Einige Landwirte drohen zum Jahresende, die Pauschalierungsgrenze haarscharf zu überschreiten. Andere wissen jetzt schon: Sie landen zwangsläufig in der Regelbesteuerung. In welcher Situation Sie sich auch wiederfinden – Sie können jetzt noch handeln und Steuern sparen.
Unser Autor
Steuerberater Stefan Heins, wetreu Kiel
Werden die kommenden Wochen für Sie zur Zitterpartie, weil Sie möglicherweise die neue Pauschalierungsgrenze von 600000 € Umsatz pro Kalenderjahr reißen (s. Zusatzinfo „Umsatz ist nicht gleich Umsatz“ rechts). Dann gibt es immerhin eine gute Nachricht: Sie müssen nicht tatenlos zusehen, wie Sie in die Regelbesteuerung rutschen oder zwangsläufig eigentlich jetzt notwendige Verkäufe ins nächste Jahr verschieben. Im Gegenteil. Sie haben auch in den kommenden Wochen noch einige Möglichkeiten, den „Kopf aus der Schlinge zu ziehen“.
Steuermodell wechseln
Ist-Besteuerung. Grundsätzlich ordnet das Finanzamt einen Umsatz dem Kalenderjahr zu, in dem Sie die Leistung erbracht haben. Wann Sie dafür eine Rechnung erstellen oder wann das Geld auf Ihr Konto fließt, ist egal. Beispiel: Sie liefern am 15. Dezember 2021 Zuckerrüben (Leistungsdatum). Das Geld dafür erhalten Sie am 15. Januar. Dann zählen die Einnahmen zum Umsatz in diesem Jahr (2021). Steuerexperten nennen diese Methode Soll-Besteuerung. Sie können aber zur Ist-Besteuerung wechseln. Dann sortiert der Fiskus Ihren Umsatz den Kalenderjahren zu, in dem Sie das Geld erhalten haben. Für unser Beispiel bedeutet das: Weil die Zuckerfabrik Ihnen das Geld erst 2022 überweist, müssen Sie den Umsatz nicht in diesem Jahr verbuchen (2021) bzw. die Zuckerrübenlieferung wird nicht zum Pauschalierungskiller.7
Sie müssen die Ist-Besteuerung beim Finanzamt beantragen, was aber jederzeit möglich ist. Wichtig: Wenn Sie jetzt wechseln, gilt die neue Methode für das gesamte Kalenderjahr 2021. Sie dürfen zudem nur wechseln, wenn Ihr Umsatz pro Kalenderjahr nicht mehr als 600000 € beträgt. Liegen Sie darüber, werden Sie im Kalenderjahr dadrauf wieder in die Sollbesteuerung gedrückt und die Pauschalierung wird Ihnen auch genommen. Fragen Sie dazu am besten Ihren Steuerberater.
Betriebsteilung. Sie können Ihren Betrieb teilen. Das ist innerhalb weniger Tage und Wochen möglich. Das Finanzamt betrachtet dann die Umsätze Ihrer Betriebe getrennt voneinander. Unterschätzen Sie allerdings nicht den Aufwand und die Kosten. Ausführliche Infos dazu finden Sie in unserem Heft+ (QR-Code bzw. Link unten).9
Handelsgesellschaften. Sie dürfen einzelne Umsätze in eine Handelsgesellschaft auslagern. Beispiel: Die Produktion übernehmen Sie mit Ihrem landwirtschaftlichen Betrieb, den Handel und die Vermarktung eine GbR, die Sie mit Ihrem Sohn gegründet haben. Oder wenn Sie beispielsweise den Ackerbau für einen Nachbarn übernehmen, können Sie für diese Arbeiten ein Dienstleistungsunternehmen gründen.10
Die Sache hat aber einen Haken: Vor allem wenn Sie alleiniger Gesellschafter des neuen Unternehmens sind, wird es schwierig. Dann unterstellt Ihnen das Finanzamt womöglich eine zu starke Verflechtung Ihrer Betriebe untereinander und die Umsätze Ihres landwirtschaftlichen Betriebes und der neuen Gesellschaft(en) zieht die Behörde zusammen. Dann war die ganz Mühe vergebens. Lesen Sie dazu auch den Beitrag „Organschaft: Wenn aus zwei Betrieben einer wird“. Sie finden diesen ebenfalls in unserem Heft+ (Link unten).
Wenn Nichts mehr Hilft
Wenn letztendlich absehbar ist, dass Sie die 600000-€-Grenze nicht einhalten können, dann haben Sie immerhin die Chance, noch Steuern zu sparen. Verkaufen Sie dazu möglichst viel Ware noch in diesem Jahr. Denn für diese Umsätze erhalten Sie den Pauschalsteuersatz, den Sie behalten dürfen. Damit das Finanzamt den Umsatz 2021 zuordnet, muss allerdings in diesem Jahr die „Verfügungsmacht“ auf den Käufer übergehen. Sie dürfen keinesfalls nur auf Papier abrechnen.
Beispiel: Sie verkaufen Ihre Mastschweine bereits im Dezember. Allerdings bleiben die Tiere zunächst bei Ihnen im Stall, weil Sie erst im Januar schlachtreif sind. Sie füttern und kümmern sich solange auf eigene Rechnung weiter um die Schweine. In diesem Fall hat der Käufer keine Verfügungsmacht über die Tiere. Lösung: Sie verkaufen die Tiere im Dezember und Ihr Schlachter schließt mit Ihnen einen Vertrag ab. Darin verpflichten Sie sich, die Tiere groß zuziehen – gegen ein Entgelt. Dann ist es egal, wenn die Tiere erst 2022 ihren Hof verlassen. Aus steuerlicher Sicht haben Sie 2021 die Tiere verkauft.
diethard.rolink@topagrar.com
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Einige Landwirte drohen zum Jahresende, die Pauschalierungsgrenze haarscharf zu überschreiten. Andere wissen jetzt schon: Sie landen zwangsläufig in der Regelbesteuerung. In welcher Situation Sie sich auch wiederfinden – Sie können jetzt noch handeln und Steuern sparen.
Unser Autor
Steuerberater Stefan Heins, wetreu Kiel
Werden die kommenden Wochen für Sie zur Zitterpartie, weil Sie möglicherweise die neue Pauschalierungsgrenze von 600000 € Umsatz pro Kalenderjahr reißen (s. Zusatzinfo „Umsatz ist nicht gleich Umsatz“ rechts). Dann gibt es immerhin eine gute Nachricht: Sie müssen nicht tatenlos zusehen, wie Sie in die Regelbesteuerung rutschen oder zwangsläufig eigentlich jetzt notwendige Verkäufe ins nächste Jahr verschieben. Im Gegenteil. Sie haben auch in den kommenden Wochen noch einige Möglichkeiten, den „Kopf aus der Schlinge zu ziehen“.
Steuermodell wechseln
Ist-Besteuerung. Grundsätzlich ordnet das Finanzamt einen Umsatz dem Kalenderjahr zu, in dem Sie die Leistung erbracht haben. Wann Sie dafür eine Rechnung erstellen oder wann das Geld auf Ihr Konto fließt, ist egal. Beispiel: Sie liefern am 15. Dezember 2021 Zuckerrüben (Leistungsdatum). Das Geld dafür erhalten Sie am 15. Januar. Dann zählen die Einnahmen zum Umsatz in diesem Jahr (2021). Steuerexperten nennen diese Methode Soll-Besteuerung. Sie können aber zur Ist-Besteuerung wechseln. Dann sortiert der Fiskus Ihren Umsatz den Kalenderjahren zu, in dem Sie das Geld erhalten haben. Für unser Beispiel bedeutet das: Weil die Zuckerfabrik Ihnen das Geld erst 2022 überweist, müssen Sie den Umsatz nicht in diesem Jahr verbuchen (2021) bzw. die Zuckerrübenlieferung wird nicht zum Pauschalierungskiller.7
Sie müssen die Ist-Besteuerung beim Finanzamt beantragen, was aber jederzeit möglich ist. Wichtig: Wenn Sie jetzt wechseln, gilt die neue Methode für das gesamte Kalenderjahr 2021. Sie dürfen zudem nur wechseln, wenn Ihr Umsatz pro Kalenderjahr nicht mehr als 600000 € beträgt. Liegen Sie darüber, werden Sie im Kalenderjahr dadrauf wieder in die Sollbesteuerung gedrückt und die Pauschalierung wird Ihnen auch genommen. Fragen Sie dazu am besten Ihren Steuerberater.
Betriebsteilung. Sie können Ihren Betrieb teilen. Das ist innerhalb weniger Tage und Wochen möglich. Das Finanzamt betrachtet dann die Umsätze Ihrer Betriebe getrennt voneinander. Unterschätzen Sie allerdings nicht den Aufwand und die Kosten. Ausführliche Infos dazu finden Sie in unserem Heft+ (QR-Code bzw. Link unten).9
Handelsgesellschaften. Sie dürfen einzelne Umsätze in eine Handelsgesellschaft auslagern. Beispiel: Die Produktion übernehmen Sie mit Ihrem landwirtschaftlichen Betrieb, den Handel und die Vermarktung eine GbR, die Sie mit Ihrem Sohn gegründet haben. Oder wenn Sie beispielsweise den Ackerbau für einen Nachbarn übernehmen, können Sie für diese Arbeiten ein Dienstleistungsunternehmen gründen.10
Die Sache hat aber einen Haken: Vor allem wenn Sie alleiniger Gesellschafter des neuen Unternehmens sind, wird es schwierig. Dann unterstellt Ihnen das Finanzamt womöglich eine zu starke Verflechtung Ihrer Betriebe untereinander und die Umsätze Ihres landwirtschaftlichen Betriebes und der neuen Gesellschaft(en) zieht die Behörde zusammen. Dann war die ganz Mühe vergebens. Lesen Sie dazu auch den Beitrag „Organschaft: Wenn aus zwei Betrieben einer wird“. Sie finden diesen ebenfalls in unserem Heft+ (Link unten).
Wenn Nichts mehr Hilft
Wenn letztendlich absehbar ist, dass Sie die 600000-€-Grenze nicht einhalten können, dann haben Sie immerhin die Chance, noch Steuern zu sparen. Verkaufen Sie dazu möglichst viel Ware noch in diesem Jahr. Denn für diese Umsätze erhalten Sie den Pauschalsteuersatz, den Sie behalten dürfen. Damit das Finanzamt den Umsatz 2021 zuordnet, muss allerdings in diesem Jahr die „Verfügungsmacht“ auf den Käufer übergehen. Sie dürfen keinesfalls nur auf Papier abrechnen.
Beispiel: Sie verkaufen Ihre Mastschweine bereits im Dezember. Allerdings bleiben die Tiere zunächst bei Ihnen im Stall, weil Sie erst im Januar schlachtreif sind. Sie füttern und kümmern sich solange auf eigene Rechnung weiter um die Schweine. In diesem Fall hat der Käufer keine Verfügungsmacht über die Tiere. Lösung: Sie verkaufen die Tiere im Dezember und Ihr Schlachter schließt mit Ihnen einen Vertrag ab. Darin verpflichten Sie sich, die Tiere groß zuziehen – gegen ein Entgelt. Dann ist es egal, wenn die Tiere erst 2022 ihren Hof verlassen. Aus steuerlicher Sicht haben Sie 2021 die Tiere verkauft.