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Nachabfindung bei Windkraft, PV und Biogas

Lesezeit: 5 Minuten

Wenn Hofübernehmer in Erneuerbare Energien investieren bzw. investiert haben, sollten sie die Fallen der Nachabfindung kennen.


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Im Bereich der Höfeordnung können weichende Erben eventuell Nachabfindungsansprüche geltend machen, wenn ein Hofübernehmer eine Windkraft-, PV- oder Biogasanlage baut, Flächen dafür bereitstellt oder sich an entsprechenden Anlagen beteiligt. Dabei gibt es auf beiden Seiten immer wieder Missverständnisse und rechtliche Streitfragen.


Wann Nachabfindung?


  • Windkraft: Errichtet ein Hofübernehmer eine Windkraftanlage und produziert selbst Strom, ist nur der betrieblich genutzte Strom nachabfindungsfrei. Selbst erzeugter Strom, der in das öffentliche Stromnetz eingespeist wird bzw. die Erlöse daraus sind nachabfindungspflichtig. Dabei können aber vorab der Fremdkapitalaufwand, die Unterhaltskosten, Eigenleistungen u.ä. abgezogen werden. Letztlich muss der Hofübernehmer dann meist nicht mehr viel an die weichenden Erben zahlen.5


Werden Flächen für die Errichtung einer Windkraftanlage verpachtet, ist der gesamte Erlös daraus nachabfindungspflichtig, auch wenn die Flächen weiterhin landwirtschaftlich genutzt werden. Zu den Erlösen zählen dabei nicht nur die Pachteinnahmen, sondern das gesamte Entgelt aus dem Nutzungsvertrag abzügl. der Einkommensteuer.


  • PV-Anlagen: Für PV-Anlagen gilt wie bei Windkraftanlagen, dass Erlöse aus der Stromeinspeisung in das öffentliche Netz und auch die Bereitstellung von Flächen nachabfindungspflichtig sind (siehe oben).7


  • Biogas: Für eine Biogasanlage auf eigenem Grund und Boden kommt eine Nachabfindungspflicht nur dann infrage, wenn Substrate in erheblichem Umfang zugekauft werden. Wird die Anlage nur mit selbst produziertem Substrat gefüttert, entsteht keine Nachabfindungspflicht. Bei baurechtlich eigenständigen, nach §35 (6) genehmigten Anlagen gilt ähnliches. De facto entstehen aber schon deshalb kaum Nachabfindungsansprüche, weil der Arbeitseinsatz des Landwirts gegengerechnet werden kann.8


Bei gewerblich betriebenen Biogasanlagen, etwa in Form einer KG, liefert der Landwirt das Substrat. Dies ist nicht nachabfindungspflichtig. Nachabfindungspflichtig ist jedoch der Erbbauzins für die Zurverfügungstellung von Flächen auf Basis eines Erbbaurechtes.


Was gilt bei Repowering?


Was gilt, wenn eine alte Windkraftanlage durch eine neue ersetzt wird (Repowering), ist noch nicht geklärt. In einem Fall, in dem eine Anlage durch zwei neue Anlagen ersetzt wurde, hat das Oberlandesgericht Celle die Nachabfindungspflicht zwar bejaht (Az: 7 Lw 58/11). Das Gericht betonte aber auch, dass Nachabfindungsansprüche evtl. nur für die zweite Anlage bestehen, weil es sich bei der ersten Anlage um eine fortgesetzte Nutzung handele. Damit bleibt unklar, ab wann genau Repowering nachabfindungspflichtig ist. Das ist letztlich abhängig vom Einzelfall.


Solange die Frage aber nicht abschließend geklärt ist, könnten Hofübernehmer sich die Rechtsprechung des OLG Celle zu Nutze machen: Stand auf der in Anspruch zu nehmenden Fläche bislang schon eine Windkraftanlage, dann ist eine Nachabfindung eher unwahrscheinlich. Handelt es sich um eine ganz neue Anlage, ist diese dem Grunde nach nachabfindungspflichtig. Ob diese Betrachtung in der Rechtsprechung Bestand hat, bleibt abzuwarten.


Welche Zuflüsse zählen?


Ab der Inbetriebnahme der Anlage haben die weichenden Erben ein Anrecht auf Nachabfindung, und zwar bis Ende der Nachabfindungsfrist. Zahlungspflichtig ist ein Landwirt aber nur, wenn der Gewinn der landwirtschaftsfremden Nutzung über dem ZehntelHofeswert (15% v. Einheitswert) liegt.


Von diesem Gewinn können noch Abzüge für Aufwand, Unterhalt etc. gemacht werden. Zudem werden – anteilig für die Anlage – die übernommenen Altschulden und gezahlten Abfindungen berücksichtigt: Für die Altschulden werden die Zinslasten und für die Abfindung die Zinserträge abgezogen.


Wichtig ist, dass die Abrechnung der Nachabfindung jährlich, nach dem Abschluss eines jeden Kalenderjahres bzw. Wirtschaftsjahres, erfolgt. Dabei werden die in dem zurückliegenden Jahr angefallenen Erlöse berücksichtigt.


In diesem Zusammenhang hat das OLG Celle entschieden, dass nur Erlöse berücksichtig werden können, die dem Betriebsleiter tatsächlich in dem Abrechnungsjahr zugeflossen sind. Die Einspeisevergütung, die ja meist nach Abschluss des Abrechnungszeitraumes gezahlt wird, würde damit erst mit einem Jahr Verspätung nachabfindungspflichtig. Ob diese Rechtsprechung bestehen bleibt, ist unklar – erschließt sich doch nicht auf Anhieb, warum eine nachträglich geflossene Einspeisevergütung anders zu bewerten sein soll, als ein Pachtzins für die Standortüberlassung, den der Landwirt i.d.R im laufenden Wirtschaftsjahr erhält.


Informationspflicht?


Viele Landwirte glauben, dass weichende Erben ihre Nachabfindungsansprüche nur in den ersten drei Jahren nach Inbetriebnahme der Anlage geltend machen können. Richtig ist, dass die Nachabfindungsansprüche drei Jahre nachdem die weichenden Erben Kenntnis von der nachabfindungspflichtigen Anlage genommen haben, verjähren.


Dabei reicht es nicht, wenn der Hofübernehmer auf die neue Anlage hinweist oder meint, dass die Geschwister die Anlage doch sehen müssten.


Vielmehr ist es Pflicht des Hofübernehmers, den weichenden Erben von sich aus alle Angaben zu machen, die zur Beurteilung und Berechnung des Nachabfindungsanspruches notwendig sind. Erst dann sind die weichenden Erben „in Kenntnis gesetzt“. Erfüllt der Hofübernehmer diese Pflicht nicht, können die Geschwister ihre Ansprüche über viele Jahre, sogar nach Ablauf der Nachabfindungsfrist, geltend machen.


Reinvestition möglich?


Die Reinvestition von Erlösen aus Erneuerbaren Energien in den landwirtschaftlichen Betrieb führt nicht zur Reduzierung der Nachabfindungsansprüche. Deshalb sollten Landwirte zunächst die Nachabfindungsansprüche klären und erst dann die (verbleibenden) Erlöse verplanen.


anne.schulze-vohren@topagrar.com

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