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Passt Bio zu meinem Betrieb?

Lesezeit: 7 Minuten

Überlegen Sie, Ihren Betrieb auf biologische Bewirtschaftung umzustellen? Unsere Serie zeigt Ihnen, worauf zu achten ist.


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Die Zeiten für konventionelle Landwirte sind nicht gerade rosig: Die Produktpreise reichen oft nicht für ein faires Familieneinkommen, der gesellschaftliche Druck steigt. Dazu kommen die Düngeverordnung, Resistenzen im Ackerbau und der Wegfall vieler Pflanzenschutzmittel. Viele Betriebsleiter fragen sich, wie es weitergehen soll. Dass die Umstellung auf ökologische Wirtschaftsweise eine Option ist, zeigt das Interesse an Ökofeldtagen und Umstellerseminaren. Doch auch wenn die Bio-Betriebe in Sachen Wirtschaftlichkeit oft besser abschneiden als die konventionelle Vergleichsgruppe, will eine Umstellung gut bedacht sein. Lesen Sie, woran im Vorfeld der Umstellung zu denken ist. In den nächsten Heften wollen wir untersuchen, wie sich die Umstellung rechnet und wie es auf dem Markt aussieht. Weitere Themen sind die Umstellung im Ackerbau und in der Tierhaltung.


Passt Bio zum Betrieb?


Nur wegen der Fördergelder oder vermeintlich höherer Erlöse auf Ökolandbau umzusteigen, ist in den seltensten Fällen dauerhaft von Erfolg und Zufriedenheit des Betriebsleiters gekrönt – hier sind sich die Umstellungsberater einig. Schließlich geht es um ein gänzlich neues Betriebskonzept, mit dem man sich auch identifizieren muss. Im Mittelpunkt steht dabei u.a. das Wirtschaften in natürlichen Kreisläufen, der Verzicht auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel und Dünger sowie Gentechnik. Gute Voraussetzungen haben dabei alle, die bereits im konventionellen Betrieb gute bis sehr gute Produktionszahlen erreichen. Auch die Familie sollte hinter der Umstellung stehen. Denn insbesondere dort, wo es regional noch nicht viele Biobetriebe im Umfeld gibt, sind Bemerkungen aus dem Umfeld und eine erhöhte Aufmerksamkeit die Regel. Was die Produktion selbst angeht, berichten die wenigsten Umsteller von größeren Problemen – wenn man bereit ist, ständig dazu zu lernen, neue Verfahren auszuprobieren und sich Beratung, auch von anderen Betriebsleitern, sucht.


Als besondere Herausforderung beschreiben viele Umsteller die Vermarktung, die im Biobereich nicht annähernd so standardisiert ist wie im konventionellen Bereich. Berater Markus Mücke von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen rät daher: „Checken Sie schon weit vor der Umstellung, wo regional Verarbeiter oder Vermarktungsorganisationen aktiv sind und bauen Sie Verbindungen auf.“ Besonders in der Umstellungszeit, wenn die Produkte noch nicht als Öko-Ware verkaufbar sind, ist Flexibilität gefragt.


Wann umstellen?


Die Umstellungszeit ist nicht zu unterschätzen. Planen Sie daher mehr Arbeitszeit und möglichst Liquiditätsreserven ein. „Viele übersehen z.B., dass bei der Umstellung zum 1. Juli erst die vierte Ernte als vollwertige Bioware zu vermarkten ist,“ berichtet Alexander Kögel vom Bioland-Verband Bayern. Denn anerkannte Bioware sind nur Produkte, deren Erzeugung 24 Monate nach der letzten konventionellen Maßnahme beginnt. Für Tiere gelten allerdings kürzere Umstellungszeiten. Ein Beispiel für den Ackerbau: Landwirt Blume stellt zum 1. Juli 2020 um. Die Ernte 2020 gilt als konventionell. Umstellerware (U-Ware) sind die Ernten 2021 und 2022. Erst die Ernte 2023, gesät unter vollwertigen Biobedingungen im Herbst 2022, gilt als Bioware (sogen. A-Ware).


Die Umstellerware zu guten Preisen zu verkaufen, ist nicht leicht – deshalb sollte man im Vorfeld klären, welche Früchte absetzbar sind. Von Roggen, Dinkel oder Speisehafer sollte man generell in der Umstellungszeit die Finger lassen. Es zahlt sich aber aus, wenn man mit tierhaltenden Biobetrieben in der Region den Anbau bestimmter Futterfrüchte abspricht. Denn sie dürfen Umstellerware bis zu 30% in die Futtermischungen integrieren. Halten Sie selbst keine Tiere, lässt sich im Gegenzug auch vielleicht eine Rücklieferung von Dünger (Futter-Mist-Kooperation) vereinbaren. Eine weitere Option ist, in der Umstellungszeit Öko-Saatgut zu produzieren. In der Direktvermarktung lassen sich z.B. Kartoffeln und Gemüse nach zwölf Monaten auch als Umstellerware anbieten und vermarkten.


Wer zum 1. Juli umstellt, hat den Vorteil, dass im Ackerbau im letzten konventionellen Jahr alle chemischen Maßnahmen beendet sind. Je nach Betrieb kann auch ein früherer Umstellungszeitpunkt infrage kommen.


Bio nur mit Kontrolle


Den Zeitpunkt der Umstellung legen Sie selbst fest. Ihr Betrieb wird dabei genau in dem Moment „Biobetrieb in Umstellung“, an dem Sie ihn bei einer der staatlich zugelassenen Kontrollstellen anmelden. Nach der ersten Kon-trolle (Audit) auf dem Hof bekommt Ihr Betrieb eine Kontrollnummer. Bei der jährlichen Überprüfung geht es zunächst um die Einhaltung der EU-Bio-Regeln als Mindeststandard. Schließen Sie sich einem Verband an, checken die Kontrolleure bei Ihnen zusätzlich die Einhaltung der Verbandsregeln. Die Bio-Kontrollen und die damit verbundene Bürokratie sind sehr weitgehend: Jeder Betriebsmittelkauf ist inklusive Zertifizierung offenzulegen, jeder Produktverkauf wird auf Plausibilität geprüft. Darüber hinaus erfassen die Kontrolleure die Anbauflächen, prüfen die Tierhaltung und nehmen den gesamten Betrieb samt Lagerstätten in Augenschein. Die jährlichen Kontrollen werden angekündigt, es gibt aber auch zusätzliche Kontrollen ohne Ankündigung. Wichtig ist für Biobetriebe, die Kontrollen nicht als Gängelung sondern als notwendiges Instrument zu begreifen, um das Vertrauen der Verbraucher in die Bioqualität zu stärken und somit den Bioaufpreis dauerhaft zu rechtfertigen. Die Biokontrollstellen sind private Institute, die Sie auch privat bezahlen müssen. Die Kosten betragen mehrere Hundert Euro im Jahr, in vielen Bundesländern können Sie einen staatlichen Zuschuss dafür beantragen, siehe Übersicht 1.


Förderung


Mehr Ökolandbau ist ein gesellschaftliches Ziel, in allen Bundesländern gibt es Fördermittel, siehe Übersicht 1.


Dass die Förderung keine Selbstverständlichkeit ist, mussten allerdings umstellungswillige Landwirte in Sachsen-Anhalt im Frühjahr 2019 erfahren. Das Bundesland deckelte die Mittel und ließ z.B. bestehende Bio-Betriebe, die ihre Biofläche ausweiten wollten, leer ausgehen. Die Lehre daraus: Wer umstellen will, sollte so viel Fläche wie möglich in die Bioproduktion mitnehmen. Dafür spricht auch, dass es für später zum Bio-Betrieb dazu kommende Flächen keine Umstellungsförderung mehr gibt. Die Fördersätze gelten jeweils für fünf Jahre, die Länder zahlen die Gelder jährlich jeweils rückwirkend aus – was für die Liquidität wichtig zu wissen ist. Teilweise ist der Ökolandbau auch mit anderen Fördermitteln aus den Agrarumweltmaßnahmen kombinierbar, wie z.B. in Niedersachsen, wo in bestimmten Gebieten eine zusätzliche Wasserschutzförderung möglich ist. Zu beachten ist: Für aus der Produktion genommene Flächen gibt es keine Ökoförderung, bei der Kombination mit anderen Programmen greifen oft Abschläge.


EU-Bio oder ein Verband?


Mindeststandard für jeden Ökobetrieb ist die EU-Öko-Verordnung. Wer sich nur diesen gesetzlichen Richtlinien unterwirft, wird in der Praxis als „EU-Biobetrieb“ bezeichnet. Diese Betriebe bewirtschafteten zum 1.1. 2019 rund 37% der deutschen Ökofläche. Produkte dieser Betriebe dürfen das deutsche Bio-Siegel sowie das EU-Bio-Siegel tragen.


Auf 63% der deutschen Biofläche arbeiten Landwirte, die Mitglieder in einem Bioanbau-Verband sind. Die Bio-Verbände schreiben über die EU-Bioregeln hinaus strengere Richtlinien vor. So darf nicht ein und der gleiche Bewirtschafter einen ökologischen und einen konventionellen Betrieb führen, es gibt Biodiversitätsauflagen für die Betriebsfläche und soziale Standards, etwa bei der Mitarbeiterbeschäftigung. Wichtige weitere Punkte, die EU-Bio von Verbands-Bio unterscheiden, finden Sie in Übersicht 2.


Die Verbandsmitgliedschaft ist nicht billig, die Kostenstrukturen in den Bioanbau-Verbänden sehr unterschiedlich. Beim Vergleich der Verbandskosten für Ihren Betrieb, sollten Sie nicht nur nach Mitgliedsgebühren, sondern auch nach Kosten für Beratung, Vermarktungsgemeinschaften und Werbematerial fragen. Als Vorteile einer Verbandsmitgliedschaft können gelten:


  • Unterstützung bei der Vermarktung,
  • höhere Preise für Verbandsware,
  • Nutzung der Marke in der Direktvermarktung,
  • Beratung (zumeist kostenpflichtig),
  • starke Netzwerke unter den Bauern mit Treffen, Fortbildungen und Veranstaltungen,
  • Mitbestimmung über Richtlinien und den politischen Verbandskurs.


Bei der Entscheidung für EU-Bio oder einen bestimmten Verband lassen sich die Landwirte meist von den Vermarktungsmöglichkeiten und der persönlichen Übereinstimmung mit der Philosophie des jeweiligen Verbandes leiten. Einen ersten Überblick gibt Übersicht 3. Wer über eine Umstellung nachdenkt, sollte sich Zeit nehmen und möglichst viele Verbände und andere Betriebe in seiner Region kontaktieren und schauen, was am besten zum Betrieb und der persönlichen Einstellung passt. Eine erste Umstellungsberatung bieten die Bioverbände zumeist kostenfrei an.


gesa.harms@topagrar.com

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