Wenn die Landwirte Rudi Sirch und Gerhard Süßmair aus dem Landkreis Landsberg von ihrem „zweiten Standbein“ sprechen, spürt man, wie sehr ihnen diese Tätigkeit am Herzen liegt: Sie erzählen vom gebremsten Artensterben entlang des Lechtals, vom Pyramiden-Hundswurz und von altem, nur hier vorkommenden Wildpflanzen-Saatgut.
In die Landschaftspflege sind die beiden Vollerwerbslandwirte vor 25 Jahren eher zufällig eingestiegen. „Ich stand vor der Entscheidung wachsen oder weichen“, sagt Süßmair. Für seinen Milchviehbetrieb mit 20 ha sah er keine Zukunft mehr. Er qualifizierte sich damals zum „Fachwirt für Naturschutz und Landschaftspflege“ (siehe Kasten S. 21), und in diesem Lehrgang lernte er Sirch kennen, seinen heutigen Partner und Freund.
Die beiden gehören zu den ersten Landwirten überhaupt, die eine Ausbildung in der Landschaftspflege absolviert haben und gelten damit als Pioniere in diesem Bereich. Heute sind sie in ihrer Region gefragte Fachleute, wenn es um die Landschaftspflege im Naturschutz geht. Ihre ursprünglichen 2 bis 3 ha Pflegefläche sind mittlerweile auf 80 ha angewachsen.
Totales Neuland:
„Damals war die Landschaftspflege für uns totales Neuland“, erinnert sich Süßmair. Der Einsatz von Rotationsmähwerken ist im Landschaftsschutz tabu, stattdessen ist der Balkenmäher gefragt. Schwere Traktoren sind ungeeignet für die meist empfindlichen Böden, die Maschinen müssen mit Bio-Hydrauliköl betrieben und viele Arbeitsgänge umständlich von Hand nachgearbeitet werden. Süßmair und Sirch mussten sich also umstellen.Einen Balkenmäher für den Traktor und den Ladewagen hatten sie noch auf ihren Betrieben, die Motorsägen ebenfalls, und mit dieser Grundausstattung legten sie los. „Aus landwirtschaftlicher Sicht bedeutet Landschaftspflege, dass man so arbeitet, wie die letzte oder vorletzte Generation“, meint Sirch. „Arbeitsintensive Flächen wie Hanglagen oder Magerrasen wurden früher nur ein- oder zweimal im Jahr gemäht.“
Nach einem ähnlichen Prinzip geht heute die Landschaftspflege vor, allerdings mit erweiterten Techniken: Man verbindet Biotope durch „grüne Brücken“, impft Neuanlagen mit Pflanzendecken oder durch Mähgutübertragung artenreicher Bestände oder schafft Tümpel und natürliche Rückzugsmöglichkeiten für Insekten und Amphibien. „Wer in die Landschaftspflege einsteigen möchte, braucht Mut, etwas Neues zu probieren“, meint Süßmair. „Und er sollte sich für den Naturschutz interessieren.“
100 bis über 1500 €/ha:
Über Ausschreibungen für Tätigkeiten in der Landschaftspflege informieren sich Sirch und Süßmair im Wochenblatt, wo sie jährlich neu vergeben werden. Die Preise variieren dabei stark und sind abhängig vom Arbeitsaufwand. Als Orientierung gelten die Preislisten der Maschinenringe, aber im Naturschutz wird auch Erfahrung und der Einsatz von Spezialmaschinen honoriert. Die Preisspanne reicht daher von 100 bis über 1500 € pro ha.Für all diese Tätigkeiten ist im Lauf der Jahre ein stattlicher Park an Spezialmaschinen gewachsen: vom Mulchgerät für größere Pflanzen- und Wurzelteile über ein leistungsstarkes Doppelmessermähwerk bis zum Bagger für rund 160000 €. Mittlerweile investiert Sirch etwa 40% und Süßmair 80% seiner Arbeitszeit in die Landschaftspflege.
2007 hat Süßmair seine Tierhaltung aufgegeben und betreibt nur noch Ackerbau. „Wir stehen heute wirtschaftlich gut da“, sagt Gerhard Süßmair. „Für mich war das die richtige Entscheidung.“ Sein Sohn Christoph hat mittlerweile ebenfalls den Lehrgang zum „Geprüften Natur- und Landschaftspfleger“ absolviert und so bleibt das Standbein Landschaftspflege wohl auch langfristig gesichert.Christiane Kretzer