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„Mein teurer Stallkreditläuft noch 2 Jahre...“

Lesezeit: 6 Minuten

Die Frage an den Experten: Sauenhalter Ludger Stirpe möchte wissen, wie er am besten von den derzeit extrem niedrigen Zinsen profitieren kann.


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Der Fall


Sauenhalter Ludger Stirpe (Name geändert) hat 2002 einen neuen Ferkelaufzuchtstall gebaut. Für die Finanzierung nahm er ein Annuitätendarlehen über 150 000 € mit einer Laufzeit von 20 Jahren auf. Der Zinssatz lag damals bei 6 % und ist bis zum 30.9.2012, also insgesamt für 10 Jahre festgeschrieben (siehe Übersicht 1).


Ein wenig neidisch verfolgt der Ferkelerzeuger deshalb den Verlauf der Kapitalmarktzinsen. Seit fast zwei Jahren geht es nur noch nach unten. Das Zinsniveau für 10-jährige Kredite liegt derzeit bei etwa 3,0 % bis 3,30 %. Da tut es schon weh, dass er mit seinem teuren Stallbau-Kredit noch zwei Jahre gebunden ist. Der Landwirt fragt sich, wie er trotzdem von dem niedrigen Zinsniveau profitieren kann.


Die Lösung


An den Zinssatz von 6% ist der Ferkelerzeuger noch bis zum 30.9.2012 gebunden. Nur mit Einverständnis seiner Bank könnte er den bestehenden Stallbau-Kredit jetzt schon in ein neues Darlehen zu heutigen Konditionen umfinanzieren. Doch das lohnt sich für den Kreditnehmer meistens nicht. Denn die Bank verliert dabei Zinserträge, für die sie als Ausgleich eine so genannte Vorfälligkeitsentschädigung verlangt. Diese wird häufig so hoch sein, dass sie den Vorteil des günstigeren Zinssatzes wieder auffrisst.


Eine vorzeitige Umfinanzierung würde sich nur rechnen, wenn die Bank ihm bei der Vorfälligkeitsentschädigung entgegenkommt. Das ist Verhandlungssache. Im Gegenzug könnte sich der Sauenhalter z. B. bereit erklären, den Kredit bis zum Ende der 20-jährigen Laufzeit bei der jetzigen Bank fortzuführen. Das ist keineswegs selbstverständlich. Denn in zwei Jahren, wenn die 10-jährige Zinsfestschreibung abläuft, wäre Stirpe völlig frei, mit seinem Stallbau-Kredit auch zu einer anderen Bank zu wechseln. Vielleicht ist sein jetziger Kreditgeber ja bereit, für die langfristige Bindung des Kunden einige Abstriche bei der Vorfälligkeitsentschädigung zu machen.


Wenn nicht, sollte der Ferkelerzeuger seinen Blick nach vorne richten, nämlich auf den 1.10.2012. Dann läuft die jetzige Zinsbindung von 6 % ab. Und es wäre mehr als ärgerlich, wenn die Kapitalmarktzinsen bis dahin wieder deutlich gestiegen wären.


Dieses Risiko kann Stirpe jedoch vermeiden, indem er schon jetzt – auf dem möglichen Tiefpunkt der Zinsen – die Anschlussfinanzierung für den Stallbaukredit ab Oktober 2012 festmacht. Mit einem so genannten Forward-Darlehen kann er sich die heutigen, niedrigen Zinsen für die komplette zweite Hälfte der Kreditlaufzeit, also von 2012 bis 2022, sichern.


Moderate Aufschläge


Diese Zins-Absicherung ist allerdings nicht ganz kostenlos. Für die Vorlauffrist von zwei Jahren verlangen die Banken momentan einen Aufschlag von etwa 0,01 % bis 0,03 % je Monat auf den heute gültigen Zinssatz. Die Anschlussfinanzierung ist daher umso günstiger, je kürzer die Restlaufzeit des bestehenden Kredites (bzw. der Zinsbindung) noch ist.


Um seine Verhandlungsposition zu verbessern, sollte Stirpe bei mehreren Banken konkrete Angebote für die Anschluss­finanzierung einholen. Wie das Ergebnis der­zeit in etwa aussehen könnte, zeigt Über­sicht 2. Der güns­tigste Zinssatz liegt bei 3,00 % für ein Annuitätendarlehen mit 10-jähriger Laufzeit (ab 1.1.2012). Hinzu käme ein Zinsaufschlag von 0,25 % für die 24 Monate bis zum Ablauf der jetzigen Zinsfestschreibung.


Insgesamt müsste Stirpe für die folgenden 10 Jahre also 3,25 % Zinsen bezahlen. Die Bank mit dem schlechtesten Angebot will dagegen inklusive Aufschlag 4,35 % haben. Das sind Welten! Top-Angebote lassen sich nur bei Nachweis einer ausgezeichneten Bonität und entsprechendem Wettbewerb der Kreditgeber vor Ort erzielen. Sicherheiten sind ja bereits durch den bisherigen Kredit ausreichend vorhanden.


Wie sich die vorzeitige Anschlussfinanzierung für den Betrieb Stirpe bei den verschiedenen Konditionen rechnet, zeigt Übersicht 2:


In der ersten Variante verringert sich – durch die niedrigeren Zinsen – der jährliche Kapitaldienst um 1 637 € auf 11 701 €. Der Kredit läuft dann noch volle 10 Jahre weiter.


In der Variante 2 nutzt Stirpe die ersparten Zinsen, um die Tilgungsrate zu erhöhen. Dadurch würde die Kreditlaufzeit um etwa ein Jahr sinken, was im günstigsten Fall (top-Angebot) noch einmal gut 2 500 € Zinsen spart.


Was auffällt: Das schlechteste Angebot ist über 6 400 € (Variante 1) bzw. sogar fast 6 700 € (Variante 2) teurer als das beste. Damit gilt auch bei der Anschlussfinanzierung, dass die von der Bank offerierten Konditionen nicht als unveränderlich hingenommen werden sollten. Das erste Angebot ist ein Vorschlag. Wie bei jedem Geschäft sollte darüber verhandelt werden, um einen fairen Preis – sprich: Zinssatz zu finden.


Die Empfehlung


Wie soll sich Ludger Stirpe nun entscheiden? Ist es sinnvoll, die Zinsen für die Anschlussfinanzierung, die eigentlich erst in zwei Jahren ansteht, jetzt schon festzuschreiben? Oder soll er weiter abwarten, in der Hoffnung, dass die Zinsen niedrig bleiben oder sogar noch weiter sinken?


Fest steht, dass die langfristigen Kreditzinsen auf einen historischen Tiefstpunkt gesunken sind (Übersicht 3). Viel billiger können Stallbaukredite kaum noch werden. Das spricht dafür, sich das jetzige Zinsniveau bald für die Anschlussfinanzierung zu sichern. Jedenfalls dann, wenn die Bank dafür nur moderate Aufschläge verlangt, wie im top-Angebot.


Wenn Ludger Stirpe jetzt zu 3,25 % abschließt, hätte das – abhängig von der weiteren Zinsentwicklung – folgende Auswirkungen:


Wenn Darlehen mit 10-jähriger Laufzeit und Zinsbindung im Oktober 2012 exakt 3,25 % Zinsen kosten, hätte der Ferkelerzeuger mit der vorzeitigen Festlegung nichts gewonnen, aber auch nichts verloren.


Sollte der Zinssatz am Kapitalmarkt dagegen weiter sinken, z. B. auf 2,80 % im Oktober 2012, würde der Ferkelerzeuger mit der aktuellen Anschlussfinanzierung zu 3,25 % insgesamt knapp 2 600 € in den Sand setzen. Das wäre natürlich ärgerlich.


Die Sache kann aber auch anders laufen. Steigt der Zinssatz bis dahin auf 3,85 %, hätte er schon knapp 3 500 € gewonnen. Bei einem Anstieg auf 4,35 % sogar gut 6 400 €.


Stirpe muss also für sich entscheiden, welche Zinsentwicklung er für wahrscheinlich hält. Fallen die Zinsen weiter oder bleiben sie auf dem aktuellen Niveau, wäre eine vorzeitige Anschlussfinanzierung nicht sinnvoll. Viel Spielraum nach unten dürfte jedoch nicht mehr sein. Deshalb ist die Summe, die er „verlieren“ könnte, relativ gering.


Die Prognosen der Experten über die weitere Zinsentwicklung sind derzeit sehr widersprüchlich. Manche rechnen noch für längere Zeit mit sehr niedrigen Zinsen. Andere befürchten, aufgrund der aufgeblähten Geldmenge, einen kräftigen Anstieg der Inflation – was das Zinsniveau mit nach oben ziehen würde.


Im Moment deutet wenig darauf hin, dass es schnell wieder nach oben geht. Deshalb könnte der Ferkelerzeuger auch die Strategie „Abwarten, aber jederzeit startbereit sein“ verfolgen. Das heißt: Er informiert seine Bank, dass er über eine vorzeitige Anschlussfinanzierung nachdenkt und handelt dafür auch schon die Eckpunkte aus. Dann wartet er jedoch ab und reagiert erst dann, wenn es erste klare Anzeichen für einen Zinsanstieg gibt. Vorteil: Mit jedem Monat, den er näher an den Ablauf der Zinsbindung heranrückt, muss er weniger Aufschlag auf den aktuellen Zinssatz zahlen.


Ist ihm diese Strategie zu riskant, und möchte er steigende Zinsen definitiv ausschließen, wird er die Anschlussfinanzierung dagegen jetzt schon festmachen. Viel falsch machen kann Stirpe damit eigentlich nicht. Die Chance, dass die Zinsen noch weiter sinken, ist deutlich geringer als das Risiko steigender Zinsen.

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