Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Sonstiges

Stilllegung 2024 Agrardiesel-Debatte Bürokratieabbau

Aus dem Heft

Österreich: Schon 500 Wolfsrisse

Lesezeit: 4 Minuten

In Österreich treiben Almbauern aus Angst vor dem Wolf keine Tiere mehr auf. Die Bauernvertreter drängen darauf, den Schutzstatus des Raubtiers rasch zu lockern.


Das Wichtigste aus Agrarwirtschaft und -politik montags und donnerstags per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Josef Zandl, Betriebsleiter von Gut Fischhorn in Bruck an der Glocknerstraße, treibt keine Weidetiere mehr auf die Alm. Bis zum Jahr 2015 weidete er auf seinen rund 1000 ha Almflächen neben den eigenen 250 Rindern regelmäßig auch Schafe von Bauern aus der Region.


Am Ende der Weidezeit waren 68 der 127 aufgetriebenen Schafe tot, dazu noch zwei Kalbinnen. Entweder waren die Tiere gerissen oder abgestürzt. Weil Zandl Wolfsspuren gefunden hatte und der Wolf in eine Fotofalle getappt war, ist für den Almbauern klar: Der Wolf ist für den Schaden verantwortlich.


Die auftreibenden Schafbauern bekamen den Sachschaden von 15000 € zwar ersetzt. Zandl jedoch blieb auf den Mehraufwendungen von 5000 € für Behirtung, Beweissicherung, Zaunreparatur und Verwaltung sitzen.


Keine Tiere mehr auf die Alm:

Zandl treibt seitdem keine Tiere mehr auf die Alm. „Wir können nicht mehr für die sichere Verwahrung der Schafe am Berg garantieren. Zudem stehen die notwendigen Mehraufwendungen in keinem Verhältnis zum Ertrag“, so der Betriebsleiter. Er hält eine naturnahe Weidewirtschaft nicht vereinbar mit dem Wolf. „Wenn sich Wölfe in Österreich etablieren, dann wird die Viehwirtschaft zunehmend verschwinden.“


So wie Zandl überlegen mittlerweile viele Weidehalter in Österreich, ob sie ihre Tiere überhaupt noch austreiben sollen. So groß ist in vielen Regionen bereits die Angst vor dem Wolf.


Schutzmaßnahmen wie Zäune und Herdenschutzhunde halten die Landwirte für nicht praktikabel. „Um wirklich Schutz vor dem Wolf zu bieten, müsste ein Zaun einen halben Meter tief in die Erde eingegraben werden. Das ist auf den Almen aufgund des felsigen Untergrundes oft gar nicht möglich“, erläutert Rupert Quehenberger, Obmann der Bezirksbauernkammer Hallein. Er hält Zäune in Tourismusregionen auch aus optischen Gründen für undenkbar.


Schutzhunde keine Lösung:

Herdenschutzhunde scheiden schon deshalb aus, weil durch die Almgebiete Wanderwege führen. Konflikte zwischen Herdenschutzhunden und Wanderern wären vorprogrammiert, geben die Almbauern zu bedenken.


Zudem stünden Kosten und Nutzen der Schutzmaßnahmen in keinem Verhältnis. „Schließlich geht es hierbei um lediglich etwa drei Monate Almbetrieb im Jahr. Und was macht man die übrige Zeit des Jahres mit den Hunden?“, fragt Quehenberger.


Ein Modellversuch zum Schutz von Nutzviehherden im Osttiroler Kals wurde nach zwei Jahren eingestellt. Laut Georg Höllbacher, Obmann der Nationalen Beratungsstelle für Herdenschutz, hätten zu viele Faktoren – von Haftung bis Tierschutz – einem Erfolg entgegengestanden.


FFH-Richtlinie ändern!

Immer mehr Experten und Interessenvertreter in Österreich verlangen deshalb Instrumente, um dem Wolf Grenzen zu setzen. „Dazu ist es notwendig, die FFH-Richtlinie so zu ändern, dass geregelte Entnahmen bzw. im Ernstfall Abschüsse möglich werden“, fordert Hermann Schultes, Präsident der Landwirtschaftskammer (LK) Österreich. „Dafür müssen wir den Wolf in den Anhang 5 der FFH-Richtlinie bringen.“


Bauernvertreter und Jäger treten dafür ein, wolfsfreie Zonen über die wildökologische Raumplanung zu schaffen. „Wir müssen tolerierte Lebensräume festlegen, wie Kernzonen, Korridorzonen und Freizonen, die diese Raubtiere von Nutztieren und Erholungsuchenden fernhalten“, schlägt Schultes vor.


Derzeit ist aber die Ausweisung von Freizonen, in denen eine bestimmte Wildart nicht toleriert werden kann, in der FFH-Richtlinie nicht vorgesehen. Aber es gibt Hoffnung. Bei großen Beutegreifern sei die EU-Kommission aufgeschlossen gegenüber länderübergreifenden Ansätzen, so Walter Arold, Leiter des Forschungsinstituts für Wildtierkunde und Ökologie an der Universität Wien.


Beim WWF Österreich stoßen die Forderungen der Landwirtschaft zum Schutz der Weidetiere auf ein geteiltes Echo. So erklärt Christian Pichler, Wolfsexperte beim WWF, zwar, dass „es im Interesse der Almbauern höchste Zeit ist, dass die Politik die Viehhalter aktiv unterstützt.“ Aber das Wie unterscheidet sich doch sehr von den Forderungen der Landwirtschaft.


Der WWF fordert ein besseres Management mit höheren Entschädigungen und Herdenschutzmaßnahmen. Gleichzeitig verweist er darauf, dass „Forderungen nach Abschussquoten und einem niedrigeren Schutzstatus nicht nur geltendes Recht ignorieren, sondern auch die große Mehrheit der Bevölkerung, die eine Rückkehr des Wolfes befürwortet.


Schnell handeln!

Kammer-Obmann Rupert Quehenberger aus Hallein entgegnet: „Wer nicht in einem vom Wolf besiedelten Gebiet lebt und nicht weiß, was es bedeutet, wenn Nutztiere von dem Raubtier gerissen werden, kann schnell vom Schutz des Wolfes sprechen.“


LK-Präsident Hermann Schultes drängt angesichts der hohen Vermehrungsrate des Wolfes zu raschem Handeln: „Wir können nicht zuwarten, den Wölfen Grenzen zu setzen, bis nur noch Emotionen die Diskussion bestimmen. Daher brauchen wir ganz rasch die dafür notwendigen einstimmigen Beschlüsse aller EU-Umweltminister.“


Torsten Altmann

Die Redaktion empfiehlt

top + Letzte Chance: Nur noch bis zum 01.04.24

3 Monate top agrar Digital + 2 Wintermützen GRATIS

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.