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„Nur so konnten wir bauen“

Lesezeit: 4 Minuten

Landwirt Hemme betreibt seit Anfang Oktober die deutschlandweit erste Ansäuerungsanlage im Stall. Die Genehmigung für den Stallneubau hätte er ohne diese nicht bekommen.


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Heinz-Hermann Hemme hat keine Angst vor großen Schritten. Das sieht man sofort, blickt man sich auf dem Hofgelände im niedersächsischen Walle um: Dort stehen 840 Kühe in zwei Laufställen, der neuere gerade erst fertiggestellt. Mit Nachzucht kommt Hemme auf rund 1480 Rinder.


Die Färsen stehen in Altgebäuden. Aber auch ein neuer Jungviehstall mit 460 Plätzen ist fast fertig: „Das war ursprünglich der Grund für den jetzigen Schritt von 430 auf 865 Kühe: Wir wollten einen neuen Stall für unser Jungvieh. Aber der allein rechnet sich nicht. Dafür braucht man mehr Kühe“, erinnert sich Milchviehhalter Hemme. Daher beantragte er einen neuen Jungvieh-, einen weiteren Milchviehstall, eine Kälberplatte für mehr Iglus und ein weiteres Gärrestlager für die Biogasanlage, in der er seine Gülle vergärt.


Schon der vorherige Schritt von 140 auf 430 Kühe war schwierig zu realisieren. Um an die Genehmigung des jetzt alten Laufstalls zu kommen, musste er ihn statt am Betriebsstandort, der an der Straße und nahe einer Wohnbebauung liegt, einige 100 m entfernt bauen. Auch der neue Lauf- sowie der Jungviehstall konnten nur an diesem neuen Betriebsstandort entstehen. Dort grenzt aber ein Kiefernwald an. „So war die Gülleansäuerung die einzige Möglichkeit, die uns blieb, um an eine Genehmigung zu kommen“, erläutert Hemme. Denn nur diese kann die Ammoniak-Emissionen der geplanten Ställe soweit reduzieren, dass die Belastung für den nahen Wald nicht zu hoch wird.


Und tatsächlich: Es dauerte lange zehn Jahre, aber schließlich genehmigte der Landkreis Celle 2018 den Neubau. Neben der Gülleansäuerung, verpflichteten die Beamten Landwirt Hemme dazu, die neuen Ställe sowie den alten Laufstall mit 28 m hohen Schornsteinen auszustatten (s. Interview Seite 39).


1 Million € Umweltkosten


Hemme begann mit dem Bau. Im „alten“ Laufstall mit planbefestigtem Boden und Schieber bleibt der Kot rund 1,5 Stunden auf der Lauffläche. In die neuen Ställe baute er Spaltenböden ein. So landet der Kot schneller im Güllekanal bzw. in der angesäuerten Gülle und stößt kaum noch Emissionen aus.


Da das Gülle-Säure-Gemisch zurzeit noch als stark wassergefährdet eingestuft wird, muss er es doppelwandig lagern (siehe Seite 39). Der Landwirt musste seine Güllekeller daher mit Folie auskleiden. Das kostete ihn rund 430000 €. Hinzu kamen mit rund 245000 € recht hohe Kosten für die Ansäuerungsanlage, da er, um die angesäuerte Gülle in der Biogasanlage einsetzen zu können, zwei Systeme braucht: eins, das mit Schwefel- und eins, das mit Essigsäure ansäuert. Für die Kamine zahlte er ca. 250000 €, für sämtliche Gutachten ca. 200000 €. „Der Bau der zwei Ställe, der Kälberplatte und des Gärrestlagers kostete mich ca. 5 Mio. €. Rund 1 Mio. € gingen allein für die Erfüllung der Umweltauflagen drauf“, schätzt Hemme.


Kaum Güllegeruch


Seit Anfang Oktober ist der neue Laufstall belegt und die Ansäuerungsanlage läuft. „Die ersten zwei Tage schäumte die Gülle stark und man roch sie bis an die Straße. Seitdem ist das Klima im neuen aber sogar besser als im alten Stall, auch Dank der vielen Lüfter unter den Kaminen. Man riecht die Gülle praktisch nicht“, so Hemme.


Nur die Biogasanlage läuft noch nicht wieder rund. Hemme setzt 7% Mais, 5% Mist und sonst nur Gülle ein. Damit der Schwefelgehalt im Gas durch die angesäuerte Gülle nicht zu sehr ansteigt, kann er nicht nur Schwefel-, sondern muss auch die viermal so teure Essigsäure einsetzen, die aber auch mehr Methanertrag bringt. Die Unis Kiel und Bonn unterstützen ihn beim momentanen Austesten.


Auch beim Ackerbau sieht Hemme Vorteile: „60% meiner 860ha liegen im roten Gebiet. Durch die Ansäuerung der Gülle verliere ich weniger N, bekomme also aus Gülle und Gärresten mehr Stickstoff an die Pflanzen. Das ist ein echter Vorteil, gerade wenn ich künftig nur noch 20% unter ermitteltem Bedarf düngen darf“, zeigt sich Hemme insgesamt zufrieden mit seiner Entscheidung zur Ansäuerung.

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