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Nah an der Natur und nah am Kunden

Lesezeit: 7 Minuten

Ludger und Stephanie Strotdrees leben das, was viele in Politik und Gesellschaft gerne sehen. Und fahren gut damit. Wir stellen den Ökobetrieb des Jahres 2018 vor.


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Den Betrieb der Familie Strotdrees kennt jeder im ostwestfälischen Harsewinkel (Kreis Gütersloh). Nicht nur im Hofladen punktet die Familie mit selbst hergestellten Produkten und professioneller Beratung. Gern führen sie interessierte Kundschaft auch über ihre 75 ha Grün- und Ackerland, zu ihrem Milch- und Mastvieh, in die mobilen Hühnerställe und zu ihren Schweinen im Außenklimastall. Strotdrees (fast) autarkes und ehrliches Konzept wird von den Kunden geschätzt. Das zeigt nicht zuletzt auch der erfolgreiche Hofladen.


Auf dem Weg zum Kreislauf:

Stephanie Strotdrees wollte schon als Jugendliche die Welt verändern, weg von der Wegwerfgesellschaft, zurück zu einer echten Kreislauflandwirtschaft. Zu dem Betrieb ihrer Schwiegereltern in Harsewinkel passt das wie die Faust aufs Auge. „Schweine, Kühe, Hühner, Ackerbau: Es war alles da, wie im Bilderbuch“, erinnert sie sich. Allerdings waren die Gebäude renovierungsbedürftig und der Betrieb wurde nur im Zuerwerb geführt.


Eine Herausforderung, die Stephanie und Ludger Strotdrees reizt: Sie wollen im Haupterwerb durchstarten – mit professioneller Vermarktung und als Ökobetrieb. Sie stellen den Hof auf Bio um und renovieren Stück für Stück.


Die 40-köpfige Milchviehherde steht jetzt in einem neuen Laufstall. Dazu 25 Mastbullen im Tretmiststall mit Außenauslauf, die Schweine auf Stroh im Außenklimastall plus Hühner und Hähnchen in mobilen Geflügelställen. Der Betrieb braucht den Dünger aus der Tierhaltung. Die Ackerflächen im „Witten Sand“ haben im Schnitt nur magere 23 Bodenpunkte. „Ohne Tiere wären wir nicht wettbewerbsfähig“, weiß Ludger Strotdrees.


Auf Tierhaltung angewiesen.

Die Veredelung über die Tiermagen wird das Kernstück von Strotdrees Kreislaufkonzept. Maßvolle, qualitative Fleischvermarktung der wirtschaftliche Multiplikator. „Bei uns stehen nur 1,2 Großvieheinheiten auf dem Hektar“, erklärt Ludger Strotdrees. Mehr kann er mit dem eigenen Grünland, Mais und Getreide nicht erfüttern. Für Strotdrees müssen Tiere und Fläche zusammenpassen. Futter zukaufen kommt nicht infrage. „Dann stimmt das Verhältnis von Tier und Fläche nicht“, findet er.


Zu Beginn vermarkteten Strotdrees viele ihrer Produkte direkt über den Küchentisch. Die Unruhe ist groß, zu jeder Uhrzeit kommen Kunden auf den Betrieb. Den ganzen Schlachtkörper können sie so auch nicht vermarkten, weil die weitere Verarbeitungskette fehlt. Das passt nicht zum Betriebskonzept. „Wir wollen alles am Tier wertschätzen“, sagen sie.


Hofladen bringt Ruhe.

Strotdrees entschließen sich für eine professionelle Direktvermarktung über einen Hofladen mit klaren Öffnungszeiten. Obwohl der Betrieb im Außenbereich liegt, kommen in der Woche etwa 200 Kunden in den Laden. „Die meisten sind Stammkunden, die mit einem sehr hohen Kundenbon einkaufen“, erklärt Stephanie Strotdrees.


Die Attraktivität des Hofladens und damit der Umsatz pro Kunde sind jedoch nur dann hoch, wenn das Sortiment breit genug ist. Strotdrees verkaufen deshalb neben Eiern und Fleisch auch alle anderen Produkte, die zum Wocheneinkauf gehören, sogar Limonade und Biokosmetika, die sie vom Großhandel beziehen. Seit zwei Jahren bieten Strotdrees auch frische Milch in ihrer Milchtankstelle an. Darüber vermarkten sie etwa 10% ihrer Milch, der Rest geht an die Molkerei Söbbeke.


Die beiden Unternehmer binden ihre Kunden durch Transparenz und Offenheit. Auf Anfrage bieten sie Hofführungen an und mehrmals im Jahr machen sie mit ihren Kunden verschiedene Events wie Weinverkostungen, Lesungen und auch Musikveranstaltungen. „Kein Tag ist wie der andere, aber Privatsphäre haben wir noch“, versichern sie.


„Fleisch ist unser Ding“:

Die 4,50 m lange Fleischtheke im Hofladen ist Stephanie Strotdrees ganzer Stolz. „Hier kommt nichts Fremdes rein“, erklärt sie. Da alle Bullenkälber auf dem Hof gemästet und auch vermarktet werden, wird ein Drittel der Milchviehherde mit der Fleischrasse Aberdeen Angus belegt. Neben den Mastbullen gehen aber auch Altkühe über die Ladentheke.


Pro Woche fahren Strotdrees im Schnitt 2 Schweine und alle 3 Wochen ein Rind sowie ein paar Mal im Jahr Hähnchen zu ihrem bio-zertifizierten Metzger in den Nachbarort. „Das ist noch echtes Handwerk“, loben sie. Ihre Tiere werden dort vor Ort geschlachtet und das Fleisch weiterverarbeitet. So vermeiden sie lange Transporte und Schlachtstress für ihre Tiere. Als Frischfleisch können sie vom Hackfleisch bis zum Filet und zudem ein breites Wurstsortiment in bester Qualität anbieten.


Von der Nase bis zum Schwanz:

Das ist für Strotdrees eine Grundvoraussetzung: „Unsere Tiere werden von der Nase bis zum Schwanz verarbeitet“, erläutern sie. Die Kunden schätzen das Konzept und die Frische der Fleischprodukte. „Bei uns kaufen nicht nur Ökos. Auch konventionelle Käufer schätzen gutes Fleisch und nehmen dafür weite Einkaufswege und höhere Preise in Kauf“, weiß Stephanie Strotdrees.


Die landwirtschaftliche Produktion orientiert sich an der Nachfrage des Hofladens. „Wir schlachten nach Bedarf“, sagen sie. Schlachtung und Weiterverarbeitung beim Metzger aus dem Nachbardorf dauern etwa eine Woche. Die meisten von Strotdrees Kunden verstehen das und bestellen bei großen Mengen vor. „Das finden wir gut, weil wir neben der sehr guten Qualität auch eine größere Wertschätzung für das Produkt erreichen wollen“, erklärt Stephanie Strotdrees.


Hofladen und Landwirtschaft sind zwei unterschiedliche Betriebe, aber beide rentabel. Der Hofladen ist dabei der beste Kunde der Landwirtschaft und kauft als Gewerbebetrieb die landwirtschaftlichen Produkte zu marktüblichen Biopreisen ein.


Die Wertschöpfung im Hofladen muss so hoch sein, dass neben dem Einkauf, die Schlachtung, das Gebäude und die Arbeit der Mitarbeiter entlohnt werden und trotzdem noch ein ordentlicher Gewinn für Stephanie und Ludger Strotdrees übrig bleibt. „Das schaffen wir“, sagt Stephanie Strotdrees.


Auch weil sie auf Professionalität in der Vermarktung setzt. Für die Website hat sie einen Grafikdesigner engagiert. „Das würde ich auch jedem empfehlen“, rät sie. Außerdem hat sie zwei gelernte Fleischfachverkäuferinnen in Vollzeit angestellt, die mit ihr zusammen die Kunden beim Einkauf beraten.


Strotdrees bilden auch aus. Die Azubis und Praktikanten kommen oft nicht vom Hof und lernen die Landwirtschaft von der Pike an kennen.


Einmal im Jahr fahren Strotdrees weg und überlassen den Betrieb ihren Angestellten und ehemaligen Azubis. „Die kennen alle Arbeitsschritte auf dem Hof und übernehmen gerne Verantwortung“, freuen sich Strotdrees.


Für die beiden Unternehmer hat ein bisschen Abstand vom Betrieb auch Vorteile. „Neben der notwendigen Erholung kommen uns im Urlaub mit der ganzen Familie oft die besten Ideen, wie wir unseren Betrieb weiterentwickeln können“, freut sich Ludger Strotdrees.


Neue Heutrocknung:

Eine dieser neuen Ideen haben Strotdrees dieses Jahr umgesetzt: eine Heutrocknung. Seit April steht das 11 m hohe hölzerne Gebäude mit einer Grundfläche von 26 m x 30 m auf dem Betrieb und wartet auf den ersten Einsatz.


Ziel der kontrollierten Grastrocknung unter Dach ist es, ein qualitativ hochwertigeres und energiereicheres Grundfutter herzustellen. Bis jetzt füttern sie fast 2 kg selbst erzeugtes Kraftfutter pro Tier und Tag an ihr Milchvieh. Bei einer Milchleistung von 6500 kg je Kuh und Jahr ist das viel, aber notwendig, weil die Grassilagen von ihren Flächen mit knapp 6 MJ (sehr) energiearm sind.


Strotdrees würden die Kraftfuttergabe gern reduzieren und ihr Getreide stattdessen vermehrt im Geflügel- und Schweinefutter einsetzen. Dafür muss aber neben der Qualität auch der Energiegehalt des Grundfutters stimmen. Die Heutrocknung soll das jetzt sicherstellen.


Schon ab dem ersten Schnitt geht das angewelkte Gras künftig direkt in die Heutrocknung. Dort pustet ein Ventilator unter Dach angewärmte und entfeuchtete Luft zum Trocknen durch das Gras. Strotdrees vermeiden so nicht nur Energieverluste durch die Veratmung von Zucker in den Pflanzen, sondern sind auch noch wetterunabhängig.


Außerdem können sie über das ganze Jahr hinweg die Schnitte separieren und gleichzeitig aus verschiedenen Schnitten füttern, je nach Bedarf. „Wir erhoffen uns, durch das bessere Grundfutter die Milchleistung ohne Kraftfuttergabe zu halten“, erläutern Strotdrees.


Abgeschaut haben sie sich das Konzept aus dem Allgäu. In Harsewinkel ist der Bau einmalig. Wenn ihre Molkerei mitmacht, wollen Strotdrees in Zukunft auch Heumilch anbieten.


Hanne HonerlagenKontakt: ludger.schulzepals@topagrar.com

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