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„QS kann nicht die Fehler der Politik ausbügeln“

Lesezeit: 4 Minuten

QS überprüft ab 2019 nicht, wie Ferkel kastriert wurden. Damit bleibt die Tür für ausländische Ferkel offen. Zulasten der deutschen Sauenhalter? top agrar sprach mit QS-Chef Dr. Hermann-Josef Nienhoff über die Hintergründe und das weitere Vorgehen.


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Das QS-System wird weiterhin ausländischen Ferkeln offen stehen, auch wenn sie nicht nach deutschem Recht kastriert werden. Warum?


Nienhoff: Die Wirtschaftsvertreter in den QS-Gremien haben sich bereits Anfang 2017 darauf verständigt, dass das QS-System alle Alternativen zur betäubungslosen Ferkelkastration akzeptiert, die im Einklang mit dem deutschen Tierschutzgesetz stehen. Aus unserer Sicht zählen dazu neben der Jungebermast und der Immunokastration auch die chirurgische Kastration mit Schmerzausschaltung oder Betäubung. Niederländische Ferkel z.B. werden mit CO2 betäubt und sind deshalb weiter QS-konform.


Und was ist mit dänischen Ferkeln? Sie werden mit Procain lokal betäubt. Das ist nach deutscher Lesart nur eine Schmerzlinderung, keine Ausschaltung.


Nienhoff: Die Auslegung des Begriffs Schmerzausschaltung ist unter deutschen Experten umstritten. Die Rechtslage und die Frage der Interpretation werden weiterhin sehr unterschiedlich gedeutet. Die Lokalanästhesie ist unseres Erachtens nach mit dem Tierschutzgesetz vereinbar. Wir können doch den Dänen jetzt nicht den Weg versperren, den wir selbst gehen wollen.


Das ist gut für die deutschen Mäster, aber schlecht für die hiesigen Sauenhalter. Hat QS nur die Mäster im Blick?


Nienhoff: Nein! Aber vor dem Hintergrund, das jährlich gut 11 Mio. ausländische Ferkel bei uns gemästet werden, müssen entsprechende Vereinbarungen mit den Nachbarländern getroffen werden. Das gilt nicht nur beim Thema Kastration, sondern auch beim Import von Schlachtschweinen und Schweinefleisch. Nur so können wir größere Marktverwerfungen verhindern.


Juristen sagen, dass QS als privatwirtschaftliches Unternehmen die Regeln selbst festlegen kann. Warum fordern Sie für Importferkel nicht die gleichen Kastrationsauflagen wie in Deutschland?


Nienhoff: Das tun wir sehr deutlich, wir wollen gleiche Voraussetzungen für alle Sauenhalter. Sollte die von der Bundesregierung angestrebte Fristverlängerung aber wieder Erwarten doch noch scheitern, ist die daraus resultierende Benachteiligung deutscher Ferkelerzeuger eine Folge des deutschen Alleingangs. QS kann in diesem Fall nicht die Fehler der Politik ausbügeln. Und wer jetzt ein protektionistisches Vorgehen verlangt, verkennt vollständig die Marktzusammenhänge.


QS hat nun Zeit, die gegenseitige Anerkennung der Qualitätssicherungssysteme zwischen Deutschland, den Niederlanden und Dänemark zumindest im Punkt Ferkelkastration neu zu verhandeln. Werden Sie das tun?


Nienhoff: Wir führen bereits seit zwei Jahren Gespräche mit den Standardgebern in den Nachbarländern. Natürlich werden wir weiter daran arbeiten, dass die Anforderungen angeglichen werden. Das kann gelingen, wenn in Deutschland künftig die Lokalanäs-thesie oder eine Betäubung durch den Tierhalter erlaubt wird. Sonst wird die Harmonisierung schwierig bleiben.


In den letzten Wochen gab es Signale aus dem Handel, dass man Eberfleisch und Ware von immunokastrierten Tieren zusehends akzeptiert. Hat bei den Abnehmern ein Umdenken eingesetzt? Und welche Chancen bieten sich dadurch für die Landwirte?


Nienhoff: Der Lebensmitteleinzelhandel beobachtet die Entwicklung bei der Ferkelkastration ganz genau. Die meisten Handelsunternehmen haben sich bereits vor geraumer Zeit geäußert und ihre Ansprüche bei frischem Schweinefleisch kundgetan. Entscheidend sind aber auch die Ansprüche der Fleischwarenhersteller. Die meisten wollen nach wie vor Fleisch von kastrierten Tieren.


Wie es weitergeht, hängt maßgeblich von den Schlachtern ab, sie steuern den Markt mit. Man denke nur an die Maske für Jungeber. Für die Tierhalter wäre es gut, wenn sich der Markt für andere Verfahren öffnet. Dann hätten die Landwirte wirkliche Alternativen.


Welche „Kastrations-Lösung“ sollte die Branche anstreben? Was ist Ihr Favorit?


Nienhoff: Es gibt nicht „eine Lösung“! Je nach Betrieb und Vermarktungsweg passt mal die eine und mal die andere Variante. Deswegen haben wir uns bei QS auch seit Beginn der Diskussion dafür ausgesprochen, alle Verfahren zur Vermeidung der betäubungslosen Ferkelkastration zu akzeptieren.


Einschließlich des sogenannten 4. Weges?


Nienhoff: Meines Erachtens können erhebliche Strukturverschiebungen nur vermieden werden, wenn die Lokalanästhesie durch den Landwirt auch hierzulande erlaubt wird. Denn dann könnte der Tierhalter selbst das Tier angemessen behandeln und im europäischen Markt konkurrenzfähig bleiben.


Wenn das nicht gelingt, werden sich die Vermarktungswege ändern. Möglicherweise haben wir dann in Zukunft niedrigere Preise für Eberferkel und Schlachteber. Klar ist: Ein „Weiter wie bisher“ wird es weder für die Betriebe noch für die Zusammenarbeit in der Kette geben. Kontakt:


marcus.arden@topagrar.com


andreas.beckhove@topagrar.com

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