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Landwirtschaft dual – zwei Fliegen mit einer Klappe

Lesezeit: 6 Minuten

Vielen Agrarstudenten und Unternehmen fehlt im Studium die Praxisnähe. Die Hochschule Neubrandenburg bietet daher einen Agrar-Bachelorstudiengang an, in dem die Studenten auch die Ausbildung zum Landwirt absolvieren.


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Die Vorwürfe sind nicht neu: Die Lehre an deutschen Agrarhochschulen ist zu theoretisch, zu weit entfernt von der Praxis. Das bemängeln nicht nur Unternehmen, bei denen der Nachwuchs nach dem Studium anheuert. Auch die Studenten selbst wünschen sich eine Ausbildung, die sie besser auf das Arbeitsleben vorbereitet.


Das belegt auch das top agrar-Hochschulranking aus dem Jahr 2016: Gute Noten vergaben die Studierenden ihren Hochschulen nur, wenn diese einen hohen Praxisbezug hatten – einen großen Unterschied zwischen Universitäten und Fachhochschulen gab es nicht.


Doch immer mehr Hochschulen reagieren auf die Kritik und schließen die Lücke zwischen Theorie und Praxis, indem sie duale Agrarstudiengänge ins Leben rufen (siehe Kasten Seite 40).


Wir haben uns an der Hochschule Neubrandenburg erkundigt, wie das Modell funktioniert und wie es bei den Studenten ankommt. Seit dem Wintersemester 2012/13 bietet die Hochschule den Bachelorstudiengang „Agrarwirtschaft dual“ an.


Derzeit sind über 90 dual Studierende an der Fachhochschule in Neubrandenburg eingeschrieben. Diese kommen überwiegend aus den Ländern Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg. Es sind aber auch einige Studenten aus Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen vor Ort.


Innerhalb von viereinhalb Jahren (bzw. 9 Semestern) hat der Studierende sowohl den Bachelorabschluss als auch die Berufsausbildung zum Landwirt in der Tasche. Gegenüber einer getrennt ablaufenden zweijährigen Berufsausbildung und eines dreijährigen Bachelorstudiums sparen die Studenten somit ein halbes Jahr.


Verkürzte Ausbildung:

Die Berufsausbildung im dualen Studium in Neubrandenburg ist nur in den Ländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt möglich. Die Studierenden können sich den Ausbildungsbetrieb selbst aussuchen, der Hof muss aber in dem jeweiligen Bundesland ein anerkannter Ausbildungsbetrieb sein. Eine Liste mit möglichen Betrieben stellt die Hochschule zwar nicht zur Verfügung. Freie Ausbildungsplätze können aber auf den Internetseiten der Landwirtschaftsministerien der drei Bundesländer abgerufen werden.


Die Hochschule kooperiert mit dem Regionalem Beruflichem Bildungszentrum „Johann Heinrich von Thünen“ in Güstrow (Mecklenburg-Vorpommern), der Berufsbildenden Schule des Altmarkkreises in Salzwedel (Sachsen-Anhalt) und dem Oberstufenzentrum in Pritzwalk (Brandenburg).


Das duale Studium stellt an die Selbstständigkeit und den Durchhaltewillen der Studenten größere Anforderungen als es in einem herkömmlichen Studium der Fall wäre. „Beispielsweise muss das gesamte erste Jahr der Ausbildung selbstständig aufgeholt werden. Da sind Selbstdisziplin und Fleiß gefragt“, schildert der 19-jährige Joost Ritsema aus Kirch Kogel (Mecklenburg-Vorpommern), der selbst auf einem Milchviehbetrieb aufgewachsen ist. Die kooperierenden Berufsschulen sind allerdings auf die dualen Studenten eingestellt und geben ihnen Unterstützung und Hilfestellungen, um fehlende Inhalte aufzuholen. Häufig werden an den Berufsschulen eigene Klassen für die dual Studierenden geschaffen.


Enger Zeitplan:

Das erste Jahr und das vierte Semester finden auf den Ausbildungsbetrieben der Studenten statt. Die restliche Zeit spielt sich an dem Hochschulstandort in Neubrandenburg ab:


  • 1. und 2. Semester: Praktische Ausbildung und Besuch der Berufsschule, Zwischenprüfung zum „Landwirt/in“.
  • 3. Semester: Beginn des Hochschulstudiums „Agrarwirtschaft“.
  • 4. Semester: Fortsetzung der Praktischen Ausbildung mit anschließender Abschlussprüfung zum „Landwirt/in“.
  • 5. bis 9. Semester: Hochschulstudium und Bachelorarbeit.


Ausbildungsbetriebe profitieren

: Die letzten zweieinhalb Jahre des Bachelorstudiums finden mit engem fachlichen Kontakt zu den Ausbildungsbetrieben der Studierenden statt. Wenn in der theoretischen Hochschulausbildung Fragen auftauchen, binden die Studierenden häufig ihre früheren Ausbildungsleiter als fachliche Ratgeber ein. Viele Studierende des dualen Studiengangs arbeiten zudem in den Semesterferien auf den Lehrbetrieben.


Für die landwirtschaftlichen Unternehmen hat die Form der Ausbildung einen großen Vorteil: Sie haben die Chance, gezielt Nachwuchskräfte für den eigenen Betrieb aufzubauen. Ausbilder Hans-Peter Greve (51) aus Rodenwalde führt einen Milchviehbetrieb mit 1750 Milchkühen. Er findet das duale Konzept auch aus Ausbildersicht attraktiv: „Die Auszubildenden sind nach meinem Eindruck sehr motiviert, zielstrebig und wissbegierig.“ Im Studiengang gibt es bereits erste Agraringenieure, die ihre Berufslaufbahn auf dem ehemaligen Ausbildungsbetrieb gestartet sind.


Praxisbezug durch und durch!

Nane Christin Biel aus Hitzhusen (Schleswig-Holstein) befindet sich in der Endphase ihres Studiums und wird ihren Bachelor zum Ende des Jahres abschließen. „Ich wollte nicht die studierte Blondine sein, die keinerlei Praxiserfahrungen hat“, war der 23-Jährigen vor Studienbeginn wichtig. Sie entschied sich daher für eine duale Ausbildung und bereut es bislang nicht. „Auch die Vorlesungen sind praxisorientiert gestaltet. Neben Fachexkursionen sind Ausflüge aufs Feld und ins Labor keine Seltenheit.“


Auch Wiebke Petersen aus Neu Kaliß (Mecklenburg-Vorpommern) weiß den Praxisbezug zu schätzen. Die 27-Jährige, deren Eltern beide in der Agrarbranche tätig sind, hat nach dem Abitur zunächst an der Universität in Rostock Agrarökologie studiert und nach eineinhalb Jahren abgebrochen. „Das war nichts für mich. Es war sehr theoretisch und unpersönlich.“ Ganz anders sei es in Neubrandenburg: „Die Professoren kennen einen oft mit Namen. Ein Gespräch mit dem Dozenten nach der Vorlesung ist gang und gäbe“, so Petersen, die mittlerweile das Studium abgeschlossen hat. Die Belastung im dualen Studium schätzt die Junglandwirtin als etwas höher ein. „Dadurch, dass die Ausbildungs- und Semesterzeiten in den viereinhalb Jahren durcheinanderlaufen und teilweise fürs Studium und für die Abschlussprüfung gelernt werden muss, ist von dem Studenten mehr Selbstdisziplin gefragt“, so die Absolventin.


Gute Berufsperspektiven:

Die dualen Studiengänge richten sich vor allem an diejenigen, die später einen landwirtschaftlichen Betrieb leiten wollen. Aber auch für Studierende, die im vor- oder nachgelagerten Bereich arbeiten möchten, ist das Modell geeignet. Während Petersen nach dem Studium auf dem elterlichen Betrieb eingestiegen ist und auch Ritsema eine ähnliche Laufbahn plant, möchte Biel in der Beratung Fuß fassen.


Jetzt bewerben:

Voraussetzung für die Zulassung zum dualen Studium in Neubrandenburg ist die Allgemeine Hochschulreife oder die Fachhochschulreife. Zur Bewerbungsfrist muss ein Ausbildungsvertrag mit einem anerkannten Ausbildungsbetrieb in den zugelassenen Bundesländern vorliegen. Zudem wird ein unterschriebener Kooperationsvertrag zwischen der Hochschule, der Berufsschule und dem Ausbildungsbetrieb gefordert, der die Rahmenbedingungen zwischen den Partnern absichern soll.


Der Bewerbungsschluss zum Wintersemester ist der 31. Juli 2018. Wer zum Herbst starten möchte, sollte sich jetzt um einen Ausbildungsbetrieb kümmern. Der Studiengang ist zulassungsfrei, sodass bei sicherer Zusage eines Ausbildungsbetriebes dem Start ins duale Studium nichts im Wege steht.


Kontakt: christina.lenfers@topagrar.com

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