Landwirt Literatur-Events und ist selbst Buchautor.

Du gehst im Kreis, im Hamsterrad, und drehst und drehst und drehst, (...) während dein Hamster grad auf Rhodos weilt und Cocktails an süße Miezen verteilt. Nee, das kann’s nicht sein!“ Die Worte, ein Auszug aus dem Gedicht „Im Hamsterrad“, fließen rhythmisch und weich ineinander. Karsten Lieberam-Schmidt steht auf einer kleinen, improvisierten Bühne, inmitten der Weinhandlung „Oxhoft“ in Wentorf bei Hamburg.

Der Künstler gestikuliert, tänzelt umher, stampft auf, spricht laut und leise, mal langsam, mal schnell. Das Publikum sitzt direkt vor ihm auf schlichten Holzstühlen, und der Autor hat seine knapp 30 Zuhörer fest im Blick. Vorsichtig legt er einen nostalgisch anmutenden Luftpost-Brief in die Hände eines Gastes, wenig später befördert er ein Glas Honig ans Tageslicht. Natürlich haben die Utensilien stets einen Bezug zu seinen Texten. Er agiert wie ein Zauberer. Man spürt: Er liebt die Bühne.

Mit Humor und Phantasie:

Der Bauernsohn und Agrar-Ingenieur, der auch zwei Semester Französisch in Lausanne studiert hat, schreibt seit Jugendtagen. Längere Texte und Gedichte verfasst er, seit die Hochzeit seines besten Freundes ihn 1995 zu einem ganz besonderen Werk herausforderte.

In Hamburgs Literatur-Szene tummelt er sich seit gut zwei Jahrzehnten, aktuell gehört er dem Vorstand der Hamburger Autorenvereinigung an. „Zufällig lernte ich in den Neunzigern Leute kennen, die den Poetry-Slam aus Amerika in die Hansestadt brachten“, erzählt er. Begeistert von der Art, selbst verfasste Kurztexte innerhalb weniger Minuten gekonnt und gewitzt zu inszenieren, schließt er sich der Bewegung an. Er organisiert, koordiniert und steht kurz darauf auch persönlich im Scheinwerferlicht. Seither ist Karsten Lieberam-Schmidt auf zahlreichen bundesweiten Dichter-Wettstreiten angetreten. In den Jahren 2012 und 2014 kürte ihn das Publikum des Bremer Krimifestivals zum „Crime-Time-Slam-Champion“.

Heute konzentriert sich der 50-Jährige auf die Nachwuchsförderung, reist für Lesungen nach Warnemünde oder Scharbeutz und veranstaltet Schreib-Workshops in Schulen. Zudem plant Karsten Lieberam-Schmidt den „Kirchen-Slam“ in einem großen Reinbeker Gotteshaus Ende April 2016. Auch wenn es anders zu sein scheint: Literatur ist sein Hobby.

Hauptberuflich ist der sympathische Lockenkopf als Wirtschaftsberater tätig. Der elterliche Hof ist weiterhin sein Zuhause, auf den Flächen jedoch ackert ein Pächter, der Getreide, Raps, Kartoffeln und Erdbeeren anbaut. „Ich bin immer noch nah dran, im Herzen immer noch Bauer“, sagt Karsten Lieberam-Schmidt.

Doch wo ist die Brücke zwischen Landwirtschaft und Literatur? „Es ist die Gabe, zu beobachten, z. B. das Wetter, und auch Kleinigkeiten wahrzunehmen an Tieren, Pflanzen und Menschen, die dann als Vorbild für literarische Figuren dienen. Das ist oft der Anfang.“ Sicherlich nicht ohne Grund spielen daher in einem seiner vier unveröffentlichten Kinderbuch-Manuskripte Frösche die Hauptrolle. Reingard Bröcker